Wahrscheinlich bin ich einfach ein Depp
Inhalt
K-Tipp 2/2005
26.01.2005
Hansjörg Utz, Redaktionsleiter «Kassensturz»
Wahrscheinlich bin ich einfach ein Depp. Warum hätte ich sonst derart grosse Mühe, wenn es darum geht, ein neues Handy, eine Digitalkamera oder ein neues Notebook zu kaufen?
Die Szene hat sich in den letzten Jahren regelmässig wiederholt: Ich gehe in ein Fachgeschäft oder zum Discounter und erkundige mich schüchtern, was das glänzende Gerät mit all den tollen Funktionen denn so könne. Meist steht da ein junger Verkäufer mit Gel im Haar; er gibt einen zähen Brei technisch...
Wahrscheinlich bin ich einfach ein Depp. Warum hätte ich sonst derart grosse Mühe, wenn es darum geht, ein neues Handy, eine Digitalkamera oder ein neues Notebook zu kaufen?
Die Szene hat sich in den letzten Jahren regelmässig wiederholt: Ich gehe in ein Fachgeschäft oder zum Discounter und erkundige mich schüchtern, was das glänzende Gerät mit all den tollen Funktionen denn so könne. Meist steht da ein junger Verkäufer mit Gel im Haar; er gibt einen zähen Brei technischer Ausdrücke von sich, die ich nur in Ansätzen verstehe und die mich regelmässig an mir selbst zweifeln lassen. Vor allem an meiner Intelligenz.
Dass ein Prozessor mit einem Gerichtsverfahren nichts zu tun hat, das habe ich halbwegs begriffen. Dass mehr RAM mehr Geschwindigkeit bedeuten, das hat mir mal ein Freund en détail erklärt. Und dass Mega-Pixel nicht mit Super-Akne gleichzusetzen ist - okay, das leuchtet ein. Aber dann bin ich schon bald am Ende.
Ein Trost, dass ich nicht allein bin. Jeder dritte Kunde, so ergab eine deutsche Marktforschungsstudie, hat beim Kauf von technischen Geräten eine Kaufblockade, weil er von zu viel Technik verunsichert wird. Jeder zweite findet, die neuen Handys und Computer seien zu kompliziert, und wünscht sich einfachere Geräte.
Doch statt auf solche Kundenwünsche einzugehen frönen die Entwicklungsingenieure in den Grosskonzernen lieber ihren elektronischen Spielereien, und die Verkäufer in den Läden tun es ihnen gleich. Zwar nennen sie sich neuerdings Verkaufsberater und sollten deshalb erklären können, was ein DVD-Brenner ist und wie er funktioniert. Aber viele schwafeln noch immer lieber von modularen CD-RW/DVD-Kombi-Laufwerken und ähnlichem Zeugs. Und merken vor lauter Reden nicht, dass es Kunden wie mir längst abgelöscht hat.
