Am 13. Februar entscheidet die Stimmbevölkerung über höhere Subventionen für private Medien – das sogenannte «Medienpaket». Laut dem neuen Gesetz würden Zeitungen, Radio- und TV-Sender sowie Internetportale jährlich 287 Millionen Franken erhalten – 151 Millionen mehr als heute. Das Ganze mindestens für sieben Jahre. Insgesamt würden in dieser Zeit also 2 Milliarden an die Privatverlage fliessen. Geld, das die Bürger über Steuern und Serafe-Gebühren bezahlen.
Mit 120 der total 287 Millionen Franken würde die Zustellung von Zeitungen durch die Post verbilligt. Heute zahlt der Bund der Post für die indirekte Presseförderung 50 Millionen. Wie die zusätzlichen Gelder genau verteilt werden, gibt der Bund noch nicht bekannt.
Berechnungen des K-Tipp mit Zahlen des Bundesamts für Kommunikation zeigen: Mit 17,3 Millionen würde pro Jahr der Grossverlag Tamedia vom Gesetz profitieren, der zurzeit 22 Zeitungen und Zeitschriften herausgibt. Allein die Porti für den «Tages-Anzeiger» würden mit 2,7 Millionen subventioniert. CH-Media, die Nummer zwei der Verlagshäuser, könnte jährlich von Portoverbilligungen von 11,8 Millionen profitieren. Für seine TV-Sender TeleBärn, Tele M1, Tele 1 und TVO gäbe es neu 18,8 Millionen – 4,8 Millionen mehr als heute. Ringier erhielte Portoreduktionen in der Höhe von 3,4 Millionen, die NZZ von 2,5 Millionen. Ringier-Chef Marc Walder schätzte in einem Interview mit der «Neuen Zürcher Zeitung», dass an Ringier über alle Kanäle etwa 5 bis 8 Millionen Franken flössen.
Verlage schreiben Gewinne
Nötig hätten die drei grossen Verlagshäuser die Subventionen nicht. Von 2011 bis 2020 erzielten sie Betriebsgewinne von total 3,3 Milliarden vor Steuern und Abschreibungen (K-Tipp 13/2021). Die Geschäfte der Tamedia-Gruppe, die neu TX Group heisst, laufen sogar so gut, dass die Leitung im Dezember bekannt gab, den Aktionären für die Geschäftsjahre 2021, 2022 und 2023 zusätzlich zur normalen Dividende eine Sonderdividende von je 44,5 Millionen Franken auszuzahlen. Auch die kleineren Verlage erzielten in den letzten zehn Jahren fast durchwegs Gewinne.
Drei dominante Grossverlage
Die grossen Verlagshäuser wurden in den vergangenen Jahren immer mächtiger. Sie kauften zahlreiche Zeitungen auf, legten Redaktionen zusammen und strichen Stellen. Tamedia besitzt heute 15 Tageszeitungen. Dazu zählen die «Basler Zeitung», der «Bund», die «Berner Zeitung», der Winterthurer «Landbote», das «Thuner Tagblatt» und diverse Westschweizer Zeitungen (siehe Tabelle im PDF). Vor zwanzig Jahren besass Tamedia erst den «TagesAnzeiger» und Minderheitsbeteiligungen an der «Luzerner Zeitung» und der «Berner Zeitung».
CH-Media – die Fusion der NZZ-Regionalzeitungen und der Aargauer AZ-Medien – vereinigt sogar 21 Tageszeitungen unter einem Dach. Im Jahr 2001 besass die NZZ erst vier Tageszeitungen, die AZ-Medien drei. Die AZ- Medien kauften in den letzten Jahren die «Basellandschaftliche Zeitung», die «Solothurner Zeitung» und das «Oltner Tagblatt». Die NZZ erwarb die «Luzerner Zeitung», die «Thurgauer Zeitung» und die «Wiler Zeitung».
Gemäss Studien der Uni Zürich kommen Tamedia, CH-Media und Ringier im Pressemarkt auf einen Marktanteil von 80 Prozent.
Zahlen des Jahrbuchs Qualität der Medien 2021 der Uni Zürich zeigen: Jeder vierte Artikel erscheint heute in mehr als einer Zeitung. Beispiel: Am 22. November 2021 erschien in zehn Tamedia-Zeitungen ein identisches Interview mit Lukas Engelberger, Präsident der kantonalen Gesundheitsdirektoren, zum Thema Corona.
Einheitsbrei statt Vielfalt
Die früheren Professoren für Medienforschung der Uni Zürich, Heinz Bonfadelli und Werner A. Meier, bilanzierten in einer Analyse vom April 2021: «Die Leser erhalten in fast allen Zeitungen die gleichen Nachrichten über nationale oder internationale Politik.» Fazit: Statt die Vielfalt zu stärken, wird der Einheitsbrei gefördert.
Wie es um die Meinungsvielfalt bestellt ist, zeigte beispielhaft eine Äusserung von Ringier-Chef Marc Walder, die der «Nebelspalter» kürzlich publik machte. An einem Anlass der schweizerischen Management- Gesellschaft wurde Walder gefragt: «Wo sehen Sie die Aufgabe der Medien in der Pandemie?» Antwort: «Wir hatten in allen Ländern, wo wir tätig sind – und da wäre ich froh, wenn das in diesem Kreis bleibt – auf meine Initiative hin gesagt: Wir wollen die Regierung unterstützen durch unsere mediale Berichterstattung.» Das hat sich auch finanziell gelohnt: Der Bund zahlte während der Pandemie 98 Millionen an die privaten Medienhäuser. Die SRG erhielt zusätzlich 100 Millionen Franken an Serafe- Geldern.
Zeitungen und Zeitschriften der TX Group (Tamedia)
- Basler Zeitung
- Berner Oberländer
- Berner Zeitung BZ Emmental
- Berner Zeitung Stadtausgabe
- Bilan
- BZ Langenthaler Tagblatt
- Der Bund
- Der Landbote
- Femina
- Finanz und Wirtschaft
- Le Matin Dimanche
- Schweizer Familie
- Sihltaler
- Sonntags-Zeitung
- Tages-Anzeiger
- Thalwiler Anzeiger
- Thuner Tagblatt
- Tribune de Genève
- Zürcher Unterländer
- Zürichsee-Zeitung Bezirk Horgen
- Zürichsee-Zeitung Bezirk Meilen
- 24 Heures
- 24 Heures Régions
Zeitungen und Zeitschriften von Ringier/Axel Springer
- Blick
- Beobachter
- Bilanz
- Bolero
- Glückspost
- Handelszeitung
- L’Illustré
- Landliebe
- PME Magazine
- Schweizer Illustrierte
- Sonntags-Blick
- Tele
- TV Land & Lüt
- TV-Star
- TV-Vier
- TV 8
Zeitungen und Zeitschrifen der CH-Media
- Aargauer Zeitung Aarau
- Aargauer Zeitung Brugg
- Aargauer Zeitung Fernausgabe
- Aargauer Zeitung Freiamt
- Aargauer Zeitung Fricktal
- Anzeiger Luzern
- Anzeiger aus dem Bezirk Affoltern
- Appenzeller Zeitung
- az Badener Tagblatt
- Azeiger
- bz - Zeitung für die Region Basel
- Grenchner Stadtanzeiger
- Grenchner Tagblatt
- Lenzburger Bezirksanzeiger
- Limmattaler Zeitung
- Limmatwelle
- Luzerner Zeitung
- Nidwaldner Zeitung
- Oberbaselbieter Zeitung
- Obwaldner Zeitung
- Oltner Tagblatt
- Solothurner Zeitung
- Stadtanzeiger Olten
- St. Galler Tagblatt
- Thurgauer Zeitung
- Toggenburger Tagblatt
- Urner Zeitung
- Wiler Zeitung
- Wir Eltern
- Wochenblatt für das Birseck und Dorneck
- Wochenblatt für das Schwarzbubenland/ Laufental
- Wohnrevue
- Zuger Presse
- Zuger Zeitung
Auch der K-Tipp würde von einem Ja profitieren
Ein Ja zum Medienpaket würde die Postzustellung des K-Tipp pro Exemplar um 8 Rappen vergünstigen, pro Jahr um Fr. 1.60. Der Verlag Konsumenteninfo, der den K-Tipp herausgibt, würde für alle deutsch- und französischsprachigen Zeitschriften zusätzlich rund 600 000 Franken Portosubventionen pro Jahr erhalten. Er lehnt das Gesetz trotzdem ab: Für die Kosten der Zeitungen sollen nicht die Steuerzahler aufkommen müssen. Zudem sieht er die Unabhängigkeit der Medien durch staatliche Subventionen tendenziell gefährdet.