Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt: Nur gesundheitlich unbedenkliche, in ihrer Zusammensetzung ausgewogene Lebensmittel sollen an Kinder vermarktet werden dürfen. Anfang Jahr konkretisierte das WHO-Regionalbüro für Europa, wann ein Produkt diese Anforderungen erfüllt. Es definierte in seiner Empfehlung unter anderem die Maximalgehalte an Zucker, Salz und Fett bzw. gesättigten Fetten für 17 Lebensmittelkategorien.
Vor diesem Hintergrund hat die deutsche Konsumentenschutzorganisation Foodwatch 281 bei Kindern beworbene Produkte genauer unter die Lupe genommen. Resultat: Nur 29 der 281 Produkte erfüllen die WHO-Kriterien. Dies, obwohl sämtliche Lebensmittel der Untersuchung von Herstellern stammen, die sich in einer freiwilligen Selbstverpflichtung dazu bekannten, Kinder mit ihren Produkten nur auf verantwortungsvolle Weise zu umwerben.
Viele der beanstandeten Lebensmittel sind auch in der Schweiz erhältlich. Etwa die Cerealien «Choco Krispies» von Kellogg’s und «Cini-Minis» von Nestlé, die «Pom-Bär»-Chips von Intersnack oder der «Danonino Drink» von Danone. Sie alle genügen den WHO-Kriterien nicht, weil sie zu viel Zucker oder zu viel Salz enthalten.
Für alle wird aber in TV-Spots oder auf firmeneigenen Internetseiten kinderwirksam die Werbetrommel gerührt. So werden auf der Website von Kellogg’s die «Choco Krispies» – ihr Markenzeichen ist das Äffchen Coco – unter anderem beschrieben als «ein schokoladiger Frühstücksspass, der die Abenteuer von Coco und seinen Freunden auch an deinen Frühstückstisch bringt».
Lustige Spiele und Sammelaktionen
Die Websites Cini-Minis.com und Pom-Baer.ch wiederum ködern Kinder mit diversen Internetspielen. Und Danone, dessen Danonino-Drink-Fläschchen als lustige Figuren gestaltet sind, lockt mit der Aussicht auf die «stetig neuen Kollektionen zum Sammeln».
Das Fazit der Foodwatch-Untersuchung lautet denn auch deutsch und deutlich: «Die freiwillige Selbstverpflichtung der Lebensmittelindustrie verhindert das an Kinder gerichtete Marketing von unausgewogenen Lebensmitteln nicht.» Ein wesentlicher Grund gemäss der Studie: «Die Nährwertgrenzen, wonach ein Produkt als ungesund gilt, sind im Vergleich zu den WHO-Nährwertkriterien zu lasch.»
Das sieht man bei den kritisierten Lebensmittelproduzenten anders, wie eine Umfrage des K-Tipp zeigt: Pom-Bär-Hersteller Intersnack argumentiert, dass seine Nährwertkriterien «bewusst von unabhängigen Ernährungswissenschaftern für an Kinder gerichtetes Marketing entwickelt» worden seien und laufend weiterentwickelt würden.
Nestlé sagt, die Wirksamkeit der Selbstverpflichtung werde jährlich von unabhängigen Organisationen überprüft und sei für 2014 erneut belegt worden. Kellogg’s lobt vor allem sich selbst und gibt an, die Nährwerte der eigenen Produkte fortwährend «anhand aktueller Ernährungsforschung und den sich verändernden Verbraucherwünschen» zu optimieren.
Auch Hersteller Danone klopft sich selber auf die Schulter, setzt sich die Firma doch nach eigenen Angaben «seit jeher für eine ausgewogene Ernährung ein und orientiert sich dabei an langfristigen Zielen».
Das dürfte die Meinung des stellvertretenden Foodwatch-Geschäftsführers Matthias Wolfschmidt wohl kaum ändern. Für ihn ist nach der Foodwatch-Studie klar: «Die wohlklingenden Versprechen und Selbstverpflichtungen der Lebensmittelbranche sind nur billige PR-Manöver.»