Böse Überraschung für Andreas Burckhardt aus Möhlin AG: Knapp elf Monate lag seine Prepaid-Karte von Lycamobile unbenutzt in einer Schublade. Als er sie kürzlich in Betrieb nehmen wollte, war sie gesperrt. Lycamobile teilte ihm mit, dass inaktive SIM-Karten nach sechs Monaten gesperrt würden. «Ich hatte noch rund 100 Franken auf der Karte. Ich wurde schamlos bestohlen», ärgert sich Burckhardt.
Handy inaktiv: SMS-Warnung bringt nichts
Auch andere Mobilfunkunternehmen bringen Kunden ums Geld – gewähren jedoch etwas mehr Zeit. Orange wartet 13 Monate, Swisscom und Sunrise deaktivieren Karten nach 12 Monaten. In allen Fällen wird den Kunden noch eine Frist zur Reaktivierung angezeigt: Bei Lycamobile sind es 30 Tage, bei Orange 45 Tage, bei Swisscom und Sunrise immerhin 6 Monate.
Dumm nur: Diese Frist wird nur via SMS mitgeteilt. Wenn ein Handy inaktiv ist, kommt diese Mitteilung deshalb nicht an. Orange warnt dreimal per SMS, Swisscom zweimal und Sunrise einmal. Lycamobile schreibt dem K-Tipp: «Selbstverständlich werden unsere Kunden nach fünf Monaten von uns benachrichtigt und haben 30 Tage Zeit, die Karte wieder zu aktivieren.» Im Fall von Andreas Burckhardt nützte eine SMS-Nachricht allerdings nichts: Seine SIM-Karte war nicht in Betrieb.
Werden die Karten innert der vorgegebenen Frist reaktiviert, bleibt das vorhandene Guthaben bestehen. Dazu genügt es, eine kostenpflichtige SMS zu versenden oder zu empfangen oder jemanden anzurufen. Bei Lycamobile werden die Kunden gezwungen, zur Reaktivierung das Guthaben aufzustocken. Geschieht dies nicht, ist das Geld weg – so steht es zumindest in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).
«Zwei Jahre wären vernünftige Grenze»
Diese Bedingung steht rechtlich auf tönernden Füssen. Arnold F. Rusch, Rechtsanwalt und Dozent an der Uni Zürich, sagt: «Für den Verfall der Guthaben sind die gesetzlichen Verjährungsfristen von fünf beziehungsweise zehn Jahren massgebend.» Diese wären eigentlich zwingend anwendbar. Die Rechtsprechung lasse aber auch kürzere Fristen zu, wenn dies in den AGB ausdrücklich geregelt werde. Schweizer Gerichtsurteile würden fehlen. Rusch: «Eine vernünftige Grenze könnte man anhand der vergleichbaren deutschen Rechtssprechung bei zwei Jahren setzen.»
Einige Telecomkonzerne sind sich der Situation wohl bewusst. Sunrise schreibt dem K-Tipp: Falls es der Kunde «ausdrücklich wünscht», werde das Geld zurückerstattet. Tipp: Ist eine Karte gesperrt, bei der Firma unbedingt das restliche Guthaben einfordern. Kunden haben Anspruch auf Rückgabe des Geldes oder die Weiterbenützung der Karte, wenn deren Kauf nicht allzu weit zurückliegt.
Die AGB sind übrigens nur anwendbar, wenn sie beim Kauf klar als Vertragsbestandteil bezeichnet und übergeben werden. Eine K-Tipp-Stichprobe zeigt aber: Nur Swisscom und Sunrise händigen die AGB beim Bezug einer Prepaid-Karte aus. Zusätzlich wies der Swisscom-Verkäufer auf die mögliche Deaktivierung und den Verlust des Guthabens nach zwölf Monaten hin. Im Gegensatz zu Orange und Lycamobile.