Gallosuisse heisst der Verband der Schweizer Eierproduzenten. Er wirbt mit dem Spruch «Die glücklichsten Hühner legen die besten Eier». Als Werbegag hat Gallosuisse den «Schweizer Hühnerpass» erfunden. Auf 23 Seiten preist er das glückliche Leben der «Henne Henriette» und die Qualität ihrer Eier.
Was nicht in der Gallosuisse-Werbung vorkommt: Die Eltern der rund 2,9 Millionen Schweizer Legehennen schlüpfen auf Zuchtbetrieben im Ausland. Ruedi Zweifel vom Schweizerischen Kompetenzzentrum für Geflügelhaltung Aviforum bestätigt: «Der selbständige Aufbau einer Zucht in der Schweiz wäre für den kleinen Markt zu aufwendig.»
Laut Gallosuisse produzieren die meisten Hühnerhalter nach den Richtlinien von Suisse Garantie. Die-ses Label schreibt vor, dass die Legehennen in der Schweiz geschlüpft sind. Aus diesem Grund wird die Elterngeneration importiert.
Der Grossteil dieser Tiere kommt gemäss Ruedi Zweifel aus Cuxhaven in Norddeutschland. Dort hat mit Lohmann Tierzucht eine der weltweit grössten Legehennenzuchtfirmen ihren Sitz. Über Jahrzehnte züchtete der Konzern ein Hochleistungshuhn, das heute überall auf der Welt am laufenden Band Eier legt.
Nur: Lohmann Tierzucht wurde 2011 wegen Tierquälerei verurteilt. In den Betrieben waren Hähnen ohne Betäubung Kämme und Zehen abgeschnitten worden, wie das deutsche Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» berichtete.
5 Prozent der Tiere sterben beim Transport
Auch der Transport nimmt keine Rücksicht auf die Tiere: In der Schweiz dürfen Hühner nur maximal acht Stunden lang transportiert werden. Doch das gilt nicht für internationale Transporte. Für den Transport von Küken kennt die Schweizer Tierschutzverordnung eine weitere Ausnahme: Innerhalb der ersten 48 Lebensstunden dürfen sie beliebig lange transportiert werden. Tanja Kutzer von der Tierschutzorganisation KAG Freiland sagt: «Die Zuchtbetriebe liefern rund 5 Prozent mehr Küken, als im Aufzuchtstall Platz haben. So viele Tiere sterben erfahrungsgemäss auf der Fahrt oder kurz nach der Ankunft.»
Auch in der Schweiz ist es mit dem angepriesenen Hühnerglück nicht weit her: Für die Aufzucht der Küken gibts laut Bundesamt für Landwirtschaft keine Begrenzung der Herdengrösse. Sobald die importierten Elterntiere geschlechtsreif sind, produzieren sie befruchtete Eier. In einem Brutbetrieb werden diese maschinell ausgebrütet. Direkt nach dem Schlüpfen werden die männlichen Küken aussortiert und in Kübeln mit Kohlendioxid vergast (K-Tipp 14/2015). Die Junghennen, die später Eier legen sollen, kommen in Aufzuchtbetriebe.
Nadja Brodmann vom Zürcher Tierschutz kritisiert: «Die künstliche Brut, der Transportstress, die Aufzucht ohne Mutterhenne, Haltungsfehler und das Zusammenpferchen in riesigen Herden können Verhaltensstörungen und Kannibalismus auslösen.»
Bis zu 18 000 Hühner in einem Stall
Nach rund 18 Wochen sind die Hennen reif für die Endstation: den Legebetrieb. In konventionellen Ställen dürfen bis zu 18 000 Tiere gehalten werden. Die meisten Eier gelangen von dort über einen der drei grossen Händler – Eico, Lüchinger & Schmid und Ei AG – in die Regale von Migros, Coop & Co. Auf der Eierpackung prangt dann das Schweizer Kreuz.
Gallosuisse-Präsident Jean Ulmann sagt: «Hühner, die Schweizer Eier legen, sind hier geboren.» Es gibt jedoch auch einen kleinen Anteil von Eiern, die von den importierten Elterntieren selbst gelegt werden. Diese dürfen laut Reglement von Gallosuisse ebenfalls als «schweizerisch» bezeichnet werden.
Die Hennen legen in einem Jahr ungefähr 300 Eier. Ruedi Zweifel: «Danach sinkt die Qualität der Eischale. Es lohnt sich für die Eierproduzenten nicht, die Tiere länger zu halten.» Sprich: Es braucht wieder ausländische Elterntiere, die junge Hennen erzeugen. So wird der gesamte Bestand einmal im Jahr ausgetauscht.
Auch die Produktion von Bio-Eiern läuft nach diesem System. Das bestätigt Bio Suisse. Es gelten allerdings strengere Bestimmungen für die Haltung: So dürfen maximal 2000 Legehennen in einem Stall gehalten werden, und pro Henne müssen mindestens fünf Quadratmeter Weidefläche zur Verfügung stehen.
Auch Futter meist aus dem Ausland
Nicht nur die Hühner stammen aus dem Ausland. Auch das Futter ist laut dem Zürcher Tierschutz grösstenteils importiert – beim Sojaschrot sind es rund 80 bis 90 Prozent. Gallosuisse sagt dazu, soweit möglich werde Futter aus Schweizer Produktion verwendet. Das Importfutter werde in der Schweiz kontrolliert und gemischt.