Das zerrt an den Nerven: Man sitzt am Flughafen und kommt nicht weg. Weil der Flug grosse Verspätung hat. Oder überbucht wurde. Oder gar ganz ausfällt.
Immerhin haben Passagiere in solchen Fällen – je nach den konkreten Umständen – unter anderem Anspruch auf Verpflegung, Rückerstattung der Ticketkosten und auf Entschädigung. Das geht aus der europäischen Passagierrechtsverordnung hervor, die in der Schweiz seit rund achteinhalb Jahren gilt.
Keine Airline musste Maximalbusse zahlen
Doch viele Fluggesellschaften foutieren sich um die gesetzliche Regelung. Dies wohl auch aus der Gewissheit heraus, für ihre Unterlassungen nur selten bestraft zu werden: Beim Bundesamt für Zivilluftfahrt sind bis Ende des letzten Jahres insgesamt 19 593 Anzeigen wegen Verstössen gegen die Passagierrechte eingegangen. Bussen für die Airlines gab es bloss in rund 500 Fällen. Sie verteilen sich auf 19 Fluggesellschaften.
Auch bezüglich der Höhe der Bussen müssen sich die Kassenwarte der Fluggesellschaften keine allzu grossen Sorgen machen. Das Bundesamt kann laut Gesetz Geldstrafen bis maximal 20 000 Franken verhängen – hat das aber noch nie getan. Die bislang höchste Busse belief sich laut Sprecher Urs Holderegger auf «unter 5000 Franken».
Billligflieger zahlten 250-mal aus Kulanz
Gegen welche Airlines schon Verfahren wegen allfälliger Passagierrechtsverstösse liefen und welche Airlines wie oft gebüsst wurden, verschweigt das Bundesamt.
Der K-Tipp fragte deshalb bei sechs Gesellschaften direkt nach:
- Edelweiss Air und Helvetic Airways geben an, noch keine Bussen erhalten zu haben.
- Auch Swiss sagt: «Uns sind im Zusammenhang mit der erwähnten Verordnung keine Bussen bekannt.»
- Airberlin dagegen vermeldet, vom Schweizer Luftfahrtsamt «2014 in acht Fällen mit Bussen belegt» worden zu sein.
- Easyjet und Etihad Regional blieben die Antwort schuldig.
Das Vorurteil allerdings, wonach sogenannte Billig-flieger ihren Kunden bei Problemen besonders oft die kalte Schulter zeigen, wird durch die Angaben aus dem Bundesamt nicht bestätigt. Die Billig-Airlines zeigten sich letztes Jahr offenbar deutlich passagierfreundlicher als die traditionellen Fluggesellschaften. Konkret waren sie in rund 250 Fällen zu Entschädigungen bereit, obwohl sie keine Busse riskiert hätten, so Bundesamtssprecher Urs Holderegger. Und: «Bei den traditionellen Airlines finden bei den Verfahren, die das Bundesamt führt, vergleichsweise wenige solcher Kulanzzahlungen statt.»
1 Details: K-Tipp-Merkblatt «Das Wichtigste zum Reiserecht» unter www.ktipp.ch/Service/Merkblätter/Freizeit + Verkehr
Annullierungen auf Platz eins
Die Zahl der Beschwerden verärgerter Flugpassagiere ist in den letzten Jahren kräftig gestiegen:
Wegen vermuteter Verstösse gegen Passagierrechte gingen 2012 beim Bundesamt für Zivilluftfahrt total 2260 Anzeigen gegen Fluggesellschaften ein.
Letztes Jahr waren es bereits 3532. «Davon bezog sich die Mehrheit auf sogenannte traditionelle Fluggesellschaften», hält das Bundesamt gegenüber dem K-Tipp fest.
Bei 1187 der 3532 Beschwerden ging es um Flugannullierungen. 1098-mal führten Verspätungen zu Anzeigen, 256-mal Überbuchungen und 991-mal andere Gründe, wie zum Beispiel ein verpasster Anschlussflug.
Aktuell sind Verfahren zu rund 720 Passagieranzeigen im Gang. Sie betreffen 49 Airlines.