Versicherte um Millionen geprellt
Wird eine Pensionskasse teilweise aufgelöst, können die Austretenden auch einen Teil der freien Mittel mitnehmen. Im Fall der Swissair führte das zu Ungleichbehandlungen.
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K-Tipp 05/2013
13.03.2013
Ernst Meierhofer
Wechseln Angestellte den Job, überweist ihre bisherige Pensionskasse das individuelle Altersguthaben an die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers. Das eigene Altersgeld begleitet also jeden Angestellten von Betrieb zu Betrieb wie ein persönliches Sparschwein.
Das war auch so, als die Swissair im Jahr 2001 in Konkurs ging. Weil aus den ehemaligen Tochtergesellschaften der Swissair neu eigenständige Firmen wurden, mussten diese Firmen je eine neue eigene Pensionska...
Wechseln Angestellte den Job, überweist ihre bisherige Pensionskasse das individuelle Altersguthaben an die Pensionskasse des neuen Arbeitgebers. Das eigene Altersgeld begleitet also jeden Angestellten von Betrieb zu Betrieb wie ein persönliches Sparschwein.
Das war auch so, als die Swissair im Jahr 2001 in Konkurs ging. Weil aus den ehemaligen Tochtergesellschaften der Swissair neu eigenständige Firmen wurden, mussten diese Firmen je eine neue eigene Pensionskasse gründen. Die Ex-Swissair-Leute zügelten also mit ihrem individuellen Alterskapital in eine neue Pensionskasse. Die damalige APK, die allgemeine Pensionskasse der SAirGroup, musste das Geld der Versicherten an die jeweiligen Nachfolgekassen überweisen.
Das Vermögen einer Pensionskasse ist aber in der Regel grösser als die Summe aller Sparschweine der Versicherten. Denn Pensionskassen haben oft auch freie Mittel. Liegt der Deckungsgrad beispielsweise bei 120 Prozent, so heisst das: Die Ansprüche der Versicherten sind vollständig gedeckt, zusätzlich bestehen aber noch 20 Prozent Überschuss – zusammengesetzt aus Wertschwankungsreserven für den Fall, dass Börsenkrisen das Pensionskassenvermögen vorübergehend schmälern könnten, sowie freien Mitteln.
Freie Mittel erhöhten sich über die Jahre
Auch die APK hatte solche freie Mittel. Deshalb entschied das Zürcher Aufsichtsamt für die berufliche Vorsorge im Oktober 2005: Beim Übertritt in eine neue Pensionskasse muss die APK nicht nur das individuelle Sparschwein der Versicherten mitgeben, sondern jedem Mitglied zusätzlich 8,33 Prozent des persönlichen Alterskapitals.
Zwei glückliche Umstände und die Zeitverzögerung wegen eines Gerichtsprozesses führten dazu, dass sich dieser Betrag auf 9,4 Prozent erhöhte und erst 2010 verteilt werden konnte. Deshalb stellte sich nun die Frage: Erhalten die Versicherten nur 8,33 Prozent wie ursprünglich vorgesehen oder die ganzen 9,4 Prozent? Oder einen Betrag dazwischen?
Die Nachfolgekassen beantworteten diese Frage unterschiedlich:
- Rund 450 Beschäftigte bei der Frachtfirma Cargologic sowie rund 800 Angestellte der ehemaligen EDS-Gruppe (gehört heute zu Hewlett-Packard) haben die vollen 9,4 Prozent erhalten – ohne Abstriche. Roland Ott, Präsident des Stiftungsrats der Pensionskasse für die Angestellten der ehemaligen EDS-Gruppe, sagt dazu: «Für uns war klar, dass die Betroffenen die ganze Summe individuell erhalten sollten.»
- Andere Nachfolgekassen haben den Anspruchsberechtigten Anteile irgendwo zwischen 8,33 und 9,4 Prozent überwiesen.
- Die neue Pensionskasse der Verpflegungsfirma Gate Gourmet teilte den rund 1300 Betroffenen nur gerade 8,33 Prozent individuell zu. Der Rest floss ins allgemeine Vermögen der Kasse. Konkret: Statt 17,1 Millionen Franken liess diese Kasse den Anspruchsberechtigten nur 15,2 Millionen individuell zukommen, die restlichen 1,9 Millionen blieben im allgemeinen Topf. So kommt das Geld auch Leuten zugute, die erst kürzlich in die Firma eingetreten sind und mit der Ex-Swissair nichts zu tun haben.
Welche Auswirkung die gekürzte Überweisung haben kann, zeigt der Fall eines Transportarbeiters, der 2008 pensioniert wurde und dabei sein Pensionskassenkapital bar bezog. Hätte ihm die Pensionskasse von Gate Gourmet seinen Anteil voll überwiesen, hätte er 5000 Franken mehr erhalten.
Die Pensionskasse von Gate Gourmet und das Zürcher Aufsichtsamt sagen, gemäss Bundesgericht könne der Stiftungsrat einer Pensionskasse selber entscheiden, ob er freie Mittel individuell zuteilen oder in den allgemeinen Kassentopf legen wolle.