Bahnreisen ins Ausland: So kommen Sie ohne böse Überraschungen ans Ziel

Mit dem Zug in die Ferien? Aus der Schweiz sind noch ein gutes Dutzend Länder direkt zu erreichen. Doch das Reisen – vor allem in den Süden – wird immer beschwerlicher.

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saldo 10/2010

25.05.2010

ask, res

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Warteschlangen am Check-in, Sicherheitschecks, Einschränkungen beim Gepäck – das alles ist für Bahnreisende kein Thema. Sie können in den Bahnhöfen in den Stadtzentren einsteigen, die Beine ausstrecken und abfahren. Der Zug könnte deshalb für Reisen ins Ausland eine angenehme Alternative zum Flug sein.

Dass er das oft nicht ist, hängt mit der Organisation der Bahnen zusammen. Jeder Staat hat seine eigene Bahn. Und jede Bahnverwaltung baut zuerst das Netz im eigenen Land aus. Folge: Die grenzüberschreitenden Linien sind vernachlässigt, die eingesetzten Wagen können auch mal dem tiefsten Komfortstandard entsprechen. Und Eurocitys sind teils langsamer unterwegs als andere Züge.

Die Bahnverhältnisse in Europa sind so unterschiedlich, dass nur gut Informierte zufrieden reisen. saldo hat die wichtigsten Tipps:

Tickets: Können am Bahnschalter, im Internet oder per Tel. 0900 300 300, Fr. 1.19/Min. vom Schweizer Festnetz, erworben werden. Wer ins Ausland reist, zahlt einen Zuschlag, wenn er sein Billett am Schalter oder Telefon kauft: 5 Franken pro Person und Reise.

Fahrpläne: Für Destinationen ab der Schweiz unter Sbb.ch, Daten zum TGV gibts unter www.tgv-europe.ch, zum City-Night-Line-Nachtzug unter www.citynightline.ch.

Reservation: Die meisten internationalen Züge sind reservationspflichtig. Das hat den Vorteil, dass man mit einem Sitzplatz rechnen kann. Nachteile: Die Tickets sind zuschlagspflichtig und nur in bestimmten Zügen gültig. Die Reisezeiten sind somit inklusive Rückreise fix festgelegt.

Es besteht im Zug keine freie Sitzwahl, Familien oder Gruppen reisen nicht unbedingt im gleichen Abteil. Wer Pech hat, fährt einen Tag lang rückwärts oder ohne Aussicht neben dem Gepäckabteil. Und wenn, wie kürzlich beim neuesten Cisalpino-Modell, die elektronischen Wagenanzeigen nicht funktionieren, herrscht Chaos, weil viele Passagiere ihren Platz nicht finden.

Verbindungen: Aktuell gibt es aus der Schweiz ein gutes Dutzend Direktverbindungen an ausländische Destinationen (siehe unten). In den letzten Jahren sind einige beliebte Direktzüge weggefallen – vor allem in den Süden. Ab Zürich ist heute in Mailand Endstation. Weggefallen sind einige Direktverbindungen nach Venedig, Rom, Ligurien, an die Adria. Venedig ist noch aus Genf und Brig direkt erreichbar.

Fahrzeiten: Mit der Bahn in die Ferien verreisen kann man leicht tagsüber. Die Nachtverbindungen sind spärlich geworden: Aus der Schweiz fahren Nachtzüge nur noch nach Barcelona, Leipzig, Dresden, Berlin, Flensburg, Kopenhagen, Amsterdam, Wien, Graz, Prag, Budapest, Belgrad und Moskau.

Umsteigen: Wer in den Süden reist, muss fast immer in Mailand umsteigen. Dort ist häufig Improvisationstalent gefragt, etwa wenn der pannenanfällige Cisalpino aus Zürich verspätet ankommt. Ist der Anschlusszug bereits abgefahren, sind die Reservationen für den Anschlusszug verfallen. Und wer am Schalter eine Reservation für den nächsten Zug buchen will, ist wegen der vollbesetzten Intercitys in Italien kurzfristig meist erfolglos.

Preise: Eine internationale Zugfahrt ist preislich gegenüber dem Flugzeug nicht immer konkurrenzfähig. Eine Retourfahrt für eine Person im TGV von Zürich nach Paris am 5./12.Juni hätte zum Beispiel am 6. Mai 327 Franken gekostet. Ein Flug in der Economy-Klasse war bei Air France bereits für 181 Franken erhältlich.

Preislich attraktiv können Nachtzugfahrten sein: Ein Retourbillett für eine Person in einem 6-Betten-Abteil von Zürich nach Prag im Juni hätte am Stichtag 225 Franken gekostet. Einen Flug mit Czech Airlines gab es für 198 Franken. Mehr Schlafkomfort im Zug ist aber deutlich teurer: 310 Franken im Economy-Zweier-Abteil oder 480 Franken im Economy-Einer-Abteil.

Am teuersten ist das Deluxe-Single-Abteil mit 650 Franken. Dafür erhält man eine eigene Dusche. Wer das Verkehrsmittel nach dem Kriterium des günstigsten Preises wählt, sollte immer Flug- und Bahnpreise vergleichen.

Komfort: Der Preis des Tickets sagt nichts über den Komfort einer Reise aus. Entscheidend ist, welche nationale Gesellschaft die Komposition stellt. Französische TGV und deutsche ICE sind Klassenbeste. Die international im Einsatz stehenden Schweizer Kompositionen sind jedoch ziemlich angejahrt, die verlotterten Cisalpini ein einziges Ärgernis: defekte Türen, geschlossene WCs, kaputte Sitze auch in der ersten Klasse sind keine Seltenheit.

Speisewagen: Wer einen Tag oder eine Nacht per Bahn unterwegs ist, hat vielleicht mal Hunger oder Durst. Daraus darf nicht geschlossen werden, dass es in den internationalen Zügen eine Minibar oder gar einen Speisewagen gibt. Selbst auf achtstündigen Reisen nach Brüssel beispielsweise gibts in den SBB-Kompositionen nicht einmal eine Minibar («K-Tipp» 14/09). Auf die TGV und ICE ist jedoch Verlass.

Sauberkeit: Flugpassagiere können beim Einsteigen damit rechnen, dass der Abfall der letzten Reisenden vom Personal entfernt, die WCs gereinigt und die Sitze gesäubert wurden. Von Bahnkunden ist Toleranz gefordert, denn bei den Zügen ist das nicht einmal immer bei den Abgangsbahnhöfen der Fall. Besonders unrühmlich sind auch hier wieder die SBB-Züge: Wer in Zürich, Venedig oder Mailand den Cisalpino besteigt, kann durchaus den Abfall der letzten Reisenden vorfinden.

Gepäck: Restriktionen für Gepäck wie beim Flugzeug gibts bei der Bahn in der Regel nicht. Die Ausnahme: Bei den Nachtzügen der City-Night-Line ist nur die Mitnahme von Handgepäck und einem Koffer oder einer Reisetasche pro Person zugelassen.

Velo: Wer sein Velo mitnehmen will, muss die Züge sorgfältig auswählen. In den schnellsten Intercitys sind Velos häufig nicht zugelassen. Für den Veloselbstverlad benötigt man eine internationale Fahrradfahrkarte für die gewählte Strecke. Es ist eine Reservation für 15 Franken pro Velo erforderlich. Die internationale Fahrradkarte kostet pro Velo 20 Franken. Die internationale Fahrradkarte wird auch auf den Nachtzügen von City-Night-Line akzeptiert.

Destinationen

Ohne Umsteigen mit dem Zug ins Ausland? Das sind die aktuellen Destinationen, die aus Basel, Bern, Zürich oder Genf direkt erreichbar sind:

Italien: Mailand, Venedig
Spanien: Barcelona
Frankreich: Paris, Marseille, Montpellier, Nizza
Belgien: Brüssel
Niederlande: Amsterdam
Deutschland: München, Stuttgart, Frankfurt, Köln, Hamburg, Berlin, Leipzig, Dresden, Flensburg, Kiel
Dänemark: Kopenhagen
Russland: Moskau
Österreich: Salzburg, Wien, Graz
Serbien: Belgrad (über Zagreb)
Tschechien: Prag
Ungarn: Budapest

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