Wer in der Schweiz ein Konto eröffnen will, muss einen Bankschalter aufsuchen und sich mit einem amtlichen Ausweis identifizieren. Eine Alternative ist der Korrespondenzweg: Man lässt den Ausweis auf einem Notariat beglaubigen oder holt an einem Schalter der Post oder der SBB eine Echtheitsbestätigung des Ausweises. Das Dokument schickt man dann an die Bank. Das kostet bis zu 25 Franken.
Schweizer können ein Bankkonto per Video-Chat eröffnen
Komfortabler ist die Kontoeröffnung in Deutschland: Seit letztem Jahr können Kunden ein neues Bankkonto bequem von ihrem Schreibtisch aus eröffnen. Die Identifikation erfolgt via Internet über einen Video-Chat.
Seit kurzem bietet die deutsche Internetbank Comdirect.de diese Dienstleistung auch für Schweizer Neukunden an. Andere deutsche Banken wie ING-Diba, Targobank oder DKB identifizieren ihre Neukunden ebenfalls via Internet. Voraussetzung ist bei diesen Banken aber ein deutscher Ausweis. Die DKB will das Verfahren bald auch für Schweizer einführen.
saldo überprüfte, ob die Eröffnung eines Eurokontos bei Comdirect via Video-Chat tatsächlich so einfach funktioniert. Die Voraussetzungen für das sogenannte Videoident-Verfahren sind ein Laptop- oder Desktop-Computer mit Webcam und aktueller Flash-Player-Software, eine E-Mail-Adresse sowie ein Telefon. Alternativ können potenzielle Kunden auch ein Smartphone oder Tablet mit der angebotenen Video-Support-App verwenden (für Android/iOS).
Identifizierung: Akzeptiert werden nur Pässe
saldo ruft per Festnetztelefon die Bank an. Schon nach zweimaligem Klingeln nimmt ein Bankangestellter in Norddeutschland ab und erfasst Personalien und Adresse des Neukunden aus der Schweiz.
Nach erfolgtem Einverständnis zur Aufzeichnung des Gesprächs und von Bildern erhält man einen Sicherheitscode. Dieser wird auf der Website der Bank eingefügt und per Mausklick bestätigt. Jetzt erst startet die Videoübertragung auf den Laptop: Dank der Computerkameras sind der Bankangestellte, der Neukunde und das bereits ausgefüllte Kundenformular auf dem Bildschirm sichtbar.
Der Bankangestellte gibt dem Kunden Anweisungen, wie er den Pass vor die Kamera halten muss, damit er lesbar ist. Akzeptiert werden Schweizer Pässe mit und ohne biometrische Daten, aber keine Identitätskarten. Der Kundenberater lichtet den Pass ab und vergleicht das Passfoto mit dem Kunden am Bildschirm.
Für den Wohnsitznachweis genügt eine Rechnungskopie
Zum Abschluss der Identitätsfeststellung gibt der Neukunde einen per E-Mail erhaltenen Code ein und schickt das Ganze an die Bank zurück. Der Prozess der Identifikation hat nur wenige Minuten gedauert.
Damit Comdirect das Konto eröffnet, müssen Kunden mit Schweizer Wohnsitz noch per Post einen unterschriebenen «Eröffnungsantrag Girokonto inklusive Tagesgeld Plus für im Ausland lebende Personen» einsenden sowie die Kopie eines Wohnsitznachweises. Laut Comdirect genügt als Adressnachweis zum Beispiel eine Kopie der Stromrechnung.
Keine Kosten für Bezug an Bancomaten und für die Kontoführung
Einige Tage später erhielt die saldo-Testperson die Unterlagen für das Gratis-Girokonto samt ebenfalls kostenloser Debit- und Prepaid-Kreditkarte zugeschickt.
Mit einem Euro-Konto in Deutschland sparen Schweizer Kunden zum Beispiel Gebühren für die Kontoführung, aber auch jene Zuschläge, die Schweizer Banken beim Geldbezug im Ausland berechnen: Wer im Euroraum mit einer Maestro-Debitkarte an einem Bancomaten Bargeld bezieht, zahlt in der Regel 5 Franken, bei elektronischer Bezahlung am Terminal in einem Laden werden jeweils Fr. 1.50 fällig.
Laut der eidgenössischen Finanzmarktaufsicht Finma müssen in der Schweiz die Anforderungen, um die Identität per Video festzustellen, erst noch ausgearbeitet werden. Man beschäftige sich aber «intensiv» damit. Grund: Die Banken haben ein grosses Interesse an der Einführung neuer Internetverfahren zur Kundenidentifikation.