Replay-TV ist beliebt. Das zeitversetzte Fernsehen erlaubt es den Zuschauern, Sendungen noch bis zu sieben Tage nach der Erstausstrahlung anzuschauen. Werbung können sie einfach überspulen.
Replay-TV bieten Swisscom, Sunrise, UPC, Zattoo und andere mit entsprechenden Abos an. Sie zahlen den TV-Stationen eine Gebühr dafür, dass sie Sendungen speichern und zeitversetzt zugänglich machen können. Unter dem Strich liefern sie den Sendern dafür und für Live-TV «einen dreistelligen Millionenbetrag» pro Jahr ab, wie Swisscom-Chef Urs Schaeppi Anfang März in einem Interview sagte.
Doch das genügt den TV-Stationen nicht. SRG-Sprecher Edi Estermann: «Durch das Überspulen von TV-Werbung entgehen den Sendern Werbeeinnahmen, die nicht kompensiert werden.» Auf Druck der Fernsehanstalten finden jetzt Verhandlungen mit Swisscom & Co. statt.
Allerdings: Zuschauer und Zahler haben in diesen Branchenverhandlungen keine Stimme. Entsprechend unerfreulich sind ihre Perspektiven.
Unterbrecherwerbung oder teurere TV-Abos
Zur Debatte steht: Wer eine Sendung zeitversetzt sehen will, soll künftig zuerst einige Sekunden Werbung anschauen müssen. Bei Filmen droht gar nichtüberspulbare Unterbrecherwerbung von 100 Sekunden. Zu befürchten ist, dass sich Zuschauer höchstens dann vor dieser Zwangswerbung bewahren können, wenn sie bereit sind, deutlich mehr für ihr TV-Abo zu zahlen.
Die schlechten Aussichten für die Zuschauer sind besonders ärgerlich, weil nicht klar ist, wie weit die sinkenden Werbeerträge der Fernsehstationen überhaupt auf Replay-TV zurückzuführen sind. Auf Anfrage teilt die SRG zwar mit, dass ihre Werbeeinnahmen von 2016 bis 2019 um 60 Millionen Franken geschrumpft seien. Sie sagt aber nicht, in welchem Mass das zeitversetzte Fernsehen verantwortlich sein soll.
Bei den Verbänden Suissedigital und Swissstream, die Swisscom, Sunrise, UPC und Co. vertreten, hält man die Klagen der TV-Sender für ein Jammern auf hohem Niveau. Replay-TV wegen der Werbeausfälle an den Pranger zu stellen, sei unangebracht. Es habe massgeblich dazu beigetragen, dass nicht noch mehr Zuschauer zu den Streamingportalen wie Netflix, Disney+ und Amazon Prime abgewandert seien.
Kommt hinzu: Die TV-Stationen erhalten den Rückgang ihrer Werbeeinkünfte bald schon zumindest teilweise kompensiert. Mitte April beschloss der Bundesrat, den Sendern ab 2021 mehr Geld aus der Radio- und Fernsehsteuer zu gewähren. Der Zuschuss an die SRG steigt damit um 50 Millionen auf 1,25 Milliarden Franken. Das Geld stammt aus den Kassen der Haushalte.