Wer hören will, zahlt viel
Hörbücher liegen im Trend. Aber: Wer Bestseller ab CD hören will, muss meist tief in die Tasche greifen.
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K-Tipp 16/2005
05.10.2005
Bennie Koprio - bennie.koprio@ktipp.ch
Ob auf einer langen Reise im Auto, Zug oder Flugzeug, ob zu Hause beim Bügeln oder Putzen: Immer mehr Leute lassen sich ein Buch ab CD vorlesen. «Hörbücher verzeichnen bei uns den grössten Zuwachs: 21 Prozent gegenüber 2004», so Peter Joos, Marketingleiter bei Orell Füssli. Und Audiobook-Spezialistin Sibylle Andreae von «Buch und Ton» sagt: «Hörbücher sind der einzige Bereich im Buchhandel, bei dem es aufwärts geht.»
Waren gemäss Angaben des Radiomagazins vor einem...
Ob auf einer langen Reise im Auto, Zug oder Flugzeug, ob zu Hause beim Bügeln oder Putzen: Immer mehr Leute lassen sich ein Buch ab CD vorlesen. «Hörbücher verzeichnen bei uns den grössten Zuwachs: 21 Prozent gegenüber 2004», so Peter Joos, Marketingleiter bei Orell Füssli. Und Audiobook-Spezialistin Sibylle Andreae von «Buch und Ton» sagt: «Hörbücher sind der einzige Bereich im Buchhandel, bei dem es aufwärts geht.»
Waren gemäss Angaben des Radiomagazins vor einem Jahr 8000 Titel im Angebot, sind es heute bereits 10 000. Die zunehmende Konkurrenz auf dem deutschsprachigen Hörbuchmarkt, auf dem mittlerweile rund 300 Verlage um Kundschaft buhlen, hat sich laut Andreae positiv ausgewirkt: «Vor acht Jahren hat da vielleicht irgendjemand vorgelesen - heute gibt es tolle Titel und sehr gute Sprecher.» Auch die Preise seien gesunken.
166 Franken für die «Buddenbrooks» auf CD
Trotzdem: Hörbücher sind grundsätzlich teuer. So kostet beispielsweise Wladimir Kaminers «Helden des Alltags» ab CD Fr. 27.50; das Taschenbuch ist 11 Franken günstiger. Wer sich Bill Clintons Autobiografie «Mein Leben» vorlesen lassen will, zahlt Fr. 48.50; das Paperback wird ab November für Fr. 23.80 angeboten. Die Skala ist nach oben offen: So schlagen etwa Thomas Manns «Buddenbrooks» mit Fr. 166.- zu Buche - obwohl die Vervielfältigung einer CD nicht mal 1 Franken pro Stück kostet.
Dass es auch günstiger geht, zeigt der deutsche Argon Verlag. Er verkauft Hörbücher namhafter Autoren schon ab 8 Franken pro CD. «Der Grund, weshalb wir Hörbücher für diesen Preis anbieten können, ist simpel», sagt Ulrich Nebroj, Vertreter von Argon in der Schweiz. «Das sind alles freie Texte ohne Urheberrechte, Klassiker, die 70 Jahre alt oder älter sind.» Ausserdem spare eine schlanke Produktion Kosten: Schlichte Kartonhüllen, keine Booklets und als Vorleser «zwar ausgebildete, aber noch unbekannte Sprecher, die keine Stargagen verlangen wie namhafte Schauspieler».
Kein Konkurrenzkampf über die Preise
Wer aber neue Werke günstig haben will, sucht im Buchhandel meist vergeblich. Obwohl immer mehr Händler in den Markt einsteigen und es für Audiobooks keine Preisbindung gibt, findet der Konkurrenzkampf kaum über die Preise statt. Dazu Peter Joos von Orell Füssli: «Die Verlage empfehlen einen Verkaufspreis und wir übernehmen diesen in der Regel.» Auch Sibylle Andreae von «Buch und Ton» hält es so: «Der Buchhandel übernimmt die Preisempfehlungen der Verlage.»
Eine heikle Praxis. Zwar hat sich die Wettbewerbskommission (Weko), die mit dem Schweizer Buchhandel seit Jahren wegen der Preisbindung im Clinch ist, noch nicht mit dem Hörbuchmarkt befasst. Das könnte sich aber ändern. Denn, so Weko-Präsident Walter Stoffel: «Eine Preisempfehlung ist zwar noch keine Preisabsprache. Aber der Markt muss zeigen, dass der Spielraum genutzt wird, dass es also unterschiedliche Preise gibt. Ist dies nicht der Fall, kann eine Preisempfehlung als Preisabsprache ausgelegt werden.»
Und dann müsste die Weko einschreiten.
Günstigere Alternativen
Wer günstiger zu Hörbüchern kommen will als zu den teuren Einheitspreisen der Buchbranche, hat Alternativen:
- Auch Bibliotheken führen meist Audiobooks.
- Hörbücher gibts als Download im Internet, etwa bei www.audible.de oder ab Mitte Oktober auch bei www.books.ch. Hörbücher im Internet-Format MP3 bieten zudem den Vorteil, dass man weniger schleppen muss: Thomas Manns «Buddenbrooks» umfasst zum Beispiel 22 CDs.
- Hörbuch-CDs bei deutschen Anbietern im Internet kaufen. Beispielsweise bei www.amazon.de.
- Hörbücher gibts auch kostenlos - bei www.vorleser. net. Das Angebot im MP3-Format umfasst Werke mit abgelaufenem Copyright von 50 Autoren.
- Und: Bei www.buch.ch werden auch diverse Neuerscheinungen einige Franken günstiger verkauft. Zwar übernimmt auch dieser Online-Shop die Preisempfehlungen der Verlage, wenn er die CDs über das Schweizerische Buchzentrum bezieht (zu erkennen an der ISBN-Nummer). Stammt genau dasselbe Produkt aber vom Lieferanten der Musikbranche (zu erkennen an der EAN-Nummer), ist es meist günstiger.
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