Wie «Adonis» zu einem neuen Besitzer kam
Wer bei Konsumenten-Datenbanken Auskünfte über sich selber einholt, kann sein blaues Wunder erleben: Verwechslungen, unzulässige Rechnungen und Kauderwelsch-Auskünfte sind an der Tagesordnung.
Inhalt
K-Tipp 11/2003
04.06.2003
Thomas Müller - tmueller@ktipp.ch
Unser Rolf! Inhaber der Sauna Adonis in Zürich! Manch einer auf der Redaktion fragte sich: Ist Rolf bei seiner Arbeit nicht ausgelastet? Braucht er einen Zusatzverdienst?
Tatsache ist: K-Tipp-Redaktor Rolf Muntwyler hat mit der Sauna Adonis nichts zu tun. Er wurde Opfer einer Verwechslung bei der Zürcher Bonitäts-Datenbank Creditreform Egeli. Der richtige Sauna-Besitzer ist ein Namensvetter aus einem anderen Kanton.
Creditreform ersetzte Fehler durch Fehl...
Unser Rolf! Inhaber der Sauna Adonis in Zürich! Manch einer auf der Redaktion fragte sich: Ist Rolf bei seiner Arbeit nicht ausgelastet? Braucht er einen Zusatzverdienst?
Tatsache ist: K-Tipp-Redaktor Rolf Muntwyler hat mit der Sauna Adonis nichts zu tun. Er wurde Opfer einer Verwechslung bei der Zürcher Bonitäts-Datenbank Creditreform Egeli. Der richtige Sauna-Besitzer ist ein Namensvetter aus einem anderen Kanton.
Creditreform ersetzte Fehler durch Fehler
Bemerkt hat Muntwyler den Fehler nur, weil er bei einer K-Tipp-Stichprobe mitmachte: 22 Personen haben bei den vier grössten Schweizer Konsumenten-Datensammlern Deltavista, Infoscore Zoom, Intrum Justitia und Zentralstelle für Kreditinformation Einblick in ihre Daten verlangt. Jene 13 Tester, die im Kanton Zürich wohnen, haben sich ausserdem bei Creditreform Egeli Zürich, einem Mitglied des Schweizerischen Verbandes Creditreform, nach den über sie gespeicherten Daten erkundigt.
Das positive Ergebnis vorweg: Alle Fragesteller haben eine Antwort erhalten - und zwar rasch. Meist lagen die Auskünfte schon nach 10 Tagen im Briefkasten, obwohl das Datenschutzgesetz den Firmen 30 Tage Zeit lässt.
Weniger erfreulich ist der Inhalt der Schreiben. Er zeigt, dass oft schlampig gearbeitet wird. Im Einzelnen:
- Bei Creditreform war Redaktor Muntwyler nicht nur als Saunainhaber verzeichnet, sondern auch als «Verwaltungsangestellter».
Auf die Reklamation hin löschte die Datenfirma zwar diesen veralteten Eintrag, ersetzte ihn aber kurzerhand durch «Unternehmensberater». Wie Creditreform darauf kam, ist schleierhaft.
Claude Federer, Sekretär beim Schweiz. Verband Creditreform, ist der Fall peinlich: «Der Vermerk "Unternehmensberater" ist aus Versehen angebracht und mittlerweile durch "Journalist" ersetzt worden.» Wieso die zwei Muntwylers verwechselt wurden, lasse sich «nicht mehr rekonstruieren».
- Deltavista schickte einem Anfrager fälschlicherweise einen Auszug über dessen Bruder. Abteilungsleiter Ueli Sandmeier bedauert: «Die Antwort war eine Verwechslung, sprich Unachtsamkeit unseres Mitarbeiters.»
- Infoscore Zoom sandte eine Auskunft an die falsche Adresse. Vier weiteren Briefen lag eine Rechnung über Fr. 21.50 bei - für «Umtriebe und Porto». Das ist unzulässig, denn laut Datenschutzgesetz sind Selbstauskünfte grundsätzlich kostenlos.
Geschäftsführerin Liliane Rosser, die zwei Schreiben selber unterzeichnet hatte, lässt über ihren Anwalt ausrichten, dass «für Selbstauskünfte keine Rechnungen mehr gestellt werden».
Heisst «positiv» gute oder schlechte Zahler?
- Mehrere Bescheide enthielten Formulierungen, aus denen nicht einmal der Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, Kosmas Tsiraktsopoulos, schlau wird. So hiess es in zwei Schreiben von Infoscore Zoom: «Überprüfung positiv vom ...» Und Intrum Justitia verwirrte zwei Anfrager mit dem Hinweis: «Es besteht ein positiver Eintrag über ...»
Ob «positiv» für den Konsumenten tatsächlich positiv ist oder auf eine schlechte Zahlungsmoral schliessen lässt, ist nicht klar. Deshalb bemängelt Tsiraktsopoulos: «Unverständliche Formulierungen haben in einer Datenauskunft nichts zu suchen.» Eine K-Tipp-Nachfrage bei Intrum Justitia ergab, dass «positiv» für einen guten Zahler steht; Infoscore Zoom antwortete nicht.
- Keines der Unternehmen informierte die Anfrager konsequent über seine Datenbank (Zweck, Datenempfänger etc.), obwohl diese Angaben laut Gesetz in jeder Auskunft enthalten sein müssten. Am besten schnitten hier noch Deltavista und Creditreform ab, die wenigstens zum Teil einen Info-Brief mitschickten. Infoscore Zoom, Intrum Justitia und die Zentralstelle für Kreditinformation (ZEK) foutierten sich um die Vorschrift.
- Ärgerlich auch der Antwort-Musterbrief der ZEK: «Falls Sie innert 30 Tagen keinen Auszug erhalten, sind über Sie keine Daten registriert.» Eine ausdrückliche Bestätigung, dass über den Anfrager nichts gespeichert ist, gibt die ZEK nur auf Wunsch ab. Wer eine solche Negativauskunft wünscht, muss also zweimal schreiben.
«Mit dieser Praxis wollen wir Auswüchse wie in Deutschland verhindern, wo Auskünfte als Bonitätszeugnisse beispielsweise für zukünftige Vermieter missbraucht werden», schreibt ZEK-Sekretär Robert Simmen dem K-Tipp. Das liege auch im Interesse der Konsumenten.
Vor allem aber liegt es im Interesse der ZEK. Denn Simmen stört sich daran, dass Selbstauskünfte kostenlos sind: «In Deutschland können dafür wenigstens Gebühren verrechnet werden. Demgegenüber müsste die ZEK solche als Bonitätszeugnisse missbrauchten Auskünfte gratis liefern. Das ist inakzeptabel.»
Schauen Sie den Datensammlern auf die Finger!
Wer einen verwechslungsträchtigen Namen hat oder vermutet, dass falsche Daten herumgeistern, sollte wie folgt vorgehen:
- Verlangen Sie Einblick in die über Sie gespeicherten Daten. Legen Sie dem Brief eine Ausweiskopie bei. Die Auskunft muss innert 30 Tagen kostenlos erfolgen.
Die grössten Bonitäts-Datenbanken führen:
- Deltavista AG, Goldbacherstrasse 8 - 8700 Küsnacht
- Infoscore Zoom AG, Ifangstrasse 8 - 8952 Schlieren
- Intrum Justitia AG, Eschenstrasse 12 - 8603 Schwerzenbach
- Schweizerischer Verband Creditreform, Teufener Strasse 36 - 9000 St. Gallen
- Zentralstelle für Kreditinformation, Toblerstrasse 97, Postfach 382, 8044 Zürich
- Fragen Sie, wann und wie Ihre Daten in die Datenbank kamen und an wen sie weitergegeben wurden.
- Sind die gespeicherten Daten falsch, fordern Sie das Unternehmen auf, sie zu berichtigen und die Empfänger der falschen Daten entsprechend zu informieren. Verlangen Sie dafür eine schriftliche Bestätigung.
- Enthält Ihre Selbstauskunft auch Angaben zum Ehepartner, kann dieser die Löschung seiner Daten verlangen, sofern keine gemeinsamen ehelichen Schulden bestehen.
- Sie selber können die Löschung Ihrer Daten verlangen, sofern über Ihre Zahlungsfähigkeit nichts Negatives bekannt ist. «Bei guten Zahlern gibt es keinen Rechtfertigungsgrund für das Speichern von Bonitäts-Daten», bestätigt Kosmas Tsiraktsopoulos, Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten.
- Achtung: Wer nicht im Telefonbuch eingetragen und bei Datensammlern unbekannt ist, gilt als nicht kreditwürdig. Er erhält etwa von Versandhäusern meist keine Ware auf Rechnung (K-Tipp 4/03).
- Musterbriefe für alle Situationen finden Sie auf der Homepage des Datenschutzbeauftragten (www.edsb.ch/ d/doku/musterbriefe).