Mehrfahrtenkarten erleichtern Fahrten mit Bahn und Bus: Bevor man einsteigt, stempelt man die Karte am orangefarbenen Entwerter oder am Billettautomaten ab. Neben Mehrfahrtenkarten mit sechs Feldern gibt es praktische Multitageskarten. Diese kann man auf der gewählten Strecke an sechs ganzen Tagen benutzen.
Entwerter verschwinden
Damit ist nächstes Jahr Schluss: Die SBB und die anderen Bahn- und Busbetriebe schaffen die Karten zum Abstempeln 2025 ab. Das zeigt eine Umfrage des K-Tipp bei den Verkehrsverbünden und Betrieben des öffentlichen Verkehrs. Sie teilen mit, dass die orangen Entwerter im Dezember 2025 abgeschaltet und danach demontiert werden.
Die ÖV-Betriebe stellen den Verkauf von Mehrfahrtenkarten zum Teil schon früher ein, zum Beispiel die Verkehrsbetriebe Luzern im Oktober 2025. Zudem erhalten alle ab Dezember 2024 verkauften Stempelkarten ein fixes Ablaufdatum: 13. Dezember 2025. Mehrfahrtenkarten sind dann nicht wie heute ein Jahr lang gültig, sondern nur noch ein paar Monate oder Wochen.
Die SBB und weitere Bahn- und Busbetriebe begründen den Abbau damit, es lohne sich nicht mehr, Karten zum Abstempeln anzubieten, da die Nachfrage gering sei. Doch das stimmt nicht.
Solche Billette sind bei Kunden beliebt: Im letzten Jahr wurden total über 6,3 Millionen Stempelkarten verkauft, wie die Verkehrsverbünde auf Anfrage des K-Tipp sagen. Allein der Berner Verkehrsverbund Libero setzte im Jahr 2023 etwa zwei Millionen Stempelkarten ab. Trotzdem teilt der Branchenverband Alliance Swisspass mit: «Gemessen an der Gesamtzahl der Billette sind 6,3 Millionen Stempelkarten wenig.»
«Die SBB ignorieren die Realität»
Die Abschaffung der Mehrtageskarten bringt viele Eltern in Schwierigkeiten: Heute können Kinder im Primarschulalter solche Karten selbständig benutzen. Hingegen können sie kein digitales Billett kaufen, wenn sie kein Smartphone besitzen. Laut Zahlen des Bundesamts für Statistik besitzen 80 Prozent der Kinder im Alter bis 7 Jahren und 66 Prozent der Kinder bis 9 Jahren kein eigenes Handy.
Yvonne Feri vom Verband alleinerziehender Mütter und Väter kritisiert: «Viele Kinder können kein Billett auf dem Handy kaufen. Es ist unerhört, dass die SBB diese Realität einfach ignorieren.»
Von der Abschaffung der Mehrfachkarten sind auch andere Leute ohne eigenes Smartphone betroffen. Stefan Gribi von der Caritas sagt: «Arme Menschen können sich häufig kein Smartphone leisten oder bekommen von den Banken keine Kreditkarte.» Und Peter Burri von Pro Senectute hält fest: «Die SBB erschweren den Billettkauf immer mehr.»
Apps zeichnen Daten der Reisenden auf
Die SBB planten eine «digitale Mehrfahrtenkarte» für die Handy-App der Bahn, sagt Alliance Swisspass auf Anfrage von K-Tipp. Schon heute gibt es Mehrfachbillette in der App ÖV+ und in den Apps der Berner Bahngesellschaft BLS und des Zürcher Verkehrsverbunds (ZVV). Doch diese Apps sind Datenkraken: Sie zeichnen sämtliche Fahrdaten der Reisenden auf. Die SBB speichern persönliche Daten ihrer Kunden in über 100-seitigen Fichen für Werbung («Saldo» 9/2023).
So verhindert man die Erfassung von Daten
Gut zu wissen: Wer anonym Bahn fahren will und ein Abo hat, sollte bei Kontrollen den eigenen Swisspass zeigen und diesen nicht mit der Handy-App verknüpfen. Andernfalls zeichnen die SBB immer alle Kontrolldaten auf. Die erfassten persönlichen Daten kann man löschen lassen. Das SBB-Formular dazu gibt es im Internet unter Ktipp.ch/datenloeschen.
Mehrfahrtenkarten: Einige Verkehrsverbünde gewähren Rabatt
Die SBB geben bei Mehrfahrtenkarten keinen Rabatt: Eine Karte kostet gleich viel wie sechs Einzelfahrten.
Einige regionale Verkehrsverbünde zeigen, dass es anders geht: Sie gewähren bei Mehrfahrtenkarten Rabatte, die bei digitalen Varianten in den Verbund-Apps gleich sind wie bei Karten auf Papier: im Verbund Ostwind bis 8 Prozent, im Berner Verbund Libero und im Zürcher Verkehrsverbund (ZVV) bis 10 Prozent.
Wer Mehrfahrtenkarten auf Papier nicht ganz aufbraucht, kann sich den Restbetrag am SBB-Schalter erstatten lassen. Dafür zahlt man allerdings 10 Franken Gebühren. Der Branchenverband Alliance Swisspass verspricht gegenüber dem K-Tipp:
Beim Ablauf der Karten zum Abstempeln im Dezember 2025 werde es eine «Kulanzlösung» geben.