Peter Bleuler (Name geändert) aus Seon AG hat ein 3.-Säule-Konto bei der Vorsorgestiftung der Neuen Aargauer Bank, einer Tochter der Credit Suisse. Bis vor einem Jahr erhielt Bleuler noch einen Sparzins von 0,6 Prozent. Anfang April reduzierte die Bank den Zins auf 0,525 Prozent. Ab Oktober waren es noch 0,425 Prozent.
Bleuler erfuhr nichts von diesen Zinskürzungen. Die Bank informierte ihn nicht darüber. Im Januar dieses Jahres erhielt er den Kontoauszug. Daraus konnte er nachträglich die Zinssenkungen des Vorjahres entnehmen. Er ist verärgert: «Ohne Informationen über die tieferen Zinsen konnte ich mein Guthaben nicht bei einer anderen Bank mit besserem Zins anlegen.»
Roland Teuscher, Sprecher der Neuen Aargauer Bank, rechtfertigt das Vorgehen: «Es reicht, die aktuell gültigen Zinssätze in den Filialen aufzulegen und im Internet zu publizieren.» Laut ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) könne die Bank die Zinsen jederzeit abändern und dem Kunden «schriftlich oder auf andere geeignete Weise» zur Kenntnis bringen.
Banken verweisen auf die Kosten
Thomas Probst, Professor für Privatrecht an der Universität Freiburg, widerspricht: «Eine Zinsänderung stellt eine einseitige Vertragsänderung dar.» Die Senkung müsste dem Kunden in rechtsgenüglicher Form mitgeteilt worden sein. Probst: «Hat die Bank den Kunden erst mit dem Auszug per Ende Jahr genügend informiert, ist der bisherige Zinssatz bis dahin geschuldet.»
Die Neue Aargauer Bank ist mit ihrem Vorgehen nicht alleine. Auch viele andere Banken senkten die Zinsen der dritten Säule während des vergangenen Jahres. So etwa die Terzo-Vorsorgestiftung der WIR-Bank. Sie reduzierte die Zinsen im letzten Jahr von 0,65 auf 0,6 Prozent. Die Privor-Stiftung der Zürcher Regionalbank Clientis drückte sie im gleichen Zeitraum von 0,55 auf 0,35 Prozent. Auch diese Banken orientierten die Kunden erst im Nachhinein über den reduzierten Zins.
Die grossen Banken wie Credit Suisse, Cler, MigrosBank, Postfinance, Raiffeisen, St. Galler Kantonalbank, UBS, Valiant und Zürcher Kantonalbank sind der Ansicht, sie müssten die Kunden über Verschlechterungen der Leistungen nicht informieren: Es sei branchenüblich, dass die Zinsänderungen nur in den Filialen und im Internet publiziert würden. Müssten sie die Kunden individuell anschreiben, hätte dies Kosten zur Folge.
Hans Giger, ehemaliger Professor an der Universität Zürich, kritisiert die verbreitete Bankenpraxis: «Die Bank müsste den Kunden bei Zinssenkungen zumindest anschreiben und darüber informieren.» Nur so sei gewährleistet, dass der Kunde die Zinsanpassung ablehnen könne. Das aber sei sein gutes Recht: «Der Zins bei Spar- und Säule-3a-Konti ist ein wesentlicher Vertragsbestandteil.» Ein allgemeiner Hinweis in den AGB auf variable Zinsen genüge nicht, um die Zinsen einseitig zu reduzieren. Sonst wäre der Kunde plötzlich an einen Vertrag gebunden, den er so gar nie abgeschlossen hätte.
Anspruch auf den abgemachten Zins
Das sieht auch die Luzerner Kantonalbank so. Sprecher Daniel von Arx: «Als Bank müssen wir die Kunden kontaktieren. Und diese müssen Gelegenheit haben, der einseitigen Änderung zuzustimmen oder die Produktevereinbarung zu kündigen.» Darum informiere die Bank ihre Kunden brieflich über Zinsänderungen.
Fazit: Verträge sind zweiseitige Vereinbarungen. Keine Seite kann sie einseitig ändern. Das geht nur mit Zustimmung der anderen Vertragspartei. Voraussetzung für eine Zustimmung ist die Information über die Änderung.
Bankkunden müssen sich keine heimlichen Zinssenkungen gefallen lassen. Sie können jede Änderung ablehnen. Machen sie von diesem Recht Gebrauch, gilt der bisherige Vertrag, bis eine Partei ihn kündigt. So lange haben sie einen Anspruch auf den abgemachten Zins. Sie müssen sich nur rechtzeitig beschweren (siehe Kasten).
So können Sie sich wehren
Prüfen Sie die Bankauszüge nach Erhalt genau. Ohne Informationen über Vertragsänderungen müssen Sie keine Reduktion der Zinsen akzeptieren.
Reklamieren Sie bei einer Zinssenkung rasch. Teilen Sie der Bank mit eingeschriebenem Brief mit, dass Sie die Vertragsänderung nicht akzeptieren. Und verlangen Sie rückwirkend und bis auf weiteres die ungekürzten Zinsgutschriften.
Vergleichen Sie die Zinsen von anderen Banken. Der K-Tipp publiziert eine regelmässig aktualisierte Liste der Banken mit den besten Zinsen (
www.ktipp.ch/service/zinsen).
Auch Freizügigkeits- oder Säule-3a-Konten können Sie jederzeit zu einer anderen Bank zügeln. Bei langfristigem Sparen machen auch kleinere Zinsunterschiede viel aus.
Bankwechsel sind einfach: Zuerst ein Konto bei der neuen Bank eröffnen. Anschliessend lassen Sie das Geld vom bisherigen Konto auf das neue überweisen.