Wassersparer für dumm verkauft

Strafe statt Belohnung: Konsumenten sparen wirkungsvoll Wasser – und werden mit höheren Tarifen zur Kasse gebeten.

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K-Tipp 16/2009

28.09.2009

Letzte Aktualisierung:
29.09.2009

Gery Schwager

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Seit dem 1. Juli ist Trinkwasser in Basel teurer. Ein durchschnittlicher 3-Personen-Haushalt zahlt neu pro Kubikmeter Fr. 1.81 und damit 17 Rappen mehr als vorher. Pro Jahr ergibt das rund Fr. 30.– Mehrkosten. Basel ist kein Einzelfall. Von den 15 Gemeinden einer K-Tipp-Stichprobe haben Luzern, Schwyz und Thalwil ZH den Trinkwassertarif in den letzten zwölf Monaten angehoben. Biel will das demnächst tun, auch Bern bereitet eine Erhöhung für 2010 vor. Und in Zug sowie in Chur schliesst man höhere Wasserverkaufspreise zumindest mittelfristig nicht aus.

Strahm: Tarife häufig falsch kalkuliert

Die Begründung tönt überall fast gleich: Der sinkende Wasserverbrauch der Konsumenten habe zu tieferen Einnahmen geführt. Gleichzeitig seien die Kosten unverändert geblieben oder gar gewachsen – insbesondere für Bau und Unterhalt von Leitungsnetz und Produktionsanlagen sowie für die Wasseraufbereitung und für die Qualitätssicherung. Das mache höhere Tarife unumgänglich.

Tatsächlich? Bereits Anfang 2008 hat der damalige Preisüberwacher Rudolf Strahm hinter diese Argumentation ein grosses Fragezeichen gesetzt. Die Tarife würden häufig mit einer unrealistischen, übervorsichtigen Abschreibungspraxis falsch kalkuliert, so Strahm. Und mancher Wasserversorger bilde zu hohe Reserven.

Trinkwasserpreise: Riesige Unterschiede

Hinzu kommt: Die Schweiz zählt rund 3000 eigenständige Wasserwerke. Das ist mehr als eines pro Gemeinde. Und jedes verfügt in seinem «Reich» über das Versorgungsmonopol – da entsteht kein besonders grosser Druck, die Strukturen kostendämpfend anzupassen und die Effizienz zu steigern. Um etwas Gegensteuer zu geben, hat der Preisüberwacher auf seiner Internetseite für Tarif-Transparenz gesorgt (siehe unten). Inzwischen sind dort alle Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern erfasst. Und die Tarifunterschiede sind enorm, wie bereits ein Blick auf die 15 Gemeinden der K-Tipp-Stichprobe zeigt (siehe Tabelle im pdf-Artikel): Der erwähnte 3-Personen-Haushalt wird fürs Trinkwasser in St. Gallen mit Fr. 498.– pro Jahr gut dreimal so stark zur Kasse gebeten wie in Schwyz.

Wobei zu sagen ist: Nicht jeder hohe Tarif ist gänzlich unangemessen. In St. Gallen etwa wird Wasser vom Bodensee heraufgepumpt und mehrstufig aufbereitet. Auch Zürich lebt fast ausschliesslich von Seewasser, das gereinigt und in hügeligem Gelände verteilt werden muss. Da fallen höhere Kosten an als in Gemeinden, deren Gebiet kaum Höhenunterschiede aufweist und die über sauberes Quellwasser verfügen.

Allerdings rechtfertigen ungünstige äussere Bedingungen nicht automatisch alles. Zürich jedenfalls – seinerzeit besonders im Visier des Preisüberwachers – kann jetzt plötzlich den Trinkwasserpreis reduzieren. Voraussichtlich ab Mitte nächsten Jahres zahlt der 3-Personen-Haushalt statt Fr. 2.17 nur noch Fr. 1.76 pro Kubikmeter. Man wolle keine zu hohen Reserven anlegen und habe die Tarife «in Eigeninitiative» überprüft und gesenkt, so die Stadtzürcher Wasserversorgung.

Es geht auch anders

Dass sinkender Wasserverbrauch nicht unbedingt mit steigenden Preisen kompensiert werden muss, beweist das Stadtwerk Winterthur. Es hat den Wasserpreis seit 1993 nie mehr erhöht. Der Grund: Laut Stadtwerk wurde ein «konsequentes Kostenmangagement» eingeführt, nachdem der abrupte Wegfall der Industrie in den achtziger Jahren den Wasserverbrauch massiv verringert hatte.

Wie bereits 2008 gibt Winterthur auch dieses Jahr überschüssige Reserven in der Wasserrechnung an die Kundschaft weiter: «Wir schütten einen Bonus von 15 Prozent aus.» Zudem ist eine Tarifrevision in der Pipeline mit dem Ziel, den Kubikmeterpreis per Mitte 2011 zu senken. Ebenfalls neue Tarife sollen in Schaffhausen gelten, und zwar schon nächstes Jahr. Die Revision belastet Vielverbraucher stärker, sparsame Haushalte hingegen weniger stark als heute. Den Städtischen Werken bringt sie keine Mehreinnahmen, wie der Geschäftsleitungsvorsitzende Herbert Bolli festhält. Ausfälle wegen sinkenden Wasserverbrauchs würden «durch Erhöhung der Effizienz kompensiert».

Kostenoptimierung statt Tariferhöhung hat sich auch Regio Energie Solothurn vorgenommen. Man sei «bestrebt, Verbundlösungen mit Nachbargemeinden zu finden». Noch weiter geht Glarus: Der Kantonshauptort wird im Zuge der radikalen Gemeindestrukturreform mit Netstal, Riedern und Ennenda fusionieren – und von tieferen Wassertarifen profitieren. Für den 3-Personen-Haushalt sinkt die jährliche Trinkwasser-Rechnung um rund 70 Franken.

Beschwerden möglich

Die aktuellen Wassergebühren aller Schweizer Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern lassen sich im Internet beim Preisüberwacher abfragen. Erscheint der Preis als zu hoch, kann man zunächst vom Wasserversorger eine Erklärung verlangen. In einem weiteren Schritt lohnt sich allenfalls eine Beschwerde beim Preisüberwacher, der dazu ein spezielles Online-Formular anbietet. Zu hohe Wassertarife kann der Preisüberwacher zwar nicht einfach senken, aber über sein Empfehlungsrecht immerhin Druck auf das betreffende Wasserwerk ausüben.

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