Das neue Erwachsenenschutzrecht, das auf Anfang Jahr in Kraft getreten ist, sagt klar: Patientenverfügungen sind verbindlich. Das heisst: Die Ärzte müssen sich an die darin geäusserten Wünsche des Patienten halten.
In einer Patientenverfügung kann man zum Beispiel festhalten, ob man bei einer tödlichen Erkrankung auf lebensverlängernde Massnahmen verzichten will. Oder ob man auch bei aussichtsloser Prognose wünscht, mit allen Mitteln am Leben erhalten zu werden. Oder ob man den Einsatz der-art starker Schmerzmittel möchte, dass dies sogar zu einer Beschleunigung des Sterbeprozesses führen könnte.
In einer Patientenverfügung kann man auch eine Person bezeichnen, die dann entscheidungsberechtigt ist, wenn man sich selber nicht mehr äussern kann.
Ärzte haben nicht mehr freie Hand
Doch was gilt, wenn man keine solche Patientenverfügung hat? Auch dann entscheiden nicht die Ärzte, sondern es gilt neu eine gesetzlich festgelegte Vertretungsreihenfolge: Nach der «in einer Patientenverfügung oder in einem Vorsorgeauftrag» bezeichneten Person wäre das an zweiter Stelle der Ehegatte oder eingetragene Partner, gefolgt von erwachsenen Kindern und den Eltern.
Das heisst konkret:
- Wenn Ehepaare nichts regeln (also auch keine Vertretung benennen), kann ein Ehegatte bei medizinischen Massnahmen verbindlich für den anderen entscheiden.
- Bei eingetragenen Partnerschaften und Konkubinatspaaren gilt dasselbe.
- Bei Alleinstehenden oder Verwitweten, die keine Vertretung benannt haben, können gemäss der gesetzlichen Regelung allenfalls ihre Kinder entscheiden oder dann ihre Eltern oder Geschwister.
Wer eine Person bezeichnen will, die im Fall der Fälle stellvertretend entscheiden soll, kann das wie gesagt in der Patientenverfügung tun. Man kann eine solche Person aber auch im Rahmen eines Vorsorgeauftrags bezeichnen (siehe K-Tipp 1/13). Darin kann jede mündige und urteilsfähige Person bestimmen, wer sich um ihre persönlichen und finanziellen Angelegenheiten kümmern soll, wenn man wegen einer Krankheit, eines Unfalls oder im hohen Alter nicht mehr urteilsfähig sein sollte. In einem solchen Vorsorgeauftrag kann man auch festhalten, dass die Vertretung auch bei medizinischen Massnahmen gelten soll.
Was ist besser: Vorsorgeauftrag oder Patientenverfügung? Aus folgenden Gründen empfiehlt es sich, die Vertretung für medizinische Massnahmen nicht im Vorsorgeauftrag zu regeln, sondern in einer Patientenverfügung:
- Liegt eine Person urteilsunfähig im Spital und stellen sich heikle und dringende Fragen – zum Beispiel jene nach lebensverlängernden Massnahmen –, kann der in einer Patientenverfügung benannte Stellvertreter sofort mitreden und entscheiden. Einen Vorsorgeauftrag hingegen muss man zuerst der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde vorlegen. Diese stellt dann fest, ob er gültig und wirksam ist.
- Für eine gültige Patientenvollmacht genügt das Ausfüllen und Unterschreiben einer gedruckten Vorlage. Ein Vorsorgeauftrag hingegen muss von A bis Z handschriftlich verfasst sein.
Eine einfache Vollmacht genügt
Die Tatsache, dass neu eine vertretungsberechtigte Person in medizinischen Fragen mitentscheiden kann, hat noch eine andere Konsequenz: Es ist gar nicht mehr unbedingt nötig,
für den Fall von Urteilsunfähigkeit eine ausführliche Patientenverfügung mit detaillierten Wünschen im Voraus aufzusetzen. Es genügt, für diesen Fall eine vertretungsberechtigte Person zu benennen, von der der Auftraggeber annimmt, dass sie in seinem Sinne entscheiden wird.
Eine solche einfache Patientenvollmacht kann lauten: «Ich (Name, Adresse usw.) ernenne folgende vertretungsberechtigte Person, die im Falle meiner Urteilsunfähigkeit mit den behandelnden Ärzten die medizinischen Massnahmen besprechen und in meinem Namen entscheiden soll.» (Name der beauftragten Person, Adresse usw. angeben)
Eine Vorlage für eine solche Patientenvollmacht findet sich zum Beispiel auf der Internetseite der Non-Profit-Organisation Dialog Ethik (www.dialog-ethik.ch).
Auch auf der Homepage des K-Tipp findet man eine Vorlage für eine Patientenverfügung, mit der man eine vertretungsberechtigte Person bezeichnen kann.
Tipp: Ob Patientenverfügung oder Vorsorgeauftrag – man sollte unbedingt auch eine Stellvertretung benennen für den Fall, dass die eigentliche Vertretung nicht erreichbar ist oder ihre Aufgabe nicht erfüllen kann.
Buchtipp
Ende März erscheint eine komplett überarbeitete Neuauflage des «Saldo»-Ratgebers «Die Rechte der Patienten». Er beleuchtet alle rechtlichen Aspekte von Arztbehandlung und Spitalaufenthalt, und er informiert über das Recht auf Selbstbestimmung, Aufklärung und Datenschutz. Weitere Themen sind Patientenverfügung, Sterbehilfe und Organspende. Das Buch erläutert auch, wie Opfer von Behandlungsfehlern zu ihrem Recht kommen. Sie können das Buch über www.ktipp.ch oder mit der Karte nebenan bestellen.
Wichtige Punkte zur Patientenverfügung
- Die betreffende Person muss bei der Abfassung der Patientenverfügung urteilsfähig sein. Wird bei einer Person eine Demenz diagnostiziert, kann sie trotzdem noch urteilsfähig sein. Im Zweifelsfall sollte ein Arzt bestätigen, dass die Person im Zeitpunkt der Abfassung der Patientenverfügung urteilsfähig war.
- Die Patientenverfügung muss man schriftlich verfassen und mit dem Datum und der Unterschrift versehen.
- Im Unterschied zum Vorsorgeauftrag ist es möglich, für die Patientenverfügung eine vorgedruckte Vorlage zu nehmen, auszufüllen und zu unterschreiben.
- Auch urteilsfähige Minderjährige können eine Patientenverfügung erstellen.
- Die Patientenverfügung kann in der Versichertenkarte eingetragen werden, damit beim Eintritt ins Spital sofort festgestellt werden kann, ob jemand eine Verfügung verfasst hat. Bitten Sie Ihre Krankenkasse, das zu regeln. Auch alle in freier Praxis tätigen Ärzte müssen laut Gesetz anhand der Versichertenkarte überprüfen, ob der Patient eine Verfügung erstellt hat. Allerdings wird es noch eine Weile dauern, bis alle Hausärzte ein geeignetes Lesegerät haben.
- Bewahren Sie das Original der Patientenverfügung so auf, dass Angehörige sie leicht finden – zum Beispiel in Ihrem Schreibtisch. Denn eine Verfügung, von der niemand etwas weiss, nützt Ihnen nichts. Geben Sie Ihrer Vertrauensperson eine Kopie. Tragen Sie in Ihrem Portemonnaie einen Zettel mit der Bemerkung mit, dass Sie eine Patientenverfügung erstellt haben und wo diese aufbewahrt ist.
- Eine Patientenverfügung können Sie jederzeit ändern.
- Wird einer Patientenverfügung nicht entsprochen, so kann jede Person, die dem Patienten nahesteht, die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde anrufen, die dann einschreiten muss.