Eine Bombe namens Durotherm
Sicherheitschecks von Kuhn Rikon zeigten bei mehreren Durotherm-Pfannen feine Risse. Das ist riskant.
Inhalt
K-Tipp 19/2009
08.11.2009
Letzte Aktualisierung:
11.11.2009
Daniel Jaggi
Die Bilanz ist dramatisch: 140 explodierte Durotherm-Pfannen, 14 Verletzte und Sachschaden von mehreren 10 000 Franken. Dies machte der Kassensturz Mitte Oktober publik. Explodiert ist das doppelwandige Kochgeschirr der Firma Kuhn Rikon jeweils, weil durch einen feinen Riss Wasser in den Zwischenraum eindringen konnte. Beim Erhitzen entstand Wasserdampf, der sich im Hohlraum ausdehnte und die Pfannen explodieren liess.
Durotherm-Benutzer sind verunsichert. Kuhn Rikon erhielt denn a...
Die Bilanz ist dramatisch: 140 explodierte Durotherm-Pfannen, 14 Verletzte und Sachschaden von mehreren 10 000 Franken. Dies machte der Kassensturz Mitte Oktober publik. Explodiert ist das doppelwandige Kochgeschirr der Firma Kuhn Rikon jeweils, weil durch einen feinen Riss Wasser in den Zwischenraum eindringen konnte. Beim Erhitzen entstand Wasserdampf, der sich im Hohlraum ausdehnte und die Pfannen explodieren liess.
Durotherm-Benutzer sind verunsichert. Kuhn Rikon erhielt denn auch in zwei Wochen rund 450 Pfannen zur Überprüfung zugeschickt. Ergebnis: Bei zwei Pfannen wurden kleine Risse entdeckt. Sie hätten beim Kochen zu einer Explosion führen können, wie Hanspeter Brühlmann, Mitglied der Geschäftsleitung von Kuhn Rikon, erklärt. Geht man von total 2,5 Mio. Pfannen aus, die laut Kuhn Rikon verkauft wurden, kommt man auf mehrere tausend gefährliche Exemplare. Da die Durotherm-Pfannen seit 1977 im Verkauf sind, dürften nicht mehr alle in Gebrauch sein. Brühlmann: «Diese Rechnung ist grundfalsch. Die eingeschickten Pfannen sind keine repräsentative Auswahl.» Bereits nach dem Bericht im Mai 2008 erhielt Kuhn Rikon rund 500 Pfannen zur Überprüfung. Auch damals seien «einige» gefährliche Risse gefunden worden.
Bei Kuhn Rikon sieht man keinen Handlungsbedarf. Weder ein Rückruf noch Verbesserungen am Produkt seien nötig, sagt Brühlmann. «Wir haben jeden einzelnen Fall überprüft: Es führten stets Gebrauchsfehler wie Überhitzung, Schläge oder ein Sturz auf den Boden zu den Explosionen.» Er betont: «Wenn wir künftig sehen sollten, dass ein Fehler unsererseits vorliegt, werden wir auch dazu stehen.»
Dass die Pfanne ein Risiko darstellt, verdeutlicht eine Untersuchung der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BfU), die ein Opfer verlangt hatte. Verletzte gab es zwar keine, aber in der Küche entstand ein Schaden von rund 15 000 Franken. Die BfU stellte fest, bei der Fabrikation der Pfanne seien «keine grundlegenden Sicherheitsanforderungen» verletzt worden. Dennoch ordnete sie an, jedes Durotherm- Kochgeschirr sei «zusätzlich mit dem Hinweis ‹Gebrauchsanweisung beachten›» und dem Symbol «Sicherheitshinweis» zu versehen.
Ein Gutachten der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) entlastet Kuhn Rikon ebenfalls nur teilweise: Die Experten untersuchten eine explodierte Pfanne, die einen Knaben so schwer im Gesicht verletzt hatte, dass Hautverpflanzungen notwendig waren. Ergebnis: eine fehlerhafte Schweiss- naht. Sie sei aber nicht alleinige Ursache der Explosion gewesen. Erst durch Gewalteinwirkungen von aussen sei es zum fatalen Leck gekommen.
Der Hersteller haftet
Hersteller haften auch nach dem Verkauf ihrer Ware für Schäden, die das Produkt an Personen oder Gegenständen anrichtet. Das regelt das Produktehaftpflicht-Gesetz. Demnach muss Kuhn Rikon grundsätzlich für Schäden wegen explodierender Durotherm-Pfannen geradestehen. «Es sei denn, der Hersteller weist nach, dass der vorhandene Fehler nach Stand der Technik nicht erkannt werden konnte. Oder die Firma weist dem Opfer nach, dass es die Pfanne unsachgemäss behandelt hat», sagt der Zürcher Rechtsprofessor Moritz Kuhn. «Der Hersteller muss aber genau sagen können, was falsch gemacht wurde.»
Im Fall der Durotherm-Pfannen stellt sich nach Kuhns Angaben zudem die Frage, wie klar in der Gebrauchsanweisung auf mögliche Gefahren hingewiesen wurde. Kuhn: «Vielfach sind diese nicht eindeutig formuliert.» Das würde sich zulasten des Herstellers auswirken.