Sonnenstrom hat Zukunft. Diese Botschaft findet allmählich auch auf politischer Ebene Gehör. Diverse Kantone und Gemeinden erwägen, die Bewilligungsverfahren für Solaranlagen zu lockern. Einige haben das bereits getan. Und der Nationalrat ist sogar dafür, die Bewilligungspflicht für bestimmte Dachanlagen durch eine reine Meldepflicht zu ersetzen.
Trotzdem herrscht in Sachen Solarenergie noch keineswegs überall eitel Sonnenschein. Denn nach wie vor stösst mancher private Hausbesitzer, der eine Sonnenstromanlage installieren möchte, beim örtlichen Stromversorger auf wenig bis gar keine Unterstützung (siehe Kasten).
Aber auch Kantons- und Gemeindebehörden können ihm allerlei Steine in den Weg legen. Drei Beispiele:
Fall 1: Klaus Fetscher
Zusammen mit den Eltern und seinem Bruder führt Klaus Fetscher im Weiler Rütihof oberhalb von Gränichen AG ein Ausflugsrestaurant. Auf dem Dach des zugehörigen Gästehauses, das einst als klei- nes Schulhaus diente, möchte Fetscher eine rund 60 Quadratmeter grosse Sonnenstromanlage einrichten.
Ende 2010 reichte Fetscher beim Departement Bau, Verkehr und Umwelt des Kantons Aargau ein Bewilligungsgesuch ein. Es wurde im Frühling 2011 abgelehnt. Begründung u. a.: Die Anlage würde das «kantonal bedeutende Kulturdenkmal Weiler Rütihof» beeinträchtigen.
Nun ist der Weiler Rütihof aber nicht als kantonal bedeutendes Kulturdenkmal, sondern «nur» als regional bedeutendes Ortsbild eingestuft. Gemäss Raumplanungsgesetz des Bundes hätte die Solaranlage somit grundsätzlich bewilligt werden müssen. Klaus Fetscher zog eine Anwältin zu und reichte Rekurs ein.
Die Kantonsbehörde gab nur teilweise nach. Sie schlug vor, die Anlage auf dem Dach des Pferdestalls zu realisieren, wo man sie nicht so gut sehen könne. Das kam aber aus technischen Gründen nicht in Frage. Schliesslich erhielt Fetscher doch noch grünes Licht für den ursprünglichen Standort. Vorausgegangen waren mehrwöchige aufwendige Verhandlungen über Detailfragen mit der zum Baudepartement gehörenden Fachstelle Ortsbildpflege.
Die Solaranlage soll noch vor Wintereinbruch installiert werden. «Sie hat sich um rund 4000 Franken verteuert – hauptächlich wegen der Anwaltskosten», bilanziert Fetscher.
Fall 2: Jeannette Brüderli
Jeannette Brüderli und Lebenspartner Hans Zehnder ersuchten im Frühling 2010 um die Bewilligung für eine Sonnenstromanlage auf ihrem Haus in Frauenfeld TG. «Das städtische Hochbauamt sagte Nein, weil man beim Dachaufbau Absätze der rechteckigen Solarmodule hätte sehen können», so Zehnder.
Es folgte ein monatelanges Hin und Her. Brüderli und Zehnder gewannen zunehmend den Eindruck, dem Hochbauamt gehe es eigentlich nur darum, sie von ihrem Vorhaben abzubringen. Zehnder: «Man hat uns gar offen gesagt, Sonnenstromanlagen seien nichts für Einfamilienhäuser.»
Für eine Variante, bei der dreieckige Blindmodule (Attrappen) ganz an den Dachaufbau anschliessen, signalisierte das Amt dann Zustimmung – «wahrscheinlich, weil es glaubte, solche Module gebe es gar nicht», vermutet Zehnder.
Zehnder und Brüderli gelang es aber, in Berlin einen Hersteller ausfindig zu machen. Sie mussten dem Hochbauamt Fotos und Muster vorlegen – und können ihre Anlage jetzt realisieren. Allein die durch die Blindmodule verursachten Mehrkosten beziffern sie auf gegen 5000 Franken.
Fall 3: Leonhard Blank
Das Haus der Familie Blank liegt im Stadtberner Wylergut, dessen Quartierbild und Gebäude im Berner Bauinventar zwar als erhaltenswert, aber nicht als schützenswert eingestuft werden. Doch 2004 lehnte das städtische Bauinspektorat Leonhard Blanks Bewilligungsgesuch für eine Sonnenstromanlage ab. Blank wollte damit die unterhalb der Dachfenster bereits 1998 installierten Sonnenkollektoren für Warmwasser und Heizung ergänzen.
Mitte 2009 reichte Blank sein Gesuch erneut ein, nachdem im Quartier eine andere Anlage für Solarstrom bewilligt worden war.
Monate später und nach einer Intervention beim Stadtpräsidenten habe ihm das Bauinspektorat mitgeteilt, man prüfe das Gesuch, obwohl man dies, da es schon einmal abgelehnt worden sei, nicht müsste. Der Kanton hatte damals eine Lockerung der rechtlichen Rahmenbedingungen u. a. für Solaranlagen angekündigt.
Rund eineinhalb Jahre stritt sich Blank in der Folge mit dem Bauinspektorat und der städtischen Denkmalpflege um die konkrete Umsetzung des Projekts. «Es wurden teils absurde Bedingungen gestellt – etwa jene, entweder die Dachfenster zu entfernen oder die Anlage nur als Streifen entlang dem First zu realisieren», sagt Blank. Vor allem aber wirft er dem Bauinspektorat mangelnden Willen vor, zwischen ökologischem Nutzen und denkmalpflegerischen Anliegen objektiv abzuwägen.
Immerhin: Leonhard Blanks Beharrlichkeit zahlte sich letztlich aus. Er darf die Anlage nun doch mehr oder weniger in seinem Sinn erstellen, sofern er sie mit einem Blindmodul beim einen Dachfenster ergänzt. Was das finanziell bedeutet, weiss er noch nicht. «Zeitlich und emotional hat mich das Ganze auf jeden Fall sehr viel gekostet», sagt der Hausbesitzer.
Zu den Fällen Fetscher und Zehnder nahmen die zuständigen Behörden gegenüber dem K-Tipp nicht Stellung. Begründung: Die Verfahren seien noch nicht abgeschlossen. Und zum Fall Blank hält der Berner Stadtbauinspektor Martin Baumann fest, die Stadt wende kantonales Recht an, ihr Ermessensspielraum sei nach wie vor klein.
Am Fazit von Leonhard Blank ändert das nichts: «Wer derart viele behördliche Stolpersteine aus dem Weg räumen muss, um eine Solaranlage installieren zu können, braucht unglaubliches Durchhaltevermögen. Da wundert es mich nicht, dass Sonnenstrom in der Schweiz noch immer ein Schattendasein fristet.»
Hindernisse statt Förderung
Behördliche Hindernisse sind das eine. Nicht weniger ärgerlich ist für viele kleine Solarstromproduzenten das Verteilsystem für Gelder aus dem Bundestopf.
Im Wettstreit um Fördermittel für Ökostrom – sie stammen aus einer von den Konsumenten bezahlten Abgabe auf dem Strompreis – sind Elektrizitätswerke und Stromkonzerne im Vorteil. Das hat der «Kassensturz» kürzlich aufgezeigt. Privaten Hausbesitzern bleibt meist nur, sich in jahrelanger Geduld zu üben. Für ihren ins Netz gelieferten Sonnenstrom erhalten sie während der Wartezeit nur das, was ihnen der örtliche Netzbetreiber bezahlen will. Das ist oft bei weitem nicht kostendeckend (siehe auch K-Tipp 18/10).
Kommt hinzu, dass Stromversorger für die Installation eines weiteren Zählers zuweilen 2000 bis 3000 Franken verlangen. Und Messung, Datenaufbereitung sowie Zählermiete können rasch einmal mehrere Hundert Franken pro Jahr kosten, wie Betroffene berichten.
«Die Preise sind häufig überrissen», urteilt Energieexperte Heini Glauser. Darin zeige sich ebenso wie in der mickrigen Einspeisevergütung, dass viele Stromversorger die dezentrale Solarstromerzeugung noch immer vor allem als lästige Einmischung betrachteten.