Zu wenig Schutz und viel zu viel Schmutz
«Wie zufrieden sind Sie mit der Bahn?», fragten K-Tipp und der Verein Pro Bahn die K-Tipp-Leser. Resultat: Die meisten wollen sicherere und sauberere Züge und mehr Personal.
Inhalt
K-Tipp 20/2003
26.11.2003
Markus Kellenberger - mkellenberger@ktipp.ch
Vielen Schweizerinnen und Schweizern ist die Eisenbahn alles andere als egal. 4076 Personen schickten den zweiseitigen Fragebogen ein. Zu beantworten waren 67 Detailfragen zu den Bereichen Dienstleistungen, Reisekomfort, Sicherheit und Personal.
Bei der Auswertung zeigte sich, dass Frauen und Männer die Bahn - auch punkto Sauberkeit und Sicherheit - praktisch gleich bewerten.
Generelles Urteil: Nur 4 Prozent aller Teilnehmenden finden, das Verkehrsangebot der Bahn ...
Vielen Schweizerinnen und Schweizern ist die Eisenbahn alles andere als egal. 4076 Personen schickten den zweiseitigen Fragebogen ein. Zu beantworten waren 67 Detailfragen zu den Bereichen Dienstleistungen, Reisekomfort, Sicherheit und Personal.
Bei der Auswertung zeigte sich, dass Frauen und Männer die Bahn - auch punkto Sauberkeit und Sicherheit - praktisch gleich bewerten.
Generelles Urteil: Nur 4 Prozent aller Teilnehmenden finden, das Verkehrsangebot der Bahn (Fahrplan, Verbindungen, Anschlüsse, Wartezeiten und Pünktlichkeit) sei «schlecht». Knapp ein Drittel empfindet es als «befriedigend» und zwei Drittel als «gut» (siehe Grafik).
Das zeigt sich auch in den mehr als tausend Begleitbriefen, die den eingeschickten Fragebogen beigelegt waren. «Bitte kein Kesseltreiben gegen die Bahn», schreibt beispielsweise Markus Gaegauf aus Oberrieden ZH, für den der auf Schienen gebotene Service weitgehend stimmt.
In der Regel folgt auf Lob jedoch gleich auch Tadel. Und worüber sich die Leserinnen und Leser in den Begleitbriefen hauptsächlich ärgern, spiegelt sich deutlich in den Umfrageresultaten in den folgenden Bereichen wider (siehe auch Grafiken).
Sauberkeit: In den Regional- und S-Bahnen sind nur 13 Prozent der Umfrage-Teilnehmer mit der Sauberkeit in den Wagen zufrieden, betreffend der Hygiene auf den Toiletten sind es sogar nur gerade 8 Prozent. Die überwiegende Mehrheit empfindet die herrschenden Umstände in den Nahverkehrszügen als «schlecht».
Sauberkeit: Problem erkannt
Etwas besser kommen die Züge im Fernverkehr (IC, EC, Regioexpress) weg. Doch auch hier zeigt sich deutlich: Den meisten Reisenden ist die Sauberkeit in den Wagen und auf den Toiletten nur ein «befriedigend» wert.
«Das Problem ist uns bekannt», nimmt SBB-Pressechef Danni Härry Stellung. Aus diesem Grund wollen die SBB künftig mobile Reinigungsequipen einsetzen, die durch die Züge gehen und Müll einsammeln. «Wir sind jedoch froh, wenn uns die Kunden helfen und etwa ihre Zeitungen beim Aussteigen wieder mitnehmen», nimmt er im Gegenzug die Bahnkunden in die Pflicht. Denn: «Es ist ja nicht so, dass die SBB den Schmutz selber in die Züge tragen.»
Sicherheit: Auch hier schneiden Regional- und S-Bahnen schlechter ab als Fernverkehrszüge. In den Regional- und S-Bahnen beurteilen 77 Prozent der Reisenden die Situation hinsichtlich Vandalismus als «schlecht» (40 Prozent in Fernzügen), in Bezug auf Belästigungen durch andere Fahrgäste sind es 43 Prozent (21 Prozent in den Fernzügen).
Personalpräsenz: In den letzten 15 Jahren haben die SBB laufend Personal abgebaut, nicht zuletzt auch im Bereich Kundendienst und Zugbegleitung. Dass dies gegen den Wunsch der Kunden geschah, belegen nicht nur viele Begleitschreiben, sondern zeigt auch die Umfrage.
Die Mehrheit der Bahnkunden holt sich Auskünfte und Billette am liebsten an bedienten Schaltern. Deshalb wünschen sie sich auch Öffnungszeiten, die der Betriebszeit der Bahn und nicht den üblichen Bürozeiten entsprechen.
Besonders scharf kritisiert werden unbegleitete Regional- und S-Bahnen. Aber auch in Fernzügen macht das Bahnpersonal in den Augen vieler Reisender häufig zu wenig Kontrollgänge. «Schwarzfahrer und Randalierer werden so belohnt und uns normalen Benützern wird das Bahnfahren verleidet», schreibt dazu Thomas Ramseier aus Bern.
44 Prozent der Umfrage-Teilnehmenden beurteilen denn auch die Personalpräsenz in Bahnen und auf Bahnhöfen generell als «schlecht» und 41 Prozent als nur «befriedigend».
Kein Wunder, wünschen sich 78 Prozent der Befragten - ganz besonders in den von Schmutz und Vandalismus stark betroffenen Regional- und S-Bahnen - in allen Zügen Personal.
Zugbegleiter erhöhen das Sicherheitsgefühl
Dass mehr Zugbegleiter das Sicherheitsgefühl ihrer Kunden erhöhen, wissen die SBB. Doch das sei «eine ausserordentlich teure Massnahme», sagt Härry. Die SBB sparen zwar mit dem Abbau der Zugbegleiter jährlich 72 Millionen Franken, wie die Zeitschrift Saldo (15/03) belegt hat. Das ist jedoch weit weniger, als der durch Randalierer und Schwarzfahrer verursachte Schaden kostet.
Laut SBB-Sprecher Härry sind deshalb Bahnpolizisten im Kampf gegen Randalierer die «angemessenere Antwort». Da gibt ihm die Umfrage Recht. Rund die Hälfte der Teilnehmer beurteilt die zunehmend durch Bahnpolizisten vorgenommenen Kontrollgänge im Interesse von Sicherheit und Sauberkeit zwar als «gut» - die Erreichbarkeit in Notfällen aber mehrheitlich als «schlecht».
Um diesem Missstand innert Kürze Abhilfe zu verschaffen, schlägt K-Tipp- Leserin Regula Stern aus Brione s. M. TI den SBB ein bestechend einfaches und kostengünstiges Rezept vor: «Schreibt doch in jedem Wagen die Notfallnummer der Bahnpolizei an.»
Und die Gewinner sind...
Reka-Checks, Eisenbahn-Bücher aus dem AS-Verlag und Jahresabos der Zeitschrift «Infoforum» des Vereins Pro Bahn haben gewonnen:
Cristina Boschi, Manno; Markus Diener, Gossau; Philipp Gafner, Uttigen; Matthias Grimm, Schafis; Beat Kaderli, Basel; Renate Keller, Schwarzenburg; Lilo Kernbach, Wollerau; Eveline Nussbaumer, Villmergen; Rose-Marie Rössler, Wettingen; Angela Zwisler, Würenlos.
Bahnkunden haben die Nase voll von unbegleiteten Zügen
1847 Frauen und 2229 Männer nahmen an der Umfrage teil. Durchwegs schlechte Noten gab es für die Bereiche Sauberkeit, Sicherheit und Personalpräsenz. Hier wünscht sich die Mehrheit spürbare Verbesserungen. Unter www. ktipp.ch oder www.pro-bahn.ch finden Sie die detaillierten Resultate zu allen 67 Punkten des Fragebogens.