Ja. Es gibt zwar dazu in der Schweiz - soweit bekannt - keine Gerichtsurteile. Doch Kürzungen wegen Grobfahrlässigkeit sind grundsätzlich auch hier möglich.

Voraussetzung für eine Kürzung ist grobfahrlässiges Verhalten - etwa das Überfahren eines Rotlichts oder Fahren mit Alkohol im Blut.

Ist ein Autofahrer im Winter in einer Bergregion auf verschneiter Strasse mit Sommerpneus unterwegs, könnte dieses Verhalten als grobfahrlässig taxiert werden. Voraussetzung ist, dass die falsche Bereifung den Unfall zumindest mitverursacht hat.

Wer hingegen im Flachland schon im November von einem ersten Schneeschauer mit Sommerreifen überrascht wird, handelt nicht grobfahrlässig (höchstens leicht fahrlässig, aber dann sind in der Autoversicherung keine Kürzungen erlaubt).

Kürzung würde heissen:
- Von der Haftpflichtversicherung des fehlbaren Autolenkers erhalten Dritte, die geschädigt wurden, die volle Leistung. Die Haftpflichtversicherung kann aber auf den Unfallverursacher Regress nehmen, also einen Teil der Schadenzahlung von ihm einfordern.
- Eine Kürzung ist auch bei der Vollkaskoversicherung denkbar: Die Gesellschaft würde den Schaden am eigenen Auto des fehlbaren Autolenkers nur zum Teil ersetzen.
- Die Kürzung würde - je nach den konkreten Umständen - zehn Prozent oder allenfalls mehr betragen.
- Komplette Leistungsverweigerungen wie in Deutschland lässt das Schweizer Recht nicht zu.
- Einige Autoversicherungen verzichten grundsätzlich auf Leistungskürzungen bei Grob-fahrlässigkeit (ausser wenn Alkohol im Spiel ist). Bei vielen anderen Anbietern kann man diesen Verzicht mit einer Mehrprämie dazuversichern.

Übrigens: Auch die Unfallversicherung des Autofahrers könnte in einem solchen Fall die Unfalltaggelder kürzen (nicht aber die Arzt- und Spitalkosten).

(em)