Seit November 2000 zahlt Karl Feldhausen (Name geändert) jeden Monat Geld für seine Sparversicherung ein, die er bei der Pax-Versicherung hat. Bis heute hat der Detailhandelsangestellte aus der Innerschweiz rund 17 400 Franken in die Versicherung gesteckt. Die Police läuft noch bis ins Jahr 2033.
Was wäre, wenn Feldhausen diese Police jetzt vorzeitig kündigen würde? Er erhielte lediglich den sogenannten Rückkaufswert. Dieser betrug Ende letzten Jahres nur gerade 7882 Franken. Feldhausen würde also zurzeit deutlich mehr als die Hälfte seiner Einzahlungen verlieren.
«Ich weiss, dass ich beim Abschluss einen Fehler gemacht habe», sagt Feldhausen heute. Das deckt sich mit der Meinung von unabhängigen Fachleuten. Der grundsätzliche Mangel solcher Policen ist, dass sie das Alterssparen kombinieren mit einer garantierten Summe, die beim Tod des Kunden an dessen Erben ausgezahlt wird. Und dass sie meistens eine sehr lange Laufzeit haben. Und dass sie versteckte hohe Kosten enthalten.
Florian Schubiger von der Winterthurer Beratungsfirma Vermögenspartner AG zum Beispiel sagt klar: «Langfristige gemischte Versicherungen bringen den Kunden wenig Rendite und tiefe Flexibilität.» Es sei in den allermeisten Fällen zu empfehlen, den Sparprozess und die Absicherung von Tod oder Invalidität zu trennen.
Die frühzeitige Auflösung einer Sparversicherung ist meistens mit einem Geldverlust verbunden – doch genau diesen Schritt hat eine andere Versicherungsgesellschaft dem Pax-Kunden Feldhausen empfohlen: Ein Berater der Helvetia hat ihm vorgeschlagen, seine bestehende Police aufzulösen und eine ähnliche bei der Helvetia abzuschliessen.
«Damit käme der Sparer vom Regen in die Traufe», kommentiert Finanzberater Markus Glauser von Glauser+Partner in Bern. Sparen mit der Versicherung sei vor allem wegen der mangelnden Flexibilität der falsche Weg.
Weiterzahlen ist oft gescheiter
Der K-Tipp erhält immer wieder Anfragen von Versicherungskunden, die schon seit längerer Zeit in eine Sparversicherung einzahlen müssen und jetzt aussteigen möchten. Meistens wurde ihnen das Produkt von provisionsorientierten Verkäufern aufgeschwatzt. Die Frage lautet dann: Aussteigen oder weiterzahlen?
Häufig empfiehlt der K-Tipp das Weiterzahlen – aus folgenden Gründen:
- Ein frühzeitiger Ausstieg ist – wie das Beispiel von Karl Feldhausen zeigt – meist mit einem grossen Geldverlust verbunden. Diesen Abschreiber durch eine andere Geldanlage wettzumachen, ist schwierig. Es gibt aber Berater, die nach dem Motto «Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende» dennoch zur Kündigung raten. Das ist vor allem dann angezeigt, wenn die Versicherung erst ein bis zwei Jahre läuft und man noch nicht viel Geld eingezahlt hat.
Wie hoch der Verlust bei einem Ausstieg wäre, kann man jederzeit bei der Versicherung erfragen. Man erhält dann die Information über den aktuellen Rückkaufswert, und diese Summe kann man mit dem bereits eingezahlten Prämientotal vergleichen. Je länger man dabei war, desto kleiner wird prozentual der Verlust. - Wer eine Sparversicherung hat, muss nach der Kündigung eine Spar-Alternative haben. Aber welche? Das Sparbüchlein ist dazu kaum attraktiv, andere Geldanlagen bringen zurzeit entweder zu wenig oder sind zu riskant.
- Die Sparversicherung ist mit einem Einzahlungszwang verbunden. Für Leute mit mangelnder Disziplin kann das ein Vorteil sein.
Auf keinen Fall sollte man eine Sparversicherung kündigen und dann gleich eine andere abschliessen. Die Helvetia, die genau dies empfohlen hat, sagt dazu, das habe «dem individuellen Kundenbedürfnis» entsprochen: «Abschlüsse, die dem Kundeninteresse Rechnung tragen, sind auch dann legitim, wenn damit die Ablösung des Produktes eines Mitbewerbers verbunden ist.» Vorsorgeberater Glauser hingegen spricht von «doppeltem Unsinn».
Pax-Kunde Feldhausen hat aktuell eine Fondspolice der Pax, sein Spargeld wird also risikoreich an der Börse investiert – die seit langer Zeit schwächelt. Das ist mit ein Grund, warum der Rückkaufswert zurzeit sehr tief ist. Die Helvetia sagt, sie habe Feldhausens Anlagerisiken begrenzen wollen und ihm deshalb eine klassische Sparversicherung mit einer gewissen Auszahlungsgarantie empfohlen. Doch auch das kann seinen Verlust durch die vorzeitige Auflösung der bestehenden Pax-Police nicht ausgleichen. Zudem besteht ja immer noch die Möglichkeit, dass sich die Börsenlage bessert. Und: Sparer können auch prüfen, ob sie ihr Geld innerhalb der bestehenden Police in weniger risikobehaftete Fonds umschichten wollen.
Prämienfreistellung bringt meistens nichts
Übrigens: Oft empfehlen Versicherungsberater, eine bestehende Police nicht aufzulösen, sondern prämienfrei zu stellen, und erwecken dabei den Eindruck, damit lasse sich der Verlust minimieren. Doch das ist falsch. Bei einer Prämienfreistellung wird ebenfalls zuerst der Rückkaufswert ermittelt (mit den entsprechenden Verlusten). Und erst mit diesem Wert macht die Gesellschaft eine neue Police, für die keine Prämien zu zahlen sind. Das ist selten sinnvoll.
Vorsicht bei Beraterbesuchen!
Und noch ein letzter Ratschlag: Der Verkauf von Sparversicherungen ist für die Verkäufer finanziell sehr attraktiv. Das gilt auch für Angestellte der grossen Versicherungsgesellschaften, die vor allem die Sachversicherung betreiben. Da heisst es aufpassen: Wenn ein Berater ins Haus kommt, um pro forma zum Beispiel die Hausratversicherung zu überprüfen, und dann noch auf die Vorsorge zu sprechen kommt, ist Skepsis geboten.