Bauern auf dem Pfannenstiel ZH erhalten 700 Franken pro Jahr, wenn sie auf ihrem Hof einen Pflanzblätz, einen Miststock und einen Brunnen haben. Der Brunnen darf sogar aus Beton sein. Hauptsache, das Wasser fliesst ständig.
Die 700 Franken sind sogenannte Landschaftsqualitäts-Beiträge. Das ist eine neue Art von Direktzahlungen. Bauern können diese seit letztem Jahr beantragen. 2014 flossen bereits 80 Millionen Franken. Die Beiträge steigen: Ab 2018 sollen über 350 Millionen Franken zur Verfügung stehen. Bund und Kantone können damit laut Gesetz «vielfältige Kulturlandschaften erhalten, fördern und weiterentwickeln».
10 Franken pro Findling
Was förderungswürdig ist, bestimmen die Kantone. Das Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) muss die Projekte bewilligen. Der K-Tipp hat die bewilligten Projekte genauer angeschaut und festgestellt, dass nicht nur Pflanzblätz, Miststock und Betonbrunnen für Stirnrunzeln sorgen:
- Im Neckertal SG gibts pro Findling 10 Franken pro Jahr. Er muss aber mindestens einen Kubikmeter gross und mindestens von einer Seite frei sichtbar sein. Die Subventionsbestimmungen fürs Neckertal umfassen übrigens 118 Seiten.
Beiträge für Tümpel, Zäune und Asthaufen
- Für Hecken erhalten Bauern im Mittelthurgau 20 Franken pro 10 Laufmeter. Bei Grenzhecken müssen die Bauern ausjassen, wer das Geld erhält.
- «Vernässte Wiesengräben» tragen den Bauern im Zürcher Oberland 13 Franken pro Laufmeter ein. Die Gräben müssen 50 Meter lang und 3 Meter breit sein, dürfen aber auf den Swisstopo-Karten nicht eingezeichnet sein.
- Für einen Tümpel gibts im Neckertal 100 Franken.
- Bauern, die auf ihrem Hof Ordnung halten, erhalten 100 bis 500 Franken. «Ordnung» heisst: «Keine ungenutzten Maschinen, Schrott oder ungenutztes Baumaterial um den Hof herum. Keine ungeordneten Deponien von Schutt, Krippenresten, Gartenabraum oder Baumschnittmaterial auf der Betriebsfläche.»
- Und für Zäune mit unbehandelten Holzpfählen und unbehandelten Holzlatten gibts 2 Franken pro Laufmeter. Auf dem Pfannenstiel sogar 6 Franken pro Laufmeter.
- Ein «blumenreicher Wegrandstreifen im Wiesland» bringt den Bauern im Mittelthurgau 25 Franken pro 100 Laufmeter ein. Und wenn der Wegrandstreifen an einem Wanderweg liegt, gibts 6 Franken obendrein.
- Im Gantrisch BE erhalten Bauern pro «einheimischen standortgerechten Einzelbaum» 20 Franken. Mehr gibts im Zürcher Oberland für einen «Totholzbaum» – 30 Franken.
- «Unbefestigte Bewirtschaftungswege mit Grasmittelstreifen» tragen Bauern am Chasseral BE 150 Franken pro 100 Meter ein. Maximal 7500 Franken.
- Interessant sind auch die Vorschläge des Kantons Bern. Die Bewilligung des BLW steht zwar noch aus. Aber die Berner Bauern sollen pro Holzbrunnen auf ihren Weiden 40 Franken erhalten.
- Für einen Einzelbusch, einen Steinhaufen oder einen Asthaufen sind 20 Franken vorgesehen.
- Und pro Doline soll es 20 Franken geben. Dolinen sind trichterförmige Senken in Karstgebieten. Voraussetzung ist laut dem Kanton, dass die Bauern keinen Kehricht in die Dolinen kippen. Nur: Das ist sowieso verboten. In der Schweiz darf seit 15 Jahren kein Kehricht mehr deponiert werden.
Kein Wunder, dass die Bauern nicht so recht wissen, ob sie weinen oder lachen sollen. Sie, die viel lieber etwas mehr Geld für ihre landwirtschaftlichen Produkte erhielten. An einer Veranstaltung des bernischen Bauernverbandes berichtete ein Teilnehmer, dass er letztes Jahr über 4400 Franken erhalten habe, ohne dass er auf seinem Hof etwas habe ändern müssen. Ein anderer fasste zusammen: «Es gibt einfach Geld fürs Nichtstun.»
«Geld auch für neue Leistungen»
Jürg Jordi, Sprecher des BLW, widerspricht: «Fürs Nichtstun gibt es kein Geld. Es kann zwar sein, dass ein Landwirt seine bisherige Praxis nicht ändern muss, weil er den gewünschten Beitrag zur Förderung der Landschaftsqualität bereits leistet. Aber bisher wurde er dafür nicht bezahlt.»
Geld, so Jordi weiter, gebe es aber auch, wenn der Bauer neue Leistungen erbringe: «Wenn er eine Hecke oder eine Baumallee pflanzt, wird eine ausgeräumte Landschaft wieder attraktiver.»
Kommt hinzu, dass sich der Bauer verpflichte, die Elemente, für die er Subventionen bekomme, zu erhalten. «Die vorhandene Qualität der Landschaft wird damit gesichert.»
Trotzdem – Subventionen für Findlinge und Dolinen? Der Geschäftsführer des bernischen Bauernverbandes, Andreas Wyss, sagt offen, dass das Erarbeiten der Landschaftsqualitäts-Massnahmen ein Balanceakt zwischen Glaubwürdigkeit und Lächerlichkeit sei.