Faule Tricks der Krankenkassen
Die Krankenkassen müssen alle ohne Wenn und Aber in die Grundversicherung aufnehmen. So steht es im Gesetz. Doch die Realität sieht manchmal anders aus.
Inhalt
K-Tipp 20/2005
30.11.2005
Christian Schürer, Bennie Koprio
Cornelia Sutter aus Dinhard ZH erkundigte sich kürzlich telefonisch bei der Groupe Mutuel, wie hoch die Prämie für die Grundversicherung für ihren Sohn wäre. Auf die Frage nach seinem Gesundheitszustand gab Cornelia Sutter an, er sei seit längerem in Behandlung. Die Kasse offerierte eine Prämie von 276 Franken. Sutter rief ein zweites Mal an und sagte dieses Mal, ihr Sohn sei gesund - und siehe da: Die Prämie betrug nur noch 236 Franken.
Groupe Mutuel fällt negati...
Cornelia Sutter aus Dinhard ZH erkundigte sich kürzlich telefonisch bei der Groupe Mutuel, wie hoch die Prämie für die Grundversicherung für ihren Sohn wäre. Auf die Frage nach seinem Gesundheitszustand gab Cornelia Sutter an, er sei seit längerem in Behandlung. Die Kasse offerierte eine Prämie von 276 Franken. Sutter rief ein zweites Mal an und sagte dieses Mal, ihr Sohn sei gesund - und siehe da: Die Prämie betrug nur noch 236 Franken.
Groupe Mutuel fällt negativ auf
Richard Schwammberger (64, künstliches Hüftgelenk) aus Hölstein BL versuchte letztes Jahr auf verschiedenen Wegen, von der Helsana in die ordentliche Grundversicherung der Assura zu wechseln - vergeblich. Auf der Website war die Offerte für die gewünschte Variante mit Mindestfranchise nicht erhältlich, Antwort auf seine E-Mail erhielt er nicht.
Nach vier Anrufen bei der Assura kam zwar endlich eine Offerte, aber zu spät für einen Wechsel. Schwammbergers Verdacht: Die Assura vertrödelte die Offerte, weil sie lieber junge gesunde und damit günstige Versicherte hat.
Kassensturz machte die Probe aufs Exempel und nahm 15 der grössten Krankenkassen unter die Lupe. Zehn Testkunden - fünf junge und fünf ältere - versuchten übers Internet, eine Offerte für eine Grundversicherung zu erhalten. Zwei weitere Personen - die 85-jährige Jacqueline Portenier (krank) und der 27-jährige Student Ralph Ruch (gesund) - verlangten zudem per Telefon oder Brief von den Kassen eine Offerte.
Bei der Stichprobe fällt die Groupe Mutuel negativ auf. Wie bei Cornelia Sutter fragte die Kasse auch bei einigen der Testpersonen nach dem Gesundheitszustand - das ist nicht erlaubt, wenn jemand in die Grundversicherung aufgenommen werden will.
«Ein Versehen nicht auszuschliessen...»
Beim Verschicken der Offerten erwies sich die Groupe Mutuel zudem als langsam: Nach zwei Wochen hatten erst vier Testkunden ein Angebot erhalten. Ebenfalls nicht kundenfreundlich: Einen Antrag aus dem Internet selber herunterladen, ist bei der Groupe Mutuel nicht möglich.
Christian Feldhausen, Sprecher der Kasse, sagt dazu, die Groupe Mutuel halte sich an die gesetzlichen Vorschriften. Und zur eingangs geschilderten konkreten Anfrage von Cornelia Sutter fügt er an: «Es ist nicht vollständig auszuschliessen, dass bei der Auskunft ein Versehen vorliegt.»
Positives Ergebnis der Stichprobe: CSS, EGK, Intras und Sanitas verschickten rasch eine Offerte. Noch fixer geht es, wenn der Kunde den Antrag vom Internet selber herunterladen, ausdrucken und das Formular einfach einschicken kann. Dies ist bei fast der Hälfte der geprüften Kassen möglich - bei Atupri, Concordia, bei der Helsana-Gruppe, der KPT, bei ÖKK Schweiz, Visana/Sana 24 und auch bei der Assura. Nach Angaben von Direktor Jean-Bernard Pillonel ist die letztjährige Assura-Praxis, für die Grundversicherung grundsätzlich keine Offerten zu schreiben, auf Kritik gestossen: «Folglich haben wir entschieden, diese zu erstellen.»
Pikante Entdeckung im Internet: Bei Philos und Wincare können zwar unter 30-Jährige das Antragsformular herunterladen und online abschliessen, über 70-Jährige hingegen nicht. Und: Die Swica riet der Rentnerin Portenier davon ab, Grund- und Zusatzversicherungen getrennt zu führen. Laut Stefan Thurnherr vom Vermögenszentrum gibt es aber «keinen Grund, Grund- und Zusatzversicherungen nicht bei verschiedenen Kassen zu haben».
Ende November ist noch lange nicht Prämiensparschluss
Wer die Frist verpasst hat, bis 30. November zu einer günstigeren Grundversicherung zu wechseln, hat trotzdem noch Sparmöglichkeiten.
- Fast die Hälfte aller Versicherten kann die Grundversicherung auch per Ende Juni 2006 kündigen. Dies gilt für alle mit Franchise 300 Franken - das sind über 41 Prozent der Prämienzahler. Die Kündigung muss jedoch spätestens am 31. März 2006 bei der Kasse eingetroffen sein.
Achtung: Wenn Sie eine höhere Franchise oder eine andere Versicherungsform wie HMO oder Hausarztmodell haben, ist ein Wechsel nur auf Anfang des nächsten Jahres möglich!
Bei der Aufnahme in die Grundversicherung darf die neue Krankenkasse keine Fragen zu Ihrer Gesundheit stellen: Sie muss Sie aufnehmen. Eine Offerte brauchen Sie nicht einzuholen.
Melden Sie sich schriftlich und per Einschreiben bei der Krankenkasse Ihrer Wahl an (Musterbrief siehe K-Tipp 16/05). So vermeiden Sie es, Opfer allfälliger Trödeleien zu werden.
- Sie können bei Ihrer Krankenkasse jederzeit von der ordentlichen Grundversicherung in ein Modell mit eingeschränkter Wahlfreiheit (HMO oder Hausarztmodell) umsteigen. Dies jeweils auf den Anfang des dem Antrag folgenden Monats. Sparpotenzial: HMO bis 25 Prozent, Hausarztmodell bis 15 Prozent.
- Dieselben Bedingungen gelten für den Beitritt zu einem Sparmodell mit vorgängiger telefonischer Beratung. Bei dieser Versicherungsform verpflichten sich die Versicherten, sich vor jedem Arztbesuch am Telefon medizinisch beraten zu lassen. Sparpotenzial: bis 20 Prozent.
- Auch die Unfalldeckung lässt sich jederzeit auf Anfang des dem Antrag folgenden Monats ausschliessen - unabhängig von Versicherungsform und Höhe der Franchise. Sie müssen nur nachweisen, dass Sie durch Ihren Arbeitgeber versichert sind. Sparpotenzial: bis 10 Prozent.
- Wer durch eine höhere Franchise Prämien sparen will, kann dies nur noch bis Mitte Dezember tun. Daniel Wiedmer vom BAG empfiehlt: Informieren Sie die Kasse sofort, damit diese die administrativen Änderungen noch schafft. Sparpotenzial: bis 50 Prozent.