Die Angaben in der Krankengeschichte, Laborbefunde und Diagnosen sind höchstpersönliche Daten. Das Strafgesetzbuch verpflichtet Ärzte und Therapeuten, solche Gesundheitsdaten nicht herauszugeben. Das gilt auch für Zahnärzte, Chiropraktiker, Apotheker, Hebammen, Psychologen und ihr Personal.
Doch auch andere Therapeuten, die dem Arztgeheimnis nicht unterstellt sind, müssen aufpassen: Auch sie dürfen ohne Einverständnis der Patienten keine Auskunft geben. Dazu gehören etwa Heilpraktiker oder Shiatsu-Masseure. Denn die gesundheitlichen Daten sind auch durch das Datenschutzgesetz vor fremdem Zugriff geschützt. Wer das Gesetz verletzt, kann mit einer Busse bis zu 10 000 Franken bestraft werden.
Therapeuten brauchen eine Einwilligung
Zudem gibt es kantonale Gesundheitsgesetze, die Therapeuten explizit zur Verschwiegenheit verpflichten – beispielsweise in den Kantonen Appenzell Innerrhoden, Bern, St. Gallen und Zürich. Diese sehen teils härtere Strafen als das Datenschutzgesetz des Bundes vor.
Das bedeutet: Die Patienten können davon ausgehen, dass niemand ausser Ärzten und Therapeuten Angaben über ihren Gesundheitszustand erhält. Die behandelnden Ärzte und Therapeuten müssen eine Einwilligung des Patienten einholen, bevor sie Daten an Aussenstehende – etwa eine Versicherung – liefern. Auch wenn diese teilweise umfassende Therapieberichte anfordern.
So war es etwa bei Marike Stoll (Name geändert) aus Basel: Sie hat bei der Visana eine Zusatzversicherung für alternativmedizinische Behandlungen. Gestützt darauf beteiligte sich die Versicherung mehrere Jahre lang zu 90 Prozent an den Kosten einer manuellen Körperentwässerungstherapie. Als Stoll der Visana wieder einmal Rechnungen in der Höhe von fast 1000 Franken für durchgeführte Lymphdrainagen einschickte, schrieb die Kasse: «Damit wir Ihren Leistungsanspruch festsetzen können, benötigen wir noch weitere Angaben. Deshalb haben wir beim Rechnungssteller ergänzende Auskünfte verlangt.»
Stolls Therapeutin erhielt von der Visana daraufhin einen vorgefertigten Fragebogen, den sie ausfüllen und retournieren sollte. Die Visana stützt sich dabei auf die Allgemeinen Versicherungsbedingungen. Dort steht: «Die Visana Versicherungen AG ist berechtigt, Belege und Auskünfte, insbesondere ärztliche Zeugnisse, zu verlangen. Sie räumen der Visana Versicherungen AG das Recht ein, solche Unterlagen und Auskünfte direkt einzufordern.»
Ein solcher Passus im Kleingedruckten einer Versicherung ersetzt aber laut Francis Meier, Sprecher des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten, die Einwilligung des Patienten im konkreten Fall nicht. Thomas Geiser, Professor für Privatrecht an der Universität St. Gallen, ist gleicher Ansicht: «Eine Einwilligung setzt voraus, dass die betroffene Person genau weiss, in was sie einwilligt.» Für Patienten heisst das: Wenn die Versicherung Auskünfte über eine Behandlung will, müssen sie ihr oder dem betroffenen Therapeuten ausdrücklich eine Vollmacht erteilen (siehe Beispiel im PDF). Therapeuten sollten keine Auskünfte geben, bevor eine solche Vollmacht vorliegt.
Fragen zu früheren Behandlungen
Bestimmte Fragen der Versicherung sind nicht zulässig: Der Fragebogen der Visana im Fall von Marike Stoll geht beispielsweise sehr weit und über die aktuelle Behandlung hinaus. Der Therapeut sollte zum Beispiel angeben, ob die Patientin bezüglich der Beschwerden bereits einen Schulmediziner aufgesucht hat – und fragt nach dessen Namen, den durchgeführten Massnahmen und dem Verlauf. Die Frage betrifft also eine frühere Behandlung.
Zudem geht es um Leistungen der Grundversicherung. Die Versicherten können darauf bestehen, dass solche Informationen nur zum Vertrauensarzt der Krankenkasse gelangen, nicht zum Sachbearbeiter. Geiser empfiehlt ohnehin, solche Fragen unbeantwortet zu lassen.
Die Visana sieht laut Sprecher David Müller keinen Grund, an ihrem Vorgehen etwas zu ändern.
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