Wehren Sie sich, wenn der Versicherungs-Agent Sie bedrängt
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K-Tipp 8/2000
19.04.2000
Policen erneuern: Vertreter operierten mit Druck und falschen Angaben.
Um Kunden ein neues Versicherungsprodukt schmackhaft zu machen, greifen Vertreter manchmal zu hemdsärmligen Methoden. Doch Konsumenten können sich wehren.
Der Brief begann verheissungsvoll: "Sehr geehrte Frau Schmid, seit Jahren gehören Sie zu unseren geschätzten Kunden", schrieb die Helvetia-Patria ihrer Versicherungsnehmerin Claudia Schmid aus Zürich.
Doch was sich anhörte ...
Policen erneuern: Vertreter operierten mit Druck und falschen Angaben.
Um Kunden ein neues Versicherungsprodukt schmackhaft zu machen, greifen Vertreter manchmal zu hemdsärmligen Methoden. Doch Konsumenten können sich wehren.
Der Brief begann verheissungsvoll: "Sehr geehrte Frau Schmid, seit Jahren gehören Sie zu unseren geschätzten Kunden", schrieb die Helvetia-Patria ihrer Versicherungsnehmerin Claudia Schmid aus Zürich.
Doch was sich anhörte wie die Ankündigung einer Treueprämie, entpuppte sich zwei Abschnitte später als handfeste Drohung: "Sie werden ersucht, den beiliegenden Antrag unterschrieben zurückzusenden. Sofern innert einer Woche weder Ihr Antrag noch eine schriftliche Nachricht von Ihnen eingeht, erhalten Sie eine neue Police gemäss Vorschlag." Die Prämie der Hausratversicherung erhöhe sich damit von 190 auf 320 Franken im Jahr.
"Für mein Verständnis grenzt dies an Nötigung", empörte sich Claudia Schmid in einem Brief an die Direktion der Helvetia-Patria.
Doch der Kundendienst der Versicherung sah das nicht so dramatisch. Er entschuldigte sich zwar für die kurze Frist. Das Vorgehen des Mitarbeiters an sich kritisierte er aber mit keinem Wort.
Stillschweigen des Kunden heisst nicht einfach "Ja"
Dabei ist die Rechtslage sonnenklar: Einer belastenden Vertragsänderung - zum Beispiel einer höheren Prämie oder schlechteren Bedingungen - muss der Versicherungsnehmer ausdrücklich zustimmen. Die Gesellschaft darf nicht einfach vom stillschweigenden Einverständnis des Kunden ausgehen, wenn sie nichts von ihm hört.
Das sieht man mittlerweile auch bei der Helvetia-Patria so: "Selbstverständlich kann die unverlangte Zusendung einer Police keinen Vertragsabschluss ersetzen", schreibt Adrian Jeker, Leiter PR und Information, dem K-Tip. Das Vorgehen im Fall Schmid entspreche "nicht dem üblichen Vorgehen der Helvetia-Patria" und sei "nicht korrekt" gewesen.
Was bei Vertragserneuerungen korrekt ist und was nicht, scheint sich auch andernorts noch nicht herumgesprochen zu haben. So versuchte ein Mitarbeiter der Winterthur Versicherungen im letzten Oktober, Margrith Keller aus Brugg AG eine neue Reiseversicherung unterzujubeln - mit irreführenden und auch falschen Angaben:
° "Ihre Police läuft am 30. November 1999 ab", schrieb der Versicherungsagent der Kundin. Deren Ehemann Kurt Keller ärgert sich: "Mit dieser Formulierung erweckte der Vertreter bei meiner Frau den Eindruck, dass der Versicherungsschutz Ende November erlöscht." Dem ist aber nicht so, denn Versicherungsverträge laufen nach dem Ende der vereinbarten Dauer automatisch weiter, sofern keine Partei gekündigt hat (siehe Kasten "Tipps").
° "Gemäss Tarifvorschriften muss ein abgelaufener Vertrag neu geordnet werden", behauptete der Agent weiter. Von wegen! Eine solche Vorschrift existiert nicht. Das bestätigt auch Ruedi Steiner, Leiter Media Relations bei der Winterthur.
° Schliesslich lockte der Brief mit der Aussicht, dass "Prämien und Versicherungsumfang unverändert bleiben". Auch das stimme nicht, heisst es bei der Winterthur. Die Prämie von Margrith Keller wäre gestiegen - bei teilweise besseren Leistungen.
Weshalb greifen denn Versicherungsvertreter zum Zweihänder, wenn es um Vertragserneuerungen geht?
Winterthur-Sprecher Ruedi Steiner spricht von "Übereifer", Adrian Jeker von der Helvetia-Patria vom "Druck von oben". Was keiner sagt: Die Aussendienst-Mitarbeiter erhalten für jede erneuerte Police eine Provision.
Prämien durchs Hintertürchen erhöhen
Denn nicht nur die Agenten, sondern auch die Gesellschaften selber sind daran interessiert, ältere Verträge durch neue zu ersetzen. So können sie zum einen die Prämie erhöhen, ohne sich auf die Prämienanpassungs-Klausel im klein Gedruckten berufen zu müssen, die dem Kunden ein Kündigungsrecht einräumt.
Zum andern vereinfacht es die Schadenerledigung, wenn alle Kunden den gleichen Vertrag und deshalb im Schadenfall die gleichen Leistungen zugut haben. "Damit sparen wir letztlich Kosten", sagt Peter Diethelm, Marketing-Leiter der italienischen Generali, die sich kürzlich