Das Traditionsunternehmen Victorinox wirbt damit, seit über 100 Jahren Sackmesser in der Schweiz herzustellen. Zugleich importiert die Firma aus Ibach SZ Reisetaschen und -koffer billig aus Asien und verkauft sie teuer in der Schweiz (K-Tipp 17/2024).
Als Reaktion auf den K-Tipp-Artikel erklärte Victorinox-Chef Carl Elsener im «Boten der Urschweiz», dass Reisegepäck die einzige Produktkategorie sei, die von Beginn an im Ausland produziert wurde. K-Tipp-Recherchen zeigen aber: Das Unternehmen importiert viele weitere Produkte aus dem Ausland. Beispiele:
- Das 24-teilige Besteckset von Victorinox heisst zwar «Swiss Classic», wird aber zum grössten Teil in Deutschland hergestellt.
- Kaffeelöffel, Ess- und Kuchengabeln der «Swiss Modern»-Serie stammen ebenfalls aus deutschen Fabriken.
- Victorinox bietet auch Messer aus dem Ausland an: Die Outdoor-Messer «Master Mic L» und «Master Mic S» werden in Spanien hergestellt. Gemüse-, Brot-, Tranchier-, Santoku- und Kochmesser der Kollektion Grand Maître stammen aus deutscher Produktion, Austernmesser sind aus Portugal.
Hunderte Produkte sind importiert
Das sind keine Einzelfälle: Laut der «Besteck»-Verkaufsliste von Victorinox für das Jahr 2023 importierte die Firma 244 der 966 aufgeführten Artikel aus dem Ausland. Auf der Verkaufsliste zu «Schweizer Armee-Messern» aus dem gleichen Jahr finden sich weitere 79 Importprodukte.
Victorinox verheimlicht in seinem Internetshop, woher die Produkte stammen. Das Unternehmen nennt das Herstellungsland nur bei Artikeln, die in der Schweiz hergestellt wurden. Bei Importartikeln fehlen die Angaben. Die Aufmachung des Internetshops betont aber zugleich die «Swissness»: Ganz oben prangen stets ein Schweizerkreuz auf rotem Grund sowie der Name Victorinox.
Dazu sagt eine Sprecherin von Victorinox: «Beim Emblem auf der Website handelt es sich um das Unternehmenskennzeichen von Victorinox.» Damit bewerbe man nicht die Produkte oder deren Herkunft.
Das Eidgenössische Institut für Geistiges Eigentum in Bern hat die Aufgabe, über die korrekte Verwendung von Schweizer Herkunftsangaben zu wachen. Der Anwalt David Stärkle vom Institut bezeichnet es gegenüber dem K-Tipp als «problematisch, unter dem Schweizerwappen von Victorinox» Produkte aus dem Ausland zu verkaufen. Das Institut für Geistiges Eigentum prüft den Fall.
Victorinox will künftig Herkunft benennen
Laut einer Firmensprecherin von Victorinox werden die Tafelmesser des 24-teiligen Bestecksets in Ibach produziert. Stahlteile der Gabel und Löffel der Reihe «Swiss Classic» beziehe man aber aus Deutschland. Man erreiche bei diesen nicht die gesetzlich nötige 60-Prozent-Wertschöpfung in der Schweiz, um sie als «made in Switzerland» auszeichnen zu können.
Gemäss der Victorinox-Sprecherin seien seit «Anfang des Jahres alle Etiketten von importierten Produkten» mit dem «korrekten Produktionsland» ausgezeichnet. Sie räumt ein, dass sich Victorinox «betreffend Transparenz von importierten Produkten auf der Website verbessern müsse». Ab Ende November wolle man auf der Internetseite über die Produktionsländer informieren.