Die Energieetikette – eine Erfolgsgeschichte»: So titelt der Fachverband Elektroapparate für Haushalt und Gewerbe Schweiz (FEA) in einer Broschüre.
Erfolgsgeschichte? Schon eher eine grosse Mogelei. Das zeigt eine Untersuchung von fünf grossen europäischen Organisationen, die sich mit Energieeffizienz, Umweltschutz und Apparatebau beschäftigen.
Sie prüften die Energieetiketten von 80 Kühlgeräten. Die sparsamsten Geräte kennzeichnet man mit A+++, es folgen die Klassen A++, A+, A, B, C und D. Wichtig zu wissen: Die Daten für die Vergabe der Energieetiketten stammen von den Herstellern.
Und die Untersuchung bringt gravierende Mängel an den Tag:
- Jede fünfte Energieetikette zeigte eine falsche Energieeffizienzklasse. Im krassesten Fall war das Gerät um drei Effizienzklassen zu gut deklariert.
- Sogar 23 Prozent zeigten einen falschen Energieverbrauch. Und dies, obwohl eine Abweichung bis zu 15 Prozent noch innerhalb der Toleranz liegt.
- Zwischen 10 und 30 Prozent betrug die Fehlerquote bei den restlichen Kriterien.
- Insgesamt waren 57 Prozent der Energieetiketten fehlerhaft.
Und die Tester waren erst noch wohlwollend. Wenn sie ein Gerät beanstandet hatten, dann beschafften sie drei weitere identische Geräte, um nachzuprüfen, ob der erste Befund stimmte. Kein Wunder, dass der ganze Test eine Million Euro verschlang.
Für die Tester ist das Ergebnis ernüchternd: «Konsumenten müssten sich darauf verlassen können, dass die Angaben auf der Energieetikette stimmen», schreiben sie. «Und Hersteller müssten sich darauf verlassen können, dass sich alle Mitbewerber an die Regeln halten.»
Doch das ist nicht der Fall. Fehlerhafte Energieetiketten fanden die Tester vor allem
- bei Kühlschränken mit verschiedenen Klimazonen und bei Tiefkühlgeräten
- häufiger bei billigen Apparaten, seltener bei teuren
- und eher bei Geräten, deren Herkunft nicht deklariert war oder nur sehr summarisch. Zum Beispiel «EU».
Schweizer Behörde schützt Mogler
Die Tester haben im September über die Resultate informiert: die Aufsichtsbehörden der einzelnen EU-Länder, die Hersteller, aber auch die Öffentlichkeit. So sind im Internet für jedes einzelne Gerät die detaillierten Testergebnisse einsehbar (www.atlete.eu).
Gleich gelagerte Gerätetests gibt es auch in der Schweiz. Sie wurden vom Bundesamt für Energie in Auftrag gegeben. Aber im Gegensatz zu den EU-Testern verheimlichen die Schweizer Behörden die Ergebnisse mit dem fadenscheinigen Argument «Datenschutz». Das heisst: Das Bundesamt für Energie schützt die Mogler.
Übrigens: Selbst wenn sich die Hersteller an die Vorschriften halten, sind die Energieetiketten nicht unbedingt verlässlich. Denn wenn die Hersteller die Toleranzen ausreizen, können sie ihre Geräte um eine Effizienzklasse zu hoch bewerten. Aus einem A+ wird so ein A++ – und dies völlig legal.
Fernseher: Der Trick mit der Helligkeit
Auf Anfang nächstes Jahr wird in der Schweiz die Energieetikette für Fernseher eingeführt. Doch schon jetzt ist klar: Verlässlich ist sie auch hier nicht. Laut der entsprechenden EU-Richtlinie wird der Stromverbrauch nämlich im sogenannten Home-Mode gemessen. Dies ist die Einstellung, die der Hersteller empfiehlt.
Wie hell der Bildschirm im Home-Mode ist, bestimmt der Hersteller selber. Einzige Bedingung: Es müssen mindestens 65 Prozent der maximalen Helligkeit sein. Deshalb wenden verschiedene Hersteller einen kleinen Trick an, wie die Stiftung Warentest herausgefunden hat: Sie senken die maximale Helligkeit ihrer Geräte. Und damit natürlich auch die Helligkeit im Home-Mode. Resultat: Die Geräte verbrauchen weniger Strom – aber nur theoretisch. Denn Warentest sagt: «So möchte niemand fernsehen.» Es kann also sein, dass ein A-klassiges, also scheinbar sparsames Gerät bei vernünftiger Bildeinstellung eigentlich B-klassig wäre.
Sparlampen: Viele sind nur B-klassig
Auch Sparlampen sind punkto Energieverbrauch nicht immer so effizient, wie auf der Verpackung steht. Viele verbrauchen mehr Strom als angegeben.
Beim K-Tipp-Test von Energiesparlampen (Ausgabe 14/2011) hat das Prüflabor gemessen, wie effizient die Sparlampen tatsächlich sind. Dazu haben die Experten ermittelt, wie viel Licht die Lampe im Verhältnis zum Stromverbrauch erzeugt.
Die Tester prüften bei jeweils drei Mustern jeder Lampe, ob sie die deklarierte Effizienzklasse A einhalten. Negativ aufgefallen war insbesondere die Migros-MClassic-Energiesparlampe (Fr. 4.95/2 Stück): Alle drei Prüfmuster verbrauchten bereits im Neuzustand so viel Strom, dass sie in die Effizienzklasse B fallen – das ist für eine Sparlampe bestenfalls Mittelmass.
Auch bei Prima Vista (Fr. 3.95, Landi) und Osram Duluxstar Mini Ball (Fr. 9.80) erreichte je eine von drei Lampen nur die Effizienzklasse B.
Mit der Brenndauer nimmt die Leistung ab
Sind die Lampen einige Zeit in Betrieb, verschlechtert sich ihr Wirkungsgrad. Die Laborexperten haben nach 2000 Stunden Brenndauer erneut gemessen und festgestellt, dass nun insgesamt sechs Lampen die Kategorie A verfehlen:
- Philips Softone (Fr. 9.90)
- Megaman Compact Classic 1 (Fr. 11.90)
- Prima Vista Stab (Fr. 1.95, Landi)
- Prima Vista Birne (Fr. 3.95, Landi)
- Osram Duluxstar Mini Ball (Fr. 9.80)
- MClassic (Fr. 4.95/ 2 Stück, Migros)
Alle diese Lampen landeten in der Effizienzkategorie B. Der Grund: Sie hatten bereits nach kurzer Zeit eine deutlich geringere Lichtleistung als im Neuzustand. Dies, obwohl die Hersteller eine Lebensdauer von bis zu 15 000 Stunden versprechen.