Die Betreibergesellschaft des schwedischen Atomkraftwerks Oskarshamn entschied Mitte Oktober, den Reaktor 2 nie mehr hochzufahren. Die Aussichten, je wieder profitabel Strom zu produzieren, seien gleich null, teilte Direktor Johan Svenningsson den Medien mit. Die Strompreise seien zu tief, die Betriebskosten des AKWs zu hoch. Kein Einzelfall: In Schweden werden drei weitere Reaktoren wegen fehlender Rentabilität vorzeitig abgestellt.
Der stillgelegte Atommeiler Oskarshamn 2 hat zwei Gemeinsamkeiten mit dem AKW Beznau in der Schweiz:
- Der Reaktor an der Ostküste Schwedens ist nur fünf Jahre jünger als Beznau 1. Der Aargauer Alt-Reaktor ist bereits seit 46 Jahren in Betrieb und damit das älteste Atomkraftwerk der Welt.
- Der schwedische Reaktor wurde wie Beznau teuer renoviert. Im Juni 2013 stellten die schwedischen Betreiber das AKW ab, um es für rund 900 Millionen Franken zur modernisieren. Die Arbeiten sollten ursprünglich zehn Monate dauern und die Lebensdauer des Reaktors um 20 Jahre verlängern. Doch nach 28 Monaten Umbauzeit entschieden die Betreiber, das AKW definitiv vom Netz zu nehmen. Die Axpo nahm Beznau 1 im März ebenfalls vom Netz. Es soll für 700 Millionen Franken modernisiert werden, um die Lebensdauer «deutlich über das Jahr 2020» zu verlängern. Das AKW wäre dann mehr als 60 Jahre in Betrieb.
925 Materialfehler im Druckbehälter
Eigentlich sollte Beznau 1 im Juli wieder den Betrieb aufnehmen. Doch dann fand die Axpo im Reaktordruckbehälter 925 Materialfehler. Ob und wann es wieder hochgefahren wird, entscheidet das Eidgenössische Nuklearsicherheitsinspektorat Ensi frühestens im ersten Quartal 2016.
Im Gegensatz zu den AKW-Betreibern in Schweden hält die Axpo an ihrem Atomkraftwerk fest. Es leiste einen «positiven Deckungsbeitrag», sagt die Axpo. Ein Weiterbetrieb sei ökonomisch sinnvoll. Um die Investitionen zu rechtfertigen, brauche es eine lange Betriebsdauer.
Tatsache ist: Je früher die Axpo das Atomkraftwerk Beznau 1 vom Netz nehmen muss, desto teurer wird es für die Betreiberin. Laut Berechnungen von Greenpeace-Experte Florian Kasser müsste die Axpo bei einer sofortigen Ausserbetriebnahme mindestens 1,2 Milliarden Franken abschreiben. Dazu kommen Kosten für die Stilllegung und Entsorgung von über 3,12 Milliarden Franken, die aus zwei Fonds bezahlt werden sollen. So hoch ist die offizielle Kostenschätzung.
Damit in diesen Stilllegungs- und Entsorgungsfonds genug Geld liegt, muss die Axpo laut Bundesamt für Energie bis im Jahr 2020 noch 595,2 Millionen Franken einzahlen. Danach muss sie für Beznau keine fixen jährlichen Einzahlungen mehr leisten. Denn im Jahr 2020 wird das AKW 50 Jahre in Betrieb sein und damit das buchhalterische Pensionsalter erreichen. Ohne jährliche Fondsbeiträge wird die Produktion einer Kilowattstunde Atomstrom günstiger.
Rückbaufonds mit hohen Nettorenditen
Gleichzeitig wächst das Kapital der Fonds mit jedem Jahr, in dem das AKW über das 50. Betriebsjahr hinaus am Netz bleiben kann. Denn die Rückbaufonds tragen Zinsen.
Per Ende 2014 betrugen die Einlagen 2027 Millionen Franken. Davon stammen rund 55 Prozent von der Axpo. Die restlichen 45 Prozent erwirtschafteten die Fonds durch Zinsen und Zinseszinsen. In den letzten zehn Jahren zahlte die Axpo für Beznau 314,7 Millionen Franken in die Fonds. Diese erwirtschafteten Nettorenditen in der Höhe von 248,2 Millionen.
Die Axpo sagt, die Anlagerenditen der Fonds spielten keine «unmittelbare Rolle» bei der Rentabilitätsberechnung des Weiterbetriebs. Fakt ist: Je länger die Axpo das AKW Beznau über 50 Jahre hinaus betreiben kann, desto grösser ist der Beitrag des Zinses an die Stilllegungs- und Entsorgungskosten und desto kleiner die direkten Fondseinzahlungen. Das bestätigt auch das Bundesamt für Energie.