Dieselautos verbrauchen meist weniger Treibstoff als Autos mit Benzinmotoren. Deshalb stossen sie auch weniger klimaschädliches CO2 aus. Die Schattenseite der Dieseltechnik: Sie produziert mehr gefährliche Stickoxide als Benzinmotoren. Diese Giftstoffe schädigen die Atemwege und führen zu Entzündungen und Bronchitis. Auch chronische Lungenschäden können entstehen. Ausserdem fördern sie Smog.
Neue Autos halten die Euro-6-Abgasnorm bei weitem nicht ein
Mit der neuen Euro-6-Abgasnorm sollte alles besser werden. Nach dieser Norm dürfen Dieselautos weniger als halb so viele Stickoxide ausstossen wie bisher. In Zahlen: 80 Milligramm pro Kilometer statt heutigen 180 Milligramm. Die neue Abgasnorm ist bei Neuwagen ab September Pflicht. Schon heute sind zahlreiche neue Dieselmotoren nach der Euro-6-Norm gebaut – etwa der VW Passat Blue TDI, der Mercedes E 350 Bluetec oder der Opel Zafira Tourer 1.6 CDTI.
Eine aktuelle Studie der niederländischen Prüforganisation TNO zeigt nun aber: Die neue Prüfnorm führt nicht zu saubereren Motoren. Im Test von TNO stiessen 9 von 10 Dieselautos deutlich mehr Stickoxide aus als erlaubt. Die Werte lagen zwischen 500 und 800 Milligramm – dem Zehnfachen der erlaubten Menge der gesundheitsschädlichen Stoffe. Andere Studien stützen diese Ergebnisse.
Tests für die Norm entsprechen nicht dem Fahrverhalten
Das Problem: Die Tests, mit denen der Schadstoffausstoss gemessen wird, entsprechen nicht dem realen Fahrverhalten der Autos auf der Strasse. Das Messverfahren namens NEFZ («Neuer Europäischer Fahrzyklus») ist in der EU seit 1996 gültig.
Punkto Stickoxide wäre es relevant, hohe Geschwindigkeiten zu testen. Denn je schneller man fährt, desto mehr Stickoxide werden ausgestossen. Das Durchschnittstempo während der NEFZ-Tests beträgt jedoch nur gerade 33,6 km/h. Die Tempolimite von 120 km/h wird nur wenige Sekunden lang erreicht. Gar nicht geprüft wird, wie viele Schadstoffe ein Auto bei über 120 km/h ausstösst. Auch schnelles Beschleunigen – mit heutigen stärkeren Motoren verbreiteter als früher – ist kein Teil des Tests.
Autos werden von Herstellern für Tests optimiert
Dazu kommt: Die Autohersteller tricksen während der Prüfung. Testautos sind oft nur mit dem nötigsten Zubehör ausgerüstet, damit sie leichter sind und während des Tests weniger Treibstoff verbrauchen. Auch die Klimaanlage bleibt ausgeschaltet, die ebenfalls viel zum Verbrauch beiträgt.
Ändern wird sich dies frühestens im Herbst 2017. Dann soll ein neues Prüfverfahren namens «Real Driving Emissions» den jetzigen Test ersetzen. Es soll das echte Fahrverhalten besser abbilden. Doch ob sich die Experten bis dahin auf die Eckpunkte des Verfahrens einigen können, ist fraglich. «Es ist ein Feilschen zwischen dem EU-Gesetzgeber und der Autoindustrie», sagt Kurt Egli vom Verkehrsclub VCS.
Die Schweiz will bei Neuwagen keine strengere Prüfung durchführen als in der EU. «Das würde im Widerspruch zu den bilateralen Abkommen mit der Europäischen Union stehen», sagt Thomas Rohrbach, Sprecher des Bundesamtes für Strassen Astra.
Motoren, die die neue Euro-Norm erfüllen müssen, stossen immerhin weniger Schadstoffe aus als Motoren nach der bisherigen Norm. Deshalb empfiehlt Egli: «Wer vorhat, jetzt ein Dieselauto zu kaufen, sollte besser ein Euro-6-Fahrzeug wählen.»