Fünf Wespennester hatte Ingrid Ackermann aus Sulz AG in ihrem Holzhaus. Die Insekten stachen sie mehrmals. Deshalb suchte sie im Internet nach einem Schädlingsbekämpfer und stiess auf Kammerjäger-notfall.ch. Die Firma gab an, im nahen Laufenburg beheimatet zu sein. Sie wirbt mit «jahrelanger Routine» und «günstigen Preisen». Ackermann liess die Kammerjäger kommen und riet ihnen, eine Leiter mitzunehmen, da eines der Nester sehr hoch hänge.
Vor Ort offerierten ihr die Schädlingsbekämpfer, die Wespennester für 700 Franken zu entfernen. In ihrer Not stimmte Ackermann zu. Was folgte, bezeichnet sie als einstündiges Laientheater: «Der eine Mann machte gar nichts. Der andere hatte Angst vor Wespen und gab das auch zu.» Er zog eine Schutzkleidung an und sprühte zwei Dosen Gift in die Holzbalken. Danach musste Ackermann zahlen. Ein Teil der Wespen lebte noch tagelang. An das oberste Nest waren die Männer nicht herangekommen – ihre Leiter war zu kurz.
1450 Franken für Behandlung verlangt
Der K-Tipp weiss von weiteren Kunden, bei denen Kammerjäger-notfall.ch für zweifelhafte Arbeit sehr hohe Preise in Rechnung stellte. Ende Juni verlangten sie 1450 Franken für eine 45-minütige Behandlung gegen Bettwanzen. Ein später hinzugezogenes Mitglied des Verbands Schweizerischer Schädlingsbekämpfer fand keinerlei Hinweise darauf, dass es in besagtem Raum Bettwanzen gegeben hat. Spuren hätte man auch nach einer Behandlung sehen müssen.
In mehreren dem K-Tipp vorliegenden Fällen sprachen die Schädlingsbekämpfer Hochdeutsch. Statt wie behauptet aus der Region stammten sie teils aus dem über fünf Stunden entfernten deutschen Essen.
Ähnliches Vorgehen bei Schlüsseldiensten
Hinter Kammerjäger-notfall.ch steht die Smartswiss Group GmbH in Herisau AR. Sie gehört einem Deutschen aus Düsseldorf. Die Firma liess eine Anfrage des K-Tipp unbeantwortet.
Das Vorgehen ähnelt jenem von Schlüsseldiensten und Notfallhandwerkern, die ebenfalls überrissene Rechnungen stellen. Zwei Schlüsseldienstbetreiber mit Sitz in Deutschland wurden 2018 vom Landgericht Kleve in Nordrhein-Westfalen wegen gewerbs- und bandenmässigen Betrugs und Wuchers zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Jetzt werden auch die Schweizer Behörden tätig. Die Staatsanwaltschaft Zürich führt ein Verfahren gegen die Craftsmen & Services AG mit Sitz in Herisau AR. Die Firma verlangte überrissene Preise für Sanitärdienstleistungen. Einziger Verwaltungsrat ist ein Deutscher.
So finden Sie seriöse Handwerker
Schlagworten wie «Familienbetrieb», «Seit 1985 zertifiziert» und «Wir sprechen Schweizerdeutsch» sollte man bei Schlüsseldiensten, Notfallhandwerkern und Schädlingsbekämpfern nicht blind vertrauen. Wenden Sie sich wenn immer möglich an Handwerker, die in der Region eine Werkstatt haben. Und die bereit sind, gegen Rechnung zu arbeiten. Lehnen Sie überteuerte Offerten ab. Sollten Sie dennoch an eine Abzockerfirma geraten, lassen Sie sich nicht einschüchtern und rufen Sie die Polizei an.
Tipp: Der K-Tipp führt eine Warnliste mit den Namen und Internetadressen von dubiosen Firmen: www.ktipp.ch/service/warnlisten