Birkenzucker: Besser verzichten
Der Birkenzucker Xylit soll Haushaltszucker ersetzen. Experten kritisieren: Der Zuckerersatz bringt den Darm zum Rumoren und kurbelt den Hunger an.
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Gesundheitstipp 07+8/2011
25.06.2011
Letzte Aktualisierung:
29.06.2011
Andreas Grote
Kann Süss sooo wertvoll sein?» Oder: «Holzsüsse aus Finnland – wer möchte schon auf die süsse Seite des Lebens verzichten.» Die Lösung heisse Birkenzucker, schreibt die Zürcher Apotheke Naturefirst in ihrer Kundenzeitung vom März.
Er habe 40 Prozent weniger Kalorien als Haushaltzucker, halte den Blutzuckerspiegel niedrig, verhindere Heisshungerattacken und fördere die Verdauung. Zudem schone er die Z&au...
Kann Süss sooo wertvoll sein?» Oder: «Holzsüsse aus Finnland – wer möchte schon auf die süsse Seite des Lebens verzichten.» Die Lösung heisse Birkenzucker, schreibt die Zürcher Apotheke Naturefirst in ihrer Kundenzeitung vom März.
Er habe 40 Prozent weniger Kalorien als Haushaltzucker, halte den Blutzuckerspiegel niedrig, verhindere Heisshungerattacken und fördere die Verdauung. Zudem schone er die Zähne. Auch zum Backen, Kochen und für Desserts soll er sich eignen.
Birkenzucker besteht aus Xylit. Dieser Zuckeralkohol wird industriell aus Holz- und Maisabfällen gewonnen. Preis bei Naturefirst: satte Fr. 27.50 pro Kilo. Experten beurteilen Xylit jedoch kritisch, so auch Barbara Schweizer von der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung SGE.
Für sie ist «wissenschaftlich nicht belegt oder gar falsch», dass Xylit Heisshunger vermeidet oder die Verdauung fördert. Grösstes Problem der Zuckeralkohole wie Xylit, Sorbit, Mannit oder Isomalt: Im Dickdarm werden sie durch Bakterien vergärt, was zu Blähungen führt.
Wer mehr als 20 bis 30 Gramm Xylit pro Tag zu sich nimmt, hat häufiger Durchfall. Und bei Produkten, die mehr als 10 Prozent Xylit enthalten, muss ein entsprechender Hinweis stehen. Kommt hinzu: Xylit ist süss, hat aber nur wenige Kalorien.
Ungeklärt ist aber, ob dies den Körper nicht durcheinanderbringt. Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser: «Substanzen wie Xylit regen den Hunger an, ohne ihn zu stillen. Dadurch wird es schwieriger, die Essensmenge zu kontrollieren.»
Experten: Fruchtzucker und Süssstoffe meiden
Für Ernährungsexperten ist das Ersetzen von Zucker durch kalorienarme Süssstoffe ohnehin der falsche Weg. Carine Buhmann, Fachfrau für Ernährung beim Gesundheitstipp, spricht von einem «falschen Ersatzdenken».
Denn die Alternativen hätten ebenso ihre Vor- und Nachteile. Beispiel Fruchtzucker: Er beeinflusst den Insulinspiegel zwar kaum. Dafür hat er genauso viel Energie wie Haushaltszucker, fördert Karies und Gicht, erhöht die Blutfettwerte und belastet die Leber.
Auch von künstlichen Süssstoffen wie Aspartam und Sucralose raten Experten ab, weil sie nicht sättigen und ihre Nebenwirkungen nicht klar sind. Besser ist es, beim Haushaltszucker zu bleiben. Denn echter Zucker nährt und stimuliert im Gehirn das seelische Wohlbefinden.
Buhmann rät: «Man sollte seine individuelle Reizschwelle für süss schrittweise reduzieren. So gewöhnt man sich langsam an weniger Süsse.» Ergo brauche man nicht mehr so viel Zucker. Besonders bei Getränken sollte man auf ungesüsst und kalorienfrei setzen.
Präventivmediziner David Fäh von der Uni Zürich sagt: «Es ist die Menge, die entscheidet.» Vorsicht sei bei Fertigprodukten angebracht, denn sie enthielten oft viel versteckten Zucker.
Pro Tag nicht mehr als 50 Gramm Zucker
Tipps der Ernährungsfachleute: Zucker kontrolliert einsetzen, auch mal ein Joghurt selbst zubereiten. Barbara Schweizer: «Dann benötigt man of viel weniger Zucker, als der Hersteller reinpackt.»
Faustregel: Nicht mehr als 50 Gramm Zucker pro Person und Tag. Das sind 10 Teelöffel voll. Die Naturefirst-Apotheke wollte zu den Kritiken nicht Stellung nehmen.