Werbefahrt: Geld futsch
Wer an Werbefahrten teure «Vitalstoffkuren» gekauft hat, kann vom Vertrag zurücktreten. Leider nützt das den Betroffenen nichts.
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K-Tipp 7/2007
11.04.2007
Viele Schweizerinnen und Schweizer haben die Trinkkur «Ondro und Andro» gekauft - für überrissene 1798 Franken. Der K-Tipp hat berichtet, dass dieses Lebensmittel im Ankauf nur gerade 94 Franken kostet (siehe Ausgabe 3/07).
Auf dem Kaufvertrag ist die Firma KHO von Dejan Bekic in Fällanden ZH als Vertragspartnerin genannt. Käufer können jederzeit von diesem Vertrag zurücktreten, weil das Rücktrittsrecht in diesen Formularen nicht korrekt formuliert ist. Und sie können ih...
Viele Schweizerinnen und Schweizer haben die Trinkkur «Ondro und Andro» gekauft - für überrissene 1798 Franken. Der K-Tipp hat berichtet, dass dieses Lebensmittel im Ankauf nur gerade 94 Franken kostet (siehe Ausgabe 3/07).
Auf dem Kaufvertrag ist die Firma KHO von Dejan Bekic in Fällanden ZH als Vertragspartnerin genannt. Käufer können jederzeit von diesem Vertrag zurücktreten, weil das Rücktrittsrecht in diesen Formularen nicht korrekt formuliert ist. Und sie können ihr Geld zurückverlangen.
Viele haben das getan. Wie zum Beispiel Guido Stoller aus Ottenbach ZH. Sein eingeschriebener Rücktrittsbrief an die KHO datiert vom 21. Februar 2007. Er hat seither nichts gehört, wie viele andere Bekic-Kunden auch nicht.
Damit stehen die Chancen schlecht, dass diese Kunden ihr Geld je wiedersehen. Denn beim Ausliefern und Einkassieren waren die Verkäufer äusserst schnell - wohl mit Absicht. Wenn der Kaufvertrag während der Werbefahrt unterschrieben wurde, kam die Lieferung schon am nächsten Vormittag ins Haus. Dabei wurde die Kaufsumme bar kassiert. Wer zurücktreten will, muss jetzt diesem Geld mühsam hinterherrennen.
Keine Reaktion auf Anwalts-Schreiben
Auch Schreiben von Anwälten bewirken nichts. Der Zürcher Anwalt Antoine Goetschel hat die KHO am 9. März eingeschrieben aufgefordert, einem seiner Klienten die bezahlte Summe zurückzuerstatten. Bekic hat die gesetzte Frist ohne Reaktion verstreichen lassen. Die Frage des K-Tipp, ob er Geld zurückzahlen werde, hat Bekic nicht beantwortet.
Dass die Opfer nichts hören, ist bei der KHO kein Zufall. Die gleichen Vorgänge werden auch aus Österreich gemeldet - dort war Bekics Firma ebenfalls mit dem Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln aktiv. Das österreichische Verbrauchermagazin «Konsument» berichtet, Käufer hätten auf ihre Rücktrittsschreiben hin kein Geld erhalten.
Bekics Verkaufsveranstaltungen laufen aber weiter. Gemäss den aktuellsten Lesermeldungen an den K-Tipp wird jetzt an den Werbefahrten, für die Bekic die Einladungen verschickt, das Produkt Cardicethin Plus verkauft. Der deutsche Hersteller Wichmann & Stiefel selber bezeichnet es als Nahrungsergänzungsmittel - und dafür fordern die Verkäufer überrissene 1848 Franken für eine Dreimonatskur. Der K-Tipp weiss, dass der Hersteller dafür nur rund 80 Franken verlangt.
Auch hier berichten Teilnehmer von unzulässigen Gesundheitsanpreisungen: Cardicethin Plus helfe bei Blasenschwäche, Leber-, Nieren- und Prostataproblemen, sei behauptet worden. Ausserdem könne man damit 7 bis 25 Kilo abnehmen.
Besonders tückisch: Auf den Kaufverträgen ist jetzt nicht mehr die KHO von Dejan Bekic als Vertragspartnerin aufgeführt, sondern eine Wellness & Health Ltd. in London. Für Käuferinnen und Käufer ist das ein entscheidender Nachteil: Wer bei einer Firma im Ausland einen Kaufvertrag rückgängig machen und das bereits bezahlte Geld zurückhaben will, hat erst recht einen schweren Stand.
Schlau machten es Elisabeth Fischer aus Bern und ihr Bruder Eduard Iseli aus Bäriswil BE: Sie unterschrieben zwar für eine Packung, doch als ein Mercedes-Fahrer mit deutschen Kennzeichen am anderen Tag die Ware übergeben und kassieren wollte, nahmen sie nichts an und zahlten auch nichts. Sondern sagten ihm, sie seien vom Vertrag zurückgetreten. So verlieren sie nur gerade die Anzahlung von 50 Franken.
Die dreiste Drohung des Auslieferers können sie getrost vergessen: «Nehmen Sie sich einen Anwalt, das hat noch ein Nachspiel!», habe er gesagt, denn das Rücktrittsrecht nach Obligationenrecht gelte nicht für Bern, weil der Vertrag in Engelberg OW ausgestellt worden sei. Selten wurde auf der Redaktion des K-Tipp so gelacht.
Jüngster Lockvogel: Besuch bei Alpenbitter
Der neuste Streich von Bekic: Er verschickt Einladungen auch unter dem Slogan «Glücks-Agentur». Als Lockvogel dient nicht mehr Engelberg, sondern die Spirituosen-Herstellerin Appenzeller Alpenbitter AG in Appenzell IR. Dort steht eine Führung durch die Produktion auf dem Programm sowie die Besichtigung der «wohlgehüteten Kräuterkammer».
(em)