Zank von Hecke zu Hecke
Ob Glockengeläut, wuchernde Pflanzen oder streunende Katzen: Wer sich über Nachbarn ärgert und gegen sie gerichtlich vorgeht, muss mit hohen Kosten rechnen - und nach dem Urteil geht der Streit oft weiter.
Inhalt
K-Tipp 6/2006
22.03.2006
Bennie Koprio
Bis vor Bundesgericht ging ein Anwohner, weil ihm das Glockengeläut der Kirche von Gossau ZH den Schlaf raubte. Er blitzte ab: Die Glocken dürfen in Gossau weiterhin im Viertelstundentakt die Uhrzeit verkünden.
Auch Paul Parijs Schlaf wird durch Gebimmel gestört - dies, obwohl die Kühe auf den angrenzenden Weiden im Kanton Schwyz eigentlich keine Glocken tragen dürften. Doch der benachbarte Bauer hält sich nicht ans Verbot.
Streit unter Nachbarn gibt es immer...
Bis vor Bundesgericht ging ein Anwohner, weil ihm das Glockengeläut der Kirche von Gossau ZH den Schlaf raubte. Er blitzte ab: Die Glocken dürfen in Gossau weiterhin im Viertelstundentakt die Uhrzeit verkünden.
Auch Paul Parijs Schlaf wird durch Gebimmel gestört - dies, obwohl die Kühe auf den angrenzenden Weiden im Kanton Schwyz eigentlich keine Glocken tragen dürften. Doch der benachbarte Bauer hält sich nicht ans Verbot.
Streit unter Nachbarn gibt es immer häufiger - vor allem auf dem Land, sagt Daniel von Burg vom Schweizerischen Verband der Friedensrichter. «Denn einerseits wird der Lebensraum enger, andererseits vertragen die Leute weniger als früher.» Können sich die Streithähne vor dem Friedensrichter nicht einigen, wird es gemäss Erfahrung der Rechtsschutzversicherungen meist teuer.
Versicherung zahlt höchstens Fr. 500.-
Assista, die grösste der Branche, versichert solche Streitigkeiten seit Jahren nicht mehr und zahlt beispielsweise maximal 500 Franken für eine Beratung. «Wenn die Parteien nicht auf die Kosten achten müssen, weil sie eine Rechtsschutzversicherung haben, wird es noch schlimmer», sagt Michael Bolt von Assista. Zwar ist der Grundsatz des Nachbarrechts einfach: Jeder ist verpflichtet, auf seinen Nachbarn Rücksicht zu nehmen.
Verboten sind insbesondere alle schädlichen und ungerechtfertigten Belästigungen, etwa durch Rauch, Lärm, Gestank und Erschütterungen. Verboten sind auch optisch störende Anlagen. «Normale» Begleiterscheinungen des Zusammenlebens müssen Nachbarn hingegen dulden.
Nur: Wo die Grenzen des Zumutbaren liegen, bleibt letztlich eine Sache des Ermessens. Und was zumutbar ist, hängt auch vom Ort ab.
Vor Gericht ist ferner nicht die persönliche Befindlichkeit des Klägers massgebend, sondern wie ein Durchschnittsmensch in dieser Situation empfinden würde.
Ein paar Beispiele aus der Gerichtspraxis:
- Die Bewohner eines Mehrfamilienhauses wehrten sich erfolgreich gegen einen Sexsalon in der obersten Etage. Ein Anwohner klagte in einem Kurort jedoch erfolglos gegen ein benachbartes Striptease-Lokal.
- Ein Spielplatz in einem vornehmen Villenquartier durfte bleiben - trotz Kinderlärm. Eine Schreckschussanlage hingegen, mit der ein Landwirt die Vögel von seinem Kirschbaum in der Nähe eines Wohnhauses verjagte, musste der Bauer entfernen.
- Ein Papagei musste in ein anderes Zimmer umquartiert werden, weil er die Nachbarn mit seinem Gekrächze nervte. Die Anwohner einer belebten Durchgangsstrasse konnten sich jedoch nicht gegen scheppernde Garagentüren wehren.
Lieber vorher reden als nachher klagen
Rechtsexperten empfehlen, Nachbarschaftskonflikte am besten erst gar nicht aufkommen zu lassen. Wer etwas plant, was die anderen stören könnte - von der Geburtstagsfeier über das Biotop bis zum Anbau -, sollte sich deshalb vorher mit den Nachbarn absprechen. Das erspart Missverständnisse, Spannungen und teure Prozesse.
Und bevor jemand seinen Nachbarn vor Gericht zerrt, sollte er an die Zukunft denken. «Denn selbst wenn ein Prozess gewonnen ist», so Thomas Oberle vom Hauseigentümerverband, «man hat danach immer noch denselben Nachbarn.»
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