Genau hinschauen lohnt sich

Nicht alles, was der Arzt oder das Spital auf die Rechnung schreibt, ist geschuldet. Der K-Tipp belegt das anhand von typischen Beispielen.

Inhalt

K-Tipp 20/2013

27.11.2013

Letzte Aktualisierung:
20.11.2019

Ernst Meierhofer

Gemäss der ersten Rechnung hätte Susanne Hägeli 1139 Franken zahlen müssen. Das Spital Rheinfelden AG stellte ihr diesen Betrag in Rechnung. Hägeli hatte dort im letzten Juni eine Darmspiegelung machen lassen.

Doch die 73-jährige Ärztin aus Olsberg AG war früher Beraterin bei der Patientenstelle, deshalb schaute sie die Rechnung genau an – und fand auf Anhieb fünf Posten, die das Spital fälschlicherweise in...

Kostenpflichtiger Artikel

Melden Sie sich bitte an oder wählen Sie eines unserer Print- oder Online-Abos mit kostenloser Rechtsberatung und vielen weiteren Vorteilen.

Abo ab 8 Franken

Anmelden

Zweimal führte das Spital eine «Betreuung ambulanter Patienten ausserhalb der Tagesklinik» auf. So etwas hatte nie stattgefunden.
Das Narkosemittel Propofol war auf der Rechnung, obwohl die Patientin eine Narkose abgelehnt hatte.
Vom Darmreinigungsmittel Moviprep verrechnete der Arzt drei Beutelpaare, obwohl Hägeli nur zwei erhalten hatte.
Zudem standen Probenentnahmen für eine Analyse im Labor auf der Rechnung. Auch diese Leistung wurde nicht erbracht.

Zusammengerechnet enthielt die Rechnung 222 Franken, die nicht geschuldet waren. Das Spital Rheinfelden hat die Fehler eingestanden und sich entschuldigt.

«Eine bodenlose Frechheit»

Susanne Hägeli ist kein Einzelfall. Das zeigen mehrere weitere Fälle, die dem K-Tipp vorliegen:

Ein Patient aus dem Raum Bern musste reklamieren, um zu einer korrekten Rechnung zu kommen. Er ging wegen eines chronischen Hustens zu einem Lungenarzt in Bern und erhielt darauf eine Rechnung über Fr. 425.55. Das sei eine «bodenlose Frechheit», empörte sich der Patient. Der Grund: Der Arzt habe in der Praxis vor allem ausführlich über private Belange geplaudert. Nachdem der Patient reklamiert hatte, kürzte der Arzt den Posten «Konsultation» von 20 auf 10 Minuten und den Posten «Behandlung durch den Facharzt» von 60 auf 15 Minuten. Folge: Die Rechnung war noch halb so hoch.
Eine Patientin aus der Ostschweiz holte in der Arztpraxis ein Packung Dafalgan für Fr. 6.85. Die Arztgehilfin musste das rezeptfreie Schmerzmittel nur aus dem Schrank nehmen. Auf der Arztrechnung stand dann aber der Posten «Ärztliche Leistung in Abwesenheit des Patienten» über Fr. 14.57 – und zwar gleich zweimal: einmal am Tag, als die Frau das Medikament holte, einmal am nächsten Tag.
Verwundert war auch eine Frau, die zweimal mit einem Klinikarzt telefonierte – zusammen exakt 4 Minuten und 32 Sekunden, wie die Swisscom-Rechnung zeigt. Dafür stellte der Arzt 30 Minuten in Rechnung mit dem Argument, darin seien auch «Vorarbeit, Nacharbeit und Eintrag in die Patientenakte» inbegriffen. Gemäss Tarifsuisse ist das unzulässig, dafür gebe es eine andere Tarifposition. Tarifsuisse ist als Tochtergesellschaft des Krankenkassenverbandes Santésuisse für den Arzttarif Tarmed zuständig.

Die Beispiele zeigen: Es lohnt sich, Arzt- und Spitalrechnungen zu kontrollieren. Gemäss Tarifsuisse verrechnen die Ärzte jährlich 750 Millionen Franken zu viel.

Arzt- und Spitalrechnung: Auf diese Punkte muss man bei der Kontrolle achten

Das Wichtigste: Bestehen Sie auf einer Kopie der Rechnung. Denn heute gehen viele Arzt- und Spitalrechnungen direkt zur Vergütung an die Krankenkasse. Ohne Kopie können Sie nichts überprüfen. Patienten haben Anspruch auf eine Kopie.
Kommen Ihnen Positionen in der Rechnung verdächtig vor, suchen Sie zuerst das Gespräch mit dem Arzt. Wichtig: Er darf Ihnen ein solches Gespräch nicht als Konsultation berechnen.
Scheitert dieses Gespräch, informieren Sie Ihre Krankenkasse über die beanstandeten Positionen. Diese beschäftigen für die Rechnungskontrolle Spezialisten. Und: Die Kassen haben auch kein Interesse daran, zu viel zu zahlen.
Kontrollieren Sie Datum und Zahl der verrechneten Konsultationen und Untersuchungen sowie die Zeitangaben. Für Konsultationen rechnen die Ärzte gemäss Tarmed im 5-Minuten-Takt ab. Der Arzt darf im Prinzip nur den direkten Kontakt mit Ihnen als Zeitaufwand abrechnen. Beachten Sie aber: Die Akteneinsicht unmittelbar vor der Konsultation sowie die unmittelbar anschliessend gemachten Akteneinträge zählen ebenfalls zur Konsultation.
Wurden die aufgeführten Medikamente in der verrechneten Packungsgrösse/Dosierung abgegeben?
Wurden die fakturierten Laborleistungen für Röntgen, Analysen usw. erbracht?
Wurde der Notfalltarif verrechnet? Das ist nur zulässig, wenn sich der Arzt laut Tarmed «sofort, verzugslos» um Sie gekümmert hat. Er muss sogar die Behandlung eines anderen Patienten abbrechen.
Für die Herausgabe einer Kopie der Krankengeschichte dürfen Ärzte nichts verrechnen – auch nicht als «ärztliche Leistung in Abwesenheit des Patienten».
Ist die auf der Rechnung angegebene Aufenthaltsdauer im Spital korrekt?
Hat das Spital gar ein Implantat zu Unrecht auf die Rechnung gesetzt?
Tarifsuisse betreibt eine «Meldestelle für Unregelmässigkeiten». Dort können Patienten Rechnungen überprüfen lassen. Adresse: Tarifsuisse AG, Tarifcontrolling, Römerstrasse 20, 4502 Solothurn. Internet: www.tarifsuisse.ch

Bitte aktivieren Sie Javascript um diese Seite optimal nutzen zu können.

Inhalt

Kostenpflichtiger Artikel

Das könnte Sie ebenfalls interessieren

Betreibung, Pfändung, Privatkonkurs

Gut vorsorgen: Pensionskasse, AHV und 3. Säule

Das hilft bei Kopfschmerzen und Migräne