Am 4. August stürzte eine Ju-52 der Ju-Air auf dem Flug von Locarno TI nach Dübendorf ZH oberhalb von Flims GR ab. Alle 20 Insassen kamen ums Leben. Der Vorfall ist rätselhaft: Am Absturzort herrschte bestes Wetter, die Sicht war optimal, und die beiden Piloten waren sehr erfahren. Die Maschine flog eine Linkskurve und stürzte plötzlich senkrecht ab.
Niemand kann sich bisher den Absturz erklären, weder die Betreiber des Flugzeugs noch die Experten, die den Flugunfall untersuchen. Trotzdem dürfen die zwei verbleibenden Ju-52-Maschinen bereits wieder fliegen: Das Bundesamt für Zivilluftfahrt erlaubte der Ju-Air, den Flugbetrieb am 17. August wieder aufzunehmen.
Das ist erstaunlich, weil als Absturzursache ein technischer Defekt in Frage kommt. Zudem dürfen die Maschinen mit Baujahr 1939 nur dank einer Spezialbewilligung für Passagierflüge eingesetzt werden, da sie heutige Sicherheitsbestimmungen nicht erfüllen können. Aufsichtsbehörde für die Schweizer Luftfahrt ist das Bundesamt für Zivilluftfahrt. Es hat die Aufgabe, die «Bevölkerung und Reisende wirkungsvoll zu schützen».
«Keine Anzeichen für generelles Problem»
Weshalb dürfen die Ju-52-Maschinen schon wieder abheben, bevor die Absturzursache geklärt ist? Urs Holderegger vom Bundesamt gegenüber dem K-Tipp: «Es gibt bei den Ju-Fliegern keine Anzeichen für ein generelles Problem.» Hätte die Ju-52 hingegen etwa eine Tragfläche oder einen Motor verloren, wären das Anzeichen für eine Materialermüdung, und das Bundesamt hätte die Ju-Air gegroundet. Das Vorgehen sei normal. Einen Tag vor Wiederaufnahme des Betriebs schrieb das Bundesamt, man werde die Lage neu beurteilen und allenfalls ein Flugverbot aussprechen, falls sich ein Hinweis auf ein technisches Problem ergebe.
Die verunglückte Ju-52 gehörte dem Bund, genauer gesagt der Schweizer Luftwaffe – ebenso einer der zwei noch verbleibenden Flieger. Laut Armeesprecher Daniel Reist überliess die Luftwaffe die Flugzeuge 1982 dem «Verein der Freunde der Schweizerischen Luftwaffe». Die andere noch in Betrieb befindliche Ju-52 habe das Militär dem Verein geschenkt. Das Bundesamt erachtet es nicht als problematisch, dass eine Bundesbehörde über den Flugbetrieb von Maschinen des Bundes befindet. «Massgebend ist, wer die Flugzeuge betreibt und die Verantwortung trägt», sagt Holderegger. Laut dem Vertrag verwendet die Ju-Air die Flieger «für zivilen Flugbetrieb unter eigenem Namen und eigener Verantwortung».
Einen Tag vor Wiederaufnahme des Flugbetriebs stellte das Bundesamt doch noch strengere Regeln auf: Die Ju-Air muss nun eine Minimalhöhe einhalten. Es muss ein GPS-Datenaufzeichnungsgerät an Bord haben, damit das Bundesamt die Vorgaben kontrollieren kann. Und die Passagiere müssen neu angegurtet bleiben. Alle diese Massnahmen haben eines gemeinsam: Sie haben wohl nichts mit der Absturzursache zu tun.
Ju-Air zahlt Geld zurück
Passagiere, die vor dem Absturz ein Ticket für einen Flug mit Ju-Air kauften und nicht mehr mit dem Oldtimer abheben wollen, erhalten laut Ju-Air ihr Geld zurück. Das gilt auch für Leute, die einen Geschenkgutschein für einen Flug haben. Dazu die Ju-Air: «Wir haben Verständnis, wenn die Passagiere nun verunsichert sind, und erstatten das Geld daher aus Kulanz zurück.»