«Was ist schlimmer: Handy oder Dect-Telefon?»
Die bedenklichen Strahlenwerte von Dect-Telefonen im K-Tipp-Test haben viele Leserinnen und Leser aufgerüttelt. Der K-Tipp gibt Auskunft und Tipps zum Thema.
Inhalt
K-Tipp 16/2005
05.10.2005
Rolf Muntwyler - rolf.muntwyler@ktipp.ch
Wie kann ich mein digitales Telefon abschirmen? Wo kaufe ich ein strahlungsarmes Telefon? Was ist schlimmer, das Handy oder ein Dect-Telefon?
Nach den beunruhigenden Strahlenwerten der Dect-Telefone im Test (K-Tipp 14/05) liefen beim K-Tipp die Leitungen heiss. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen der Leserinnen und Leser.
- Geben Telefone mit Hörerkabel auch Funkwellen ab?
Nein. Deshalb sollte man diese Telefone wo immer möglich vorziehen - den De...
Wie kann ich mein digitales Telefon abschirmen? Wo kaufe ich ein strahlungsarmes Telefon? Was ist schlimmer, das Handy oder ein Dect-Telefon?
Nach den beunruhigenden Strahlenwerten der Dect-Telefone im Test (K-Tipp 14/05) liefen beim K-Tipp die Leitungen heiss. Hier die Antworten auf die wichtigsten Fragen der Leserinnen und Leser.
- Geben Telefone mit Hörerkabel auch Funkwellen ab?
Nein. Deshalb sollte man diese Telefone wo immer möglich vorziehen - den Dect-Geräten sowieso, aber auch den CT1+-Apparaten.
Aber Vorsicht: Es gibt einige wenige Telefone mit Hörerkabel, zu denen zusätzlich auch schnurlose Handapparate erhältlich sind. Hier handelt es sich um eine integrierte Dect-Technik, die nonstop strahlt wie alle anderen Dect-Telefone auch.
- Ist es richtig, dass schnurlose Dect-Telefone ohne Unterbruch strahlen, CT1+-Telefone aber nicht?
Ja, für die Basisstation ist das richtig: Die Basis strahlt bei Dect-Telefonen nonstop, bei CT1+-Geräten nur beim Telefonieren.
Beim Hörer gilt: Wird nicht telefoniert, strahlt er auch nicht - weder bei der Dect- noch bei der CT1+-Technologie.
Wird hingegen telefoniert, geht bei beiden Standards vom Hörer eine Strahlenbelastung aus. Dabei werden die schwächeren CT1+-Funkwellen weniger problematisch eingestuft als die stärkeren und zudem gepulsten Dect-Funkwellen.
- Weshalb sind die «gepulsten» Funkwellen der Dect-Telefone schlimmer als die der analogen CT1+-Telefone?
Neben der eigentlichen Intensität der Strahlung - also den Funkwellen - ist auch entscheidend, wie das Gespräch übertragen wird. Bei der analogen CT1+-Technologie (Cordless Telephone 1 Plus) fliesst die Information kontinuierlich.
Beim digitalen Standard Dect (Digital Enhanced Cordless Telecommunications) wird die Funkwelle nicht gleichmässig, sondern gepulst abgegeben: Die Signale werden also in einzelnen Paketen zerhackt gesendet. Die Funkwelle wird rhythmisch ein- und ausgeschaltet. Studien haben gezeigt, dass Geräte mit gepulsten Signalen, so auch Dect-Telefone, den menschlichen Organismus stärker belasten als solche mit ungepulsten, wie beim CT1+-Standard.
- Auf der Schachtel meines Schnurlos-Telefons steht «analoges Telefon». Ist das also ein CT1+-Gerät?
Nein. Manche Hersteller bezeichnen ihre Apparate als analog, wenn sie für den normalen, analogen Anschluss geeignet sind. Das bedeutet einfach, dass Ihr Telefon nicht für ISDN-Anschlüsse verwendet werden kann. Als «analog» deklarierte moderne Schnurlos-Telefone sind heute Dect-Telefone.
- Ich will über Nacht die Funkstrahlen meines Dect-Telefons abschalten. Muss ich den Netz- oder den Telefonstecker ausziehen?
Es reicht, wenn Sie den Netzstecker ausziehen.
- Darf der Hörer meines Dect-Telefons in der Nacht neben dem Bett liegen, wenn die Basisstation im Wohnzimmer steht?
Der Hörer strahlt nur, wenn Sie telefonieren. Liegt er unbenutzt neben dem Bett, ist das unbedenklich. Stellen Sie aber die permanent strahlende Basis möglichst weit weg.
- Wie stark nehmen die Funkwellen ab, wenn ich die Basisstation weit entfernt aufstelle?
Die Messungen im Test haben gezeigt, dass die Strahlungsintensität bei allen Telefonen linear abnimmt: Beträgt zum Beispiel der Wert in 5 Meter Abstand 0,4 Volt pro Meter (V/m), liegt er 10 Meter entfernt bei 0,2 V/m.
- Ich kann in meiner Einzimmer-Wohnung die Basisstation nicht in einen anderen Raum stellen. Was soll ich tun?
Am besten ein Telefon mit Hörerkabel kaufen. Sie können aber die Basisstation in einen tiefen Metallbehälter (Kessel, alter Kochtopf) stellen und ein Metallgitter darüberstülpen oder die Basis in Alufolie wickeln. Denn Metall vermindert die Strahlung - damit aber auch die Reichweite des Gerätes. Ob das Telefon dann noch funktioniert, müssen Sie ausprobieren.
- Sind Schutzhauben für die Abschirmung von Strahlen zu empfehlen? Funktionieren die überhaupt?
Schutzhauben aus Metall oder metallisiertem Kunststoff (Infos unter www.dect protect.ch) verringern die Strahlung stark. Ein neues Kabel- oder CT1+-Telefon dürfte jedoch günstiger sein.
- Wo kann ich ein CT1+-Telefon kaufen?
Derzeit ist das Audioline 45 (rund Fr. 60.-) das einzige CT1+-Telefon, das in Schweizer Läden (Migros, Fust, Media Markt, Carrefour, Conforama) verkauft wird. Es kann auch mit zwei oder drei Handapparaten benutzt werden. Ausserdem ist unter www.conrad. ch das CT1+-Gerät Topcom Cocoon 85 Duo (mit zweitem Hörer und Ladestation, Fr. 85.95) erhältlich.
- Gibt es neben den vom K-Tipp getesteten Telefonen Swisscom A313 und Orchid LR 108 weitere Geräte, die bei eingelegtem Hörer nicht strahlen?
Ja. Das A413 ist mit dem A313 identisch, hat aber einen integrierten Telefonbeantworter und kostet Fr. 178.-. Beide Modelle sind derzeit in Swisscom-Shops ausverkauft. In Filialen von Migros, Interdiscount, Post, Media Markt und im Fachhandel könnten aber noch einzelne Exemplare erhältlich sein. Das Orchid LR 108 gibts ebenfalls mit Telefonbeantworter - als LR 128 TAM. Erhältlich ist es unter www.conrad.ch für Fr. 99.95. Ausserdem hat Swissvoice neu vier Modelle mit Abschaltmodus im Sortiment: Avena 247, 257, 267 und 277 (Preise zwischen Fr. 148.- und 228.-).
- Ich habe ISDN und kann die vom K-Tipp getesteten strahlungsarmen Modelle A313 und Orchid LR 108 nicht verwenden. Was käme für mich in Frage?
ISDN-Telefone mit CT1+-Technologie gibt es nicht, aber solche mit Abschalt-Modus: Die Swisscom-Geräte A121isdn (Fr. 198.-), A321isdn (Fr. 268.-) und A421isdn (Fr. 318.-) funken nicht, sobald der Hörer in die Basis eingelegt wird.
- In der Gebrauchsanleitung des A313 steht nicht, wie man den strahlungsarmen Ecomode einschaltet.
Menüknopf drücken, im «Menü» den Punkt «Einstellungen» wählen. Über «Reichweite» gelangt man zum «Ecomode», den man ein- und ausschalten kann.
- Der Abschaltmodus funktioniert nicht, wenn mehrere Handapparate in Gebrauch sind. Strahlen denn CT1+-Telefone auch permanent, sobald mehrere Hörer benutzt werden?
Auch wenn ein CT1+-Telefon mit mehreren Hörern in Gebrauch ist, strahlt es nur während des Telefonierens.
- Was muss ich tun, wenn ich als Telefonkunde der Cablecom einen Apparat mit Hörerkabel möchte? Solche verkauft die Cablecom gar nicht.
Sie können ein beliebiges Telefon mit Hörerkabel verwenden. ISDN-Telefone hingegen funktionieren hier nicht.
- Gibts CT1+-Telefone mit Anruferkennung (Clip-Funktion)?
Ja. Bei Modellen wie Audioline 45 und Topcom Cocoon 85 ist die Anruferkennung möglich. Bei älteren Modellen ist dies nicht die Regel.
- Der K-Tipp hat über die Strahlung des drahtlosen Computernetzes berichtet - dem WLAN. Ist Dect ebenso problematisch?
Ja. Dect-Basisstationen strahlen meist stärker als WLAN-Stationen. Dazu kommt, dass man den Hörer beim Telefonieren sehr nahe am Kopf hat. Allerdings: Bei WLAN funkt auch die Funk-Netzwerkkarte im Computer ohne Unterbruch. Deshalb sollte man den Laptop nicht auf dem Schoss haben, wenn man WLAN nutzt - sonst werden die inneren Organe zu stark bestrahlt.
- Ist die Strahlung in Volt pro Meter (V/m) im K-Tipp-Test vergleichbar mit dem Sar-Wert bei Handys?
Nein. Die so genannte elektrische Feldstärke in Volt pro Meter (V/m) wie auch die Leistungsflussdichte in Mikrowatt pro Quadratmeter (µW/m2) sind Masse für die Strahlungsintensität. Diese Werte können aber nicht so nahe am Ohr gemessen werden. Deshalb misst man beim Handy die «spezifische Absorptionsrate» (Sar) - also nicht die Intensität der Funkwellen, sondern die Strahlungsenergie, die der Körper aufnimmt.
- Was ist schlimmer: Handy oder Dect-Telefon?
Am Ohr strahlt das Handy im Mittel ähnlich stark wie ein Dect-Telefon oder noch stärker. Wegen der geringen Distanz schiessen die Funkwellen bei beiden Telefonen direkt in den Kopf. Aber die Dauerbelastung durch die Dect-Basisstation dürfte in den meisten Fällen klar höher liegen als durch Mobilfunkantennen in der Nachbarschaft.
- Reduziert Telefonieren mit Ohrhörern, die es auch für Schnurlos-Telefone gibt, die Strahlenbelastung?
Ein Teil der Strahlung - 5 bis 40 Prozent, je nach Modell - wird beim Handy zum Ohrstecker geleitet. Weil der Knopf im Ohr näher beim Hirn ist als der Hörer, ist die Belastung möglicherweise gar höher.
- Gibt es Grenzwerte für Dect-Telefone?
Nein. Die NISV, die Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung, legt nur Höchstwerte für ortsgebundene Emissionsquellen wie Mobilfunkanlagen und Hochspannungsleitungen fest.
- Ich habe gelesen, die Strahlung von Telefonen sei völlig unbedenklich. Was soll ich nun glauben?
Sogar das zurückhaltende Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft (Buwal) betrachtet aufgrund bisheriger Forschungsergebnisse «Einschränkungen des Wohlbefindens» wie Kopfschmerzen, Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, Unbehagen und brennende Haut als «wahrscheinliche Auswirkung» von Elektro-smog. Auch Hirntumore sind laut der Buwal-Dokumentation «Elektrosmog in der Umwelt» mögliche Folgen. Die Wirkungsmechanismen lassen sich aber noch nicht erklären.
Für viele unabhängige Wissenschaftler und Mediziner stehen gesundheitliche Auswirkungen zweifelsfrei fest (siehe K-Tipp 15/05). Die Buwal-Broschüre ist gratis erhältlich bei: Buwal-Dokumentation, 3003 Bern oder als PDF-Datei unter www.buwalshop.ch.