Rahel Jäger (Name geändert) aus Winterthur ZH bestellte in einem deutschen Internetshop für 74 Franken eine Zwitscherbox – ein Gerät, das Vogelgezwitscher imitiert. In der Bestellbestätigung schrieb der Händler, sie bekomme in Kürze ein E-Mail des Versandpartners «mit weiteren Infos zum Versand und einer Trackingnummer der DHL». Drei Tage später erhielt Jäger ein angebliches E-Mail der Transportfirma DHL. Das Paket werde geliefert, sobald sie eine Gebühr von 4,99 Euro bezahlt habe.
Jäger bezahlte mit Kreditkarte. Dafür klickte sie auf einen Link im E-Mail, worauf sie auf eine Website weitergeleitet wurde. Dort gab die Winterthurerin ihre Kreditkartendaten ein. Anschliessend bestätigte sie die Zahlung mit ihrem Sicherheitscode auf dem Handy – drei Mal, da es nicht zu klappen schien.
Einige Tage später entdeckte Jäger, dass die Kreditkarte dreimal mit 499 Euro belastet worden war. Sie war einem Betrüger in die Falle gegangen: Das E-Mail stammte nicht von DHL und traf nur zufällig kurz nach ihrer Bestellung im Internetshop bei ihr ein. Jäger hoffte, die Kreditkartenfirma Swisscard würde einen Teil des Gelds zurückzahlen. Doch diese sah den Fehler bei der Kundin. Die Karteninhaberin habe die Zahlung ja dreimal mit einem Sicherheitscode auf dem Handy bestätigt.
Falsche E-Mails der Schweizerischen Post
Solche Betrügereien sind nicht selten. Die Rechtsberater des K-Tipp erhalten jede Woche Meldungen von Opfern von Phishing-Attacken. Dabei versuchen Gauner wie bei Rahel Jäger, via E-Mails an persönliche Daten und Kreditkartennummern zu gelangen.
So auch bei Marta Steiner (Name geändert) aus Hägglingen AG: Sie erhielt ein E-Mail, das aussah, als käme es von der Schweizerischen Post. Darin wurde sie aufgefordert, für ein Paket Fr. 2.20 zu zahlen. Die Betroffene tippte die Daten ihrer Swisscard-Kreditkarte auf einer Website ein, von der sie glaubte, sie sei von der Post. Wenige Tage später bemerkte Steiner, dass Unbekannte im Ausland Zahlungen mit der Karte getätigt hatten, der Betrag belief sich auf 2662 Franken. Nach einer Rückfrage des K-Tipp zahlte Swisscard der Kundin immerhin 1350 Franken zurück.
Die Swisscard will sich aus Sicherheitsgründen nicht zu einzelnen Fällen äussern. Sprecherin Sandra Hügli sagt nur: «Es ist unumgänglich, dass Kunden ihre Sorgfaltspflichten einhalten.» Laut den Allgemeinen Geschäftsbedingungen verletzen die Kunden ihre Sorgfaltspflicht, wenn ein Täter Zugang zu Karteninformationen und weiteren Legitimationsmitteln wie Codes bekomme.
Banken lassen Kunden fast immer hängen
Franca Contratto, Professorin an der Universität Luzern, kritisiert die Schadensabwälzungsklauseln in den AGB der Banken. Deshalb würden die Kunden fast immer auf dem Schaden sitzen bleiben. «In Zeiten, in denen Banken ihre Kunden in elektronische Vertragsbeziehungen drängen, scheint mir diese ungleiche Risikoverteilung nicht mehr angemessen.»
Mehr Glück als Jäger und Steiner hatte Andreas Weiss (Name geändert) aus Kerns OW. Er kaufte mit seiner Topcard Supercard bei Idfotos24.ch für Fr. 9.80 ein. Dazu gab er die auf der Kreditkarte aufgedruckten Daten an. Doch Idfotos24.ch belastete Fr. 508.80. Kurz darauf verschwand der Shop aus dem Internet. Nach einer Reklamation erstattete Topcard dem Kunden die Differenz von 499 Franken zurück. Eine Sprecherin sagt: «Transaktionen in Webshops ohne sichere Authentifizierung können im Falle eines Missbrauchs vom Kunden beanstandet und zurückgefordert werden.» Das heisst: Wer sich bei der Bezahlung mit einer Kreditkarte nicht mit Fingerabdruck, Code oder Passwort authentifiziert, bekommt im Schadenfall sein Geld zurück.
So verhindert man Kreditkarten-Ärger
Machen Sie im Internet keine Vorauszahlungen. Zahlen Sie wenn immer möglich auf Rechnung. So ist das Geld nicht weg, falls nichts geliefert wird.
Wenn das nicht geht: Zahlen Sie mit einer Kreditkarte ohne Direkt-Belastung auf dem Konto (LSV). Kontrollieren Sie die Kreditkartenrechnung genau, und zahlen Sie nur so viel ein, wie Sie effektiv schulden.
Betrügerische E-Mails erkennt man häufig am Absender – aber nicht immer auf den ersten Blick. Ein Klick auf den Absender hilft weiter. Stimmt die Mail-Adresse nicht mit dem echten Absender überein, ist etwas faul.
Warnlisten zu unzuverlässigen Webshops und dubiosen Phishing-Fällen finden Sie unter K-Tipp.ch