Socken, Unterwäsche, Sport-oder Outdoor-Bekleidung: Viele Textilien werden heute mit Silber, Silberverbindungen oder Nano-Silber angereichert. Die Bezeichnungen dafür sind unterschiedlich, denn in der Schweiz müssen Zusätze in Kleidern nicht deklariert werden.
Drei Beispiele: Die X-Socks zum Skifahren, die X-StaticPerformance-Slips für Männer oder das Funktions-T-Shirt Dryarn Pro von Jack Wolfskin sie alle enthalten Silber.
Der Grund: Das Edelmetall verhindert, dass Textilien nach Gebrauch schnell müffeln. Schweiss an sich ist zwar geruchslos. Wird er durch Bakterien zersetzt, entstehen aber übelriechende Substanzen. Dagegen wirkt Silber.
Doch Experten warnen: «Mit den Silberzusätzen werden nicht nur die geruchsbildenden Bakterien zerstört, sondern alle – auch die nützlichen», sagt Franz Daschner, ehemals Direktor des Instituts für Umweltmedizin an der Uniklinik in Freiburg (D).
Zu den «Guten» gehören 95 Prozent aller Bakterien auf der Haut. Sie können vor dem Eindringen schädlicher Keime schützen.
Peter Schmid-Grendelmeier, Leiter der Allergiestation am Unispital Zürich, bestätigt: «Das ist ein Overkill und bei gesunder Haut nicht sinnvoll.» Bei übermässigem Gebrauch von Textilien mit Silber befürchtet er zudem die Entstehung von Allergien.
Risiko von silberresistenten Keimen
Kommt hinzu: Silber wird in Spitälern als Antibiotikum gegen Bakterien mit Mehrfachresistenzen eingesetzt – also dort, wo andere Antibiotika nicht mehr wirken. Wird das Edelmetall nun massenhaft in Alltagsprodukten eingesetzt, könnten sich silberresistente Keime entwickeln.
Die Folge: Silber verlöre seinen medizinischen Nutzen. Zu diesem Schluss kommt unter anderem eine Studie des deutschen Bunds für Umwelt und Naturschutz.
Das deutsche Bundesinstitut für Risikobewertung rät denn auch von Nano-Silber in Produkten des täglichen Bedarfs ab. Begründung: Die gesundheitlichen Risiken seien noch nicht abschätzbar.
In der Schweiz sind die Behörden untätig. Laut dem Bundesamt für Gesundheit liegt es in der Verantwortung der Hersteller, welche Stoffe sie für die Textilien verwenden.
Bettina Hitzfeld vom Bundesamt für Umwelt hält hingegen fest: «Silber ist ein starkes Biozid» also ein aggressives Mittel zur Schädlingsbekämpfung. «Es wird als umweltfreundlich dargestellt, dem ist aber nicht so.» ETH-Studien hätten gezeigt, dass insbesondere Nano-Silber für Wasserlebewesen giftig sei.
Waschball: Umweltschädlich statt umweltfreundlich
Versandhäuser wie Waschbär aus Dornach SO bieten auf ihrer Internetseite einen Waschball mit Silberfasern an. Angeblich gibt dieser Bluemagicball beim Waschen Silber-Ionen an die Wäsche ab. «Auf diese Weise schonen Sie die Umwelt und Ihre Wäsche», schreibt Waschbär.
Der Grund: Man müsse weniger häufig und mit weniger hohen Temperaturen waschen. Ein Hinweis auf die umweltschädliche Wirkung des Silbers fehlt. «Das verstösst gleich doppelt gegen die Gesetzgebung», sagt Bettina Hitzfeld vom Bundesamt für Umwelt.
Einerseits dürfen Biozid-Produkte nicht als umweltfreundlich beworben werden. Andererseits fehlt das Gefahrensymbol «N» mit den Sätzen «giftig für Wasserorganismen» sowie «darf nicht in die Hände von Kindern gelangen».
Das Amt will nun beim zuständigen Kanton Solothurn vorstellig werden.