Stefan Eugster Stamm hat im Keller seines Mehrfamilienhauses in Basel einen etwas ungewöhnlichen Mieter: Ein IT-Unternehmen hat hier einen seiner Rechner hineingestellt. Dieser verarbeitet Tag und Nacht Kundendaten und gibt ständig Wärme ab.
Normalerweise lagern solche Rechner in grossen Serverfarmen, wo sie mit viel Energieaufwand gekühlt werden müssen. Anders der Computer im 100-jährigen Mehrfamilienhaus, das Eugster Stamm gehört: Er arbeitet nicht nur im Dienst einer IT-Firma, sondern versorgt die Mieter zugleich mit Warmwasser und Heizenergie.
Wagemut – und einige missglückte Versuche
Auf diese Idee kam das Basler Energieunternehmen IWB. Projektleiter Dominik Born erinnert sich, woher der Anstoss kam: «Ein Kollege erzählte mir, dass sein Rechner im Keller die Wäsche rasch trockne.» Bis es allerdings so weit war, dass ein Rechner für Warmwasser und Heizenergie sorgt, brauchte es Wagemut und einige teilweise auch missglückte Versuche.
Normalerweise werden Rechner mit Luft gekühlt. Doch heisse Luft leitet kaum und lässt sich schlecht zum Heizen verwenden. Wasser eignet sich dafür besser, würde aber beim Kontakt mit dem Rechner sofort zu einem Kurzschluss führen.
Also versenkten die Tüftler der IWB die Rechnermodule in ein spezielles Ölbad, denn Öl leitet keinen Strom. Tatsächlich rechnete der Computer munter weiter und heizte das Öl auf. Dieses wiederum heizte einen Plattenwärmetauscher auf, der für warmes Heiz- und Duschwasser sorgte. «Unsere Fritteuse» nennen Born und Eugster Stamm mitunter ihre Computerheizung scherzend. Allerdings «kocht» der Rechner das Öl nur auf 50 Grad, bei höheren Temperaturen würde er nicht mehr voll funktionieren.
An warmen Tagen könnte es ihm schnell zu heiss werden, weil Computer zu jeder Jahreszeit am Rechnen sind und ständig Wärme produzieren: «Im Sommer, wenn im Haus niemand heizt oder warmes Wasser braucht, müssen wir den Überschuss vernichten», erklärt Dominik Born. «Wir kühlen dann den Rechner ohne zusätzliche Energie herunter», fügt Born hinzu.
Umgekehrt können die Rechner das Haus an kalten Wintertagen zu wenig heizen. Sie liefern konstant eine Leistung von vier Kilowatt. Ist das zu wenig, schaltet die bestehende Gasheizung zu. Es wäre zwar kein Problem, mehr Rechner zu installieren und damit immer genug Wärme zu produzieren. Doch dann müsste die Anlage im Sommer zu stark gekühlt werden.
Gemäss Stefan Eugster Stamm gibt die Computerheizung nicht mehr zu tun als eine andere Heizung. Seit Februar hat sich der Versuchsbetrieb der Anlage so eingependelt, dass die Computerheizung ohne Pannen funktioniert.
Mehrere Tonnen CO2 eingespart
Die IWB wollen weitere solche Anlagen installieren. Sie produzieren weniger Schadstoffe. Innert acht Monaten sparte die Nutzung der Computerabwärme im Vergleich zu einer Gasheizung 1,3 Tonnen CO2. Dazu kamen noch 0,8 Tonnen weniger CO2-Ausstoss, da die Rechner nicht gekühlt werden müssen.
Dominik Born sagt: «In vielen Häusern der Stadt ist es schwierig, grosse Heizanlagen für Pellets oder ei-ne Wärmepumpe zu bauen. Dort sind Computerheizungen eine Alternative.» Sie brauchen wenig Platz, und es sind keine grossen Bauarbeiten nötig. Es braucht nur einen Glasfaseranschluss, damit die Computer arbeiten können.
Sinnvoll ist die Nutzung der Abwärme allerdings nur dann, wenn Rechner installiert werden, die sowieso irgendwo laufen würden. Das Problem ist: Im Moment gibt es laut Born noch nicht so viele Firmen, die ihre Daten dezentral in einem Privathaus arbeiten lassen möchten.
Angst um die Daten müssten die IT-Unternehmen nicht haben, sagt Born. Möglicherweise seien kleine dezentrale Rechner im Keller eines Privathauses sogar sicherer als eine auffällige grosse Serverfarm.
Heizen: Abwärme des Computers ist günstiger als Gas
Die Mieter der Basler Liegenschaft zahlten für die Computerabwärme zunächst gleich viel wie für Gas. Das hat sich mit den gestiegenen Gaspreisen geändert: Heute kommt die Computerabwärme günstiger. Für die Basler Energieversorgerin IWB ist diese Art von Wärmeversorgung noch ein Verlustgeschäft. Würden solche Heizungen aber Standard, könnten sie ökonomisch betrieben werden, sagt Projektleiter Dominik Born. Weitere Infos: Iwb.ch/serverheizung.