AHV- und IV-Rentner haben Anspruch auf Ergänzungsleistungen (EL), falls ihr Einkommen nicht reicht, um die minimalen Lebenskosten zu decken. Das trifft auf Manfred Lutz (Name geändert) aus Sissach BL zu. Er stutzte, als er das Antragsformular der Sozialversicherungsanstalt (SVA) Basel-Landschaft zur Anmeldung für Ergänzungsleistungen las.
Dort heisst es in umständlichem Amtsdeutsch: «Mit der Unterzeichnung dieses Formulars ermächtigt die antragstellende Person alle in Betracht fallenden Personen und Stellen, also namentlich die Gemeindesteuerämter, die kantonale Steuerverwaltung, Ärzte, Zahnärzte, Heime, Spitäler, Heilanstalten, Pensionskasse, öffentliche und private Versicherungen usw., der zuständigen Stelle der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung die für die Abklärung des Anspruches erforderlichen Auskünfte zu erteilen.»
Lutz wunderte sich über diese weitgehende Vollmacht – und fragte den K-Tipp, ob das überhaupt rechtens ist. Thomas Geiser, ehemaliger Professor für Privat- und Handelsrecht an der Uni St. Gallen, hat dazu eine klare Meinung. Er kritisiert: «Die Vollmacht ist viel zu allgemein, zu unbestimmt und zu weit formuliert.» Es gehe um höchst sensible Daten. «Eine solche Einwilligung ist im Hinblick auf das Datenschutzgesetz nicht gültig.
Auch Franziska Sprecher, Assistenzprofessorin an der Uni Bern, findet die Vollmacht problematisch: «Der Antragsteller kann so kaum absehen, bei wem welche Informationen über ihn eingeholt werden und was die Sozialversicherung über ihn weiss.»
Die SVA Basel-Landschaft sagt, ihre Vollmacht habe «primär informativen Charakter». Die Behörde habe das Recht, sich bei staatlichen Stellen nach den finanziellen Verhältnissen des Antragstellers zu erkundigen. Und laut Gesetz müssten Antragsteller einwilligen, dass die für den Antrag erforderlichen Auskünfte bei verschiedenen Stellen eingeholt werden dürfen.
Nur: Im Gesetz steht, dass der Antragsteller etwa Arbeitgeber, Ärzte oder Versicherungen «im Einzelfall» ermächtigen müsse, die erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Für Professor Thomas Geiser ist deshalb klar, dass der Antragsteller die Zustimmung zum Datenaustausch nicht allgemein, sondern nur im Einzelfall für eine spezifische Abklärung geben kann. Geiser: «Eine allgemeine Ermächtigung im Voraus ist nicht gültig.»
Das sieht die SVA Basel-Landschaft anders: Der Einzelfall beziehe sich nicht auf die jeweilige Abklärung bei einer Stelle. Die EL-Anmeldung an sich sei bereits der Einzelfall, für welchen sie bei den notwendigen Stellen Informationen einholen dürfe.
Vollmacht ergänzen oder einschränken
Auch andere Ausgleichskassen und Sozialversicherungen verwenden zu weitgehende Vollmachtsformulare: zum Beispiel die Ausgleichskasse des Kantons Schwyz und die Sozialversicherungsanstalt des Kantons Zürich. Laut Andreas Dummermuth, Präsident der Konferenz der kantonalen Ausgleichskassen, entscheidet jede Behörde selbst, wie sie solche Klauseln formuliert.
Gut zu wissen: Wer mit dem Wortlaut eines vorgedruckten Vollmacht-Formulars nicht einverstanden ist, kann die Vollmacht entsprechend ergänzen. So sollten Betroffene beispielsweise vermerken, dass man vor jeder Abklärung informiert werden will, welche Informationen wofür eingeholt werden sollen. Und dass man jeweils separat entscheiden möchte.