Vergangenen Mai liess der K-Tipp die Haare von 20 Testpersonen untersuchen. Denn in den Haaren ist nachweisbar, welche Stoffe der menschliche Körper in den letzten Monaten vor dem Test aufgenommen hat.
Resultat: Bei allen Testpersonen wies das spezialisierte französische Labor Toxseek 10 bis 20 Pestizide und Schwermetalle nach – auch bei Kleinkindern. Dabei listete das Labor nur jene Stoffe auf, die bei chronischer Belastung des Körpers ein gesundheitliches Risiko bedeuten.
Am wenigsten Schadstoffe wurden bei einem 27-jährigen Nichtraucher gefunden, der in der Stadt Freiburg lebt und auf gesunde und frische Lebensmittel achtet.
Doch das schützt je nach Wohnort nicht vor einem Chemiecocktail. Das zeigen die Laborresultate einer 77-jährigen Thurgauerin, die Wert auf Bio-Kost legt. Bei ihr fand das Labor viele Pestizide sowie Medikamentenrückstände, die in Tierbetrieben verwendet werden. Das Grundstück der Frau ist umgeben von Äckern und einer Geflügelzucht. Die Stoffe gelangten über die Atmung in den Körper der Frau.
Hormonaktive Stoffe bei 207 Testpersonen
Aufgrund dieses bedenklichen Ergebnisses analysierte das Labor im Rahmen einer K-Tipp-Leseraktion insgesamt 1255 Haarproben. Mit den Untersuchungen konnten die Experten feststellen, welche und wie viele Schadstoffe sich in den letzten drei Monaten im Körper abgelagert hatten.
616 dieser Haarproben wurden auf Substanzen geprüft, die das Hormonsystem negativ beeinflussen können. Dazu zählen viele Pestizide, Weichmacher wie Bisphenol A, Inhaltsstoffe von Kosmetika und Flammschutzmittel aus Möbeln und Textilien. Ergebnis: Bei 207 Testpersonen – also rund einem Drittel – wurden sieben oder mehr hormonaktive Substanzen gefunden (siehe Grafik im PDF). Am häufigsten fanden die Experten Pestizidrückstände.
Über eine akute gesundheitliche Gefährdung sagen die Daten von Haaranalysen nichts aus. Das können nur Blut- oder Urinuntersuchungen. Die Ergebnisse zeigen aber, dass viele Personen über längere Zeit mehreren solchen problematischen Stoffen ausgesetzt waren.
Das ist insbesondere bei hormonaktiven Stoffen ein Problem. Denn die Wirkungen verschiedener hormonaktiver Stoffe können sich gegenseitig verstärken. Das zeigen aktuelle wissenschaftliche Untersuchungen, so die der Uni Münster (D) von 2018. Solche Schadstoffe können etwa die Fruchtbarkeit vermindern oder die Entwicklung von Ungeborenen behindern.
Die übrigen 639 Haarproben untersuchte das Labor auf Rückstände von Metallen. Dazu gehören giftige Schwermetalle wie Blei und Kadmium, aber auch zwölf seltene Erden wie Ytterbium, Neodym, Samarium oder Holmium. Solche Metalle werden in technischen Geräten wie Smartphones, Flachbildschirmen, Lautsprechern, Kopfhörern oder Elektrofahrzeugen verbaut. Auch Batterien, Elektromotoren, Lampen und Katalysatoren können diese Stoffe enthalten. Bei 345 Personen fand das Labor Rückstände von mindestens einem heiklen Metall, in 103 Proben sogar Rückstände von mindestens drei verschiedenen Metallen. Auffällig: 22 Haarproben enthielten besonders viele verschiedene Rückstände von seltenen Erden.
Laut dem Labor können langfristige, chronische Belastungen mit seltenen Erden die Nerven schädigen, Hautreaktionen hervorrufen und zu Müdigkeit, Schwindel oder Konzentrationsschwierigkeiten führen.