Zahltag für die Mutter
Wenn Angehörige behinderte Unfallopfer pflegen, haben sie eine Entschädigung zugut. Diese entspricht den vollen Kosten einer externen professionellen Betreuung.
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K-Tipp 13/2003
20.08.2003
Ernst Meierhofer - emeierhofer@ktipp.ch
Aeusserlich sieht man Isabelle K. die Folgen des Unfalls nicht an. Einzig der etwas unsichere Gang verrät, dass sie vor 13 Jahren - sie war mit dem Töff unterwegs - von einem Auto angefahren und schwer verletzt wurde.
Doch im täglichen Leben sind die Konsequenzen verheerend. Die schweren Hirnverletzungen hinterliessen so gravierende Schäden, dass die heute 32-Jährige nie mehr ein selbständiges Leben führen kann, sondern auf Betreuung angewiesen bleibt.
Derzei...
Aeusserlich sieht man Isabelle K. die Folgen des Unfalls nicht an. Einzig der etwas unsichere Gang verrät, dass sie vor 13 Jahren - sie war mit dem Töff unterwegs - von einem Auto angefahren und schwer verletzt wurde.
Doch im täglichen Leben sind die Konsequenzen verheerend. Die schweren Hirnverletzungen hinterliessen so gravierende Schäden, dass die heute 32-Jährige nie mehr ein selbständiges Leben führen kann, sondern auf Betreuung angewiesen bleibt.
Derzeit übernimmt ihre Mutter diese Betreuung. Freiwillig. Das Unfallopfer kann also weiterhin zu Hause bleiben und muss nicht ins Pflegeheim.
Das Bundesgericht setzt den Tarif fest
Dass Angehörige ein Familienmitglied pflegen und betreuen - das ist in der Schweiz keine Seltenheit. Ein Bundesgerichtsurteil, das Isabelle K. zusammen mit ihrem Anwalt erstritten hat, sorgt nun dafür, dass diese Freiwilligen dafür auch angemessen entschädigt werden, falls ein «Täter» für die körperliche oder geistige Beeinträchtigung geradestehen muss.
Die Juristen sprechen hier vom Pflege- und Betreuungsschaden. Das sind die wichtigsten Grundsätze dazu, die gemäss Bundesgericht heute als Standard gelten:
- Die betreuende Person - im Fall K. die Mutter - erhält als Entschädigung genau so viel Geld, wie eine fremde, professionelle Betreuung kosten würde. Im konkreten Fall hat «Lausanne» festgelegt, dass die Mutter pro Woche 31,5 Stunden eigentliche Pflegeleistungen erbringt und dafür auf der Basis eines Krankenschwestern-Bruttolohnes von 4500 Franken zu entschädigen ist.
- Dazu kommen noch Anteile für den 13. Monatslohn sowie weitere 10 Prozent für Sozialversicherungsbeiträge.
- Diese Entschädigung muss dazu noch jährlich der Teuerung angepasst werden, genauer dem so genannten Nominallohnindex des Bundesamts für Statistik.
Der Vorteil dieser Regelung liegt für das Unfallopfer auf der Hand. Es erhält so viel Geld, dass es jederzeit ersatzweise eine professionelle Hilfe anfordern und auch bezahlen kann, falls die Angehörigen ihren Freiwilligendienst nicht mehr leisten können oder wollen.
Bezahlen muss im Fall K. die Autohaftpflicht-Versicherung des schuldigen Autofahrers. Und es ist nicht der einzige Posten. Unfallopfer haben noch mehr zugut:
- Isabelle K. erhält auch den so genannten Haushaltführungsschaden ersetzt, also einen materiellen Ersatz für die Unfähigkeit, einen Haushalt zu führen. Dies gilt selbst dann, wenn das Opfer zum Zeitpunkt des Unfalls noch gar nicht allein wohnte. Auch hier ist massgebend, was eine fremde Haushalthilfe kosten würde; im konkreten Fall wurde mit einem Stundenansatz von 27 Franken gerechnet.
- Zu ersetzen ist auch der Erwerbsausfall; der Schuldige muss dem Opfer also das zahlen, was es künftig nicht verdienen kann.
- Dazu kommt noch ein Schmerzensgeld, im konkreten Fall 150 000 bis 200 000 Franken. Darüber streitet sich das Opfer noch mit der Versicherung.
Das alles klingt einfach - ist aber im Detail sehr kompliziert. Unfallopfer sind gut beraten, wenn sie einen versierten Anwalt beiziehen. Viele wichtige Details zum Thema stehen auch im neuen Saldo-Ratgeber (siehe Kasten).
Das Buch für Unfall-Opfer
In den nächsten Tagen erscheint der Saldo-Ratgeber «Unfall-Opfer: Das sind ihre Ansprüche». Das 160-seitige Buch erläutert in einem ersten Teil, was die Versicherungen zahlen, wenn jemand einen Unfall erleidet. Angesprochen sind die Leistungen von Unfall- und Invalidenversicherung, Pensionskasse und Opferhilfe.
Den zweiten Schwerpunkt bilden Haftungsfragen. Diese Aspekte kommen dann zum Zug, wenn es für den Unfall einen Schuldigen gibt. Das Buch schildert ausführlich die Voraussetzungen für eine Haftung und zeigt auf, wie einzelne Schadenposten (inklusive Schmerzensgeld) berechnet werden und wie man die Forderungen durchsetzt.
Für die Bestellung benutzen Sie bitte die Karte auf Seite 9.