Die Fassade des Einfamilienhauses von Patrizia L. aus Neftenbach ZH sieht nicht mehr schön aus. Mehrere Flächen sind wegen Algen und Pilzen gräulich verfärbt. An einer Wand zeigen sich Flechten.
Deshalb stehen immer wieder ungebetene Bauhandwerker vor Patrizia L.s Tür. Die Männer behaupten jeweils, sie seien Fassadenspezialisten und hätten beim Gang durchs Quartier festgestellt, dass ihre Fassade dringend eine Sanierung brauche. Sie würden den Auftrag gern ausführen.
Ein besonders dreister Handwerker behauptete gar, Patrizia L.s Mann habe den Auftrag bereits erteilt. Ob seine Firma sofort mit den Arbeiten beginnen könne. Die Neftenbacherin lehnte ab – zum Glück.
«Oft beinahe betrügerische Firmen»
Peter Seehafer vom Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmer-Verband warnt: Oft seien solche Firmen «unseriös und beinahe betrügerisch». Dem Verband seien diverse Fälle bekannt, in denen Handwerker viel Geld verlangten, betroffene Fassaden aber bloss runtergewaschen und dann gestrichen haben. Nach einer solchen Schnellsanierung sei der Bewuchs nach zwei bis drei Jahren wieder da.
Fakt ist: Bei Häusern mit einer Kompaktfassade wie bei Patrizia L.sieht man relativ häufig Algen, Pilze und Flechten. Die Gebäudewände sind mit einer verputzten Aussenwärmedämmung versehen. Dabei werden Dämmplatten an den Backsteinaussenwänden befestigt. Darauf kommen dann Gewebearmierung, Voranstrich, Deckputz und Farbe. Der Thuner Baugutachter Martin Gafner sagt, dass die günstigen Kompaktfassaden mittlerweile bei rund 80 Prozent der Wohnhäuser verwendet würden.
Die Zahl der mit Algen oder Pilzen befallenen Fassaden ist in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Schuld daran sind bessere Wärmedämmungen. Durch die gute Isolierung sind die Energieverluste der Gebäude massiv gesunken. Aber die Aussenwände bleiben kalt und trocknen langsamer ab. Insbesondere Fassaden auf der Nordseite, in ländlichen Gebieten sowie in Nebelregionen bleiben länger feucht und bieten Mikroorganismen deshalb einen guten Nährboden.
Algen sind nur ein ästhetisches Problem
Befallene Fassaden müssen nicht unbedingt saniert werden. Laut Gafner sind Algen oder Pilze kein Zeichen für einen Baumangel. Vielmehr handle es sich um ein ästhetisches Problem. Das bestätigt auch Verbandsvertreter Seehafer: «Wenn man nichts macht, passiert nicht viel.» Er weiss aber, dass viele Menschen eine fleckige Fassade hässlich finden und sich davon gestört fühlen. Dann seien Hausbesitzer allzu rasch bereit, an der Haustür einen Auftrag zu erteilen.
Seehafer rät, sich nie zu einer Auftragsvergabe drängen zu lassen. Denn es gebe nur eine Situation, in der Hausbesitzer sofort handeln müssten: Wenn Wasser über die Aussenwände ins Gebäude eindringe. Am besten sei es, vor einer Sanierung mehrere Offerten von Fassadenspezialisten einzuholen. Bei der Auswahl der Firmen können ein Blick ins Branchenverzeichnis oder allenfalls Erfahrungsberichte von Nachbarn helfen. Um Algen loszuwerden, müssen Hausbesitzer – je nach Verschmutzungsgrad und Beschaffenheit der Kompaktfassade – mit Kosten von 50 bis 90 Franken pro Quadratmeter rechnen.