Eigentlich wollte Karl Pfaff aus Steinhausen ZG beim Mieterverband Mitglied werden. Dort erhalten Mieter Beratung und notfalls sogar einen Gratis-Anwalt für Gerichtsverfahren. Pfaff stiess im Internet auf die Firma Mieterschutz Schweiz MSS GmbH mit Sitz in Zug – und glaubte, beim Mieterverband gelandet zu sein.
Keine Rechtsauskunft erhalten
Wie viele andere irrte sich Pfaff. Das bemerkte er allerdings erst, als er nach rund drei Jahren – und 400 Franken an bezahlten Mitgliederbeiträgen – eine Rechtsberatung benötigte. Er wollte wissen, ob ihm der Wohnungsverwalter eine versehentlich doppelt bezahlte Miete zurückerstatten müsse. Als er innert der versprochenen zwei Werktage keine Antwort erhielt, kündigte Pfaff seine Mitgliedschaft auf den nächstmöglichen Termin. Daraufhin kündigte ihm der «Mieterschutz» ohne Rückerstattung des Mitgliederbeitrages per sofort – die Frage blieb unbeantwortet.
Pfaff machte deshalb eine Strafanzeige wegen Betrugs und unlauteren Wettbewerbs. Dies, weil er annahm, dass die MSS gar nie Leistungen erbringen wollte. Kürzlich wurde das Verfahren gegen die Verantwortlichen eingestellt. Daraufhin stellte ihm die MSS eine «Kostennote in Sachen Strafuntersuchung» über 5800 Franken zu und betrieb ihn Mitte Mai.
Dagegen wehrte sich Pfaff nun erfolgreich beim Obergericht des Kantons Zug. Denn eine Betreibung ist rechtsmissbräuchlich, wenn damit sachfremde Ziele verfolgt werden. Also etwa dann, wenn die Kreditwürdigkeit des angeblichen Schuldners geschädigt werden soll, wenn ein völlig übersetzter Betrag in die Betreibung gesetzt wird oder wenn offensichtlich ist, dass der Gläubiger den Betriebenen schikanieren will.
Laut den Zuger Oberrichtern deutet im Fall von Karl Pfaff alles darauf hin, dass die Mieterschutz Schweiz MSS «die Betreibung nur deshalb eingeleitet hat, um sich zu rächen». Offensichtlich habe die Firma «keinen Rechtstitel», auf den sie ihre Forderung stützen könnte. Einem Rechtsberatungsunternehmen müsste «bekannt sein, dass es keine Kosten aus dem Strafverfahren einfordern kann». Als Rechtsberaterin in Mietsachen wisse die Mieterschutz Schweiz MSS, dass sie mit der Betreibung einem Mieter bei einem Wohnungswechsel erheblich schaden könne.
Das Obergericht hat die Betreibung deshalb als schikanös eingestuft und aufgehoben. Das Betreibungsamt Steinhausen hat sie gelöscht.
Einmannberatung aus der Wüste
Dem K-Tipp liegt die Einstellungsverfügung der Staatsanwaltschaft des Kantons Zug gegen die Verantwortlichen der Mieterschutz Schweiz MSS GmbH in Zug vor. Daraus geht hervor, dass Ende 2014 nur zwei Personen für den «Mieterschutz» tätig waren: Yulia Strässle als Sekretärin und ihr Ehemann Fabian Strässle als Rechtsberater. Er sei derjenige, der alle Dienstleistungen erfülle, Kundenanfragen gingen nur an ihn. Die Rechtsberatung mache er von Dubai aus. Die ganze Briefpost werde von einem Businesscenter eingescannt und ihm per E-Mail zugestellt. Strässle schreibe pro Jahr rund 5000 E-Mails mit Rechtsauskünften. Ob er je in der Schweiz ein Jusstudium absolviert hat, ist unbekannt. Eine Anfrage des K-Tipp blieb unbeantwortet. Der Titel «Rechtsberater» ist in der Schweiz nicht geschützt.
Laut Staatsanwaltschaft Zug hat sich der Verdacht nicht erhärtet, dass der «Mieterschutz» trotz bezahlter Mitgliederbeiträge nie die Absicht hatte, hierfür eine Rechtsberatung zu erbringen. Auch fehlten Anhaltspunkte, dass der «Mieterschutz» unrichtige oder irreführende Angaben über sich mache.
Nur: Die Website (Schweizerischer-mieterschutz.ch) erweckt den Eindruck, dass – wie beim Mieterverband – in verschiedenen Kantonen eine Niederlassung besteht. Besonders dreist: Die Firma warnt Mieter vor schwarzen Schafen, «welche den richtigen Mieterschutz kopieren».