Ein Kindervelo für den Strassenverkehr muss besser ausgerüstet sein als eines fürs Trottoir: Beleuchtung, Vorder- und Hinterradbremse, Gangschaltung, Schutzbleche und Gepäckträger gehören dazu. Zudem sollte das Velo robust und nicht zu schwer sein – und nicht allzu teuer.
Der K-Tipp schickte zehn der meistverkauften 20-Zoll-Kindervelos ins Fachlabor. Alle Bikes sind für den Strassenverkehr ausgerüstet und eignen sich für Kinder von sechs bis neun Jahren. Die Preise: 249 bis 619 Franken.
Resultat: Alle Modelle sind solide gebaut und erfüllen die geltenden Normen. Der Dauertest auf dem Prüfstand hinterliess jedoch sichtbare Schäden – von losen Schrauben über zerschlissene Gummigriffabdeckungen und gebrochene Halterungen bis zu einem kaputten Gepäckträger. Die festgestellten Schäden sind immerhin grösstenteils reparierbar. Insgesamt schnitten drei der zehn Bikes «gut» ab.
Bei den Spitzenreitern Mustang «Trailchecker» und Puky «Crusader Alu light» verhinderten eine anfällige Lackierung und der Abzug für einen scharfkantigen Kettenschutz eine bessere Note. Angesichts des stolzen Preises von 559 Franken darf der Käufer aber eine perfekte Verarbeitung erwarten.
Notenabzug für scharfkantige Teile
Bis auf das Mustang-Velo weisen alle Modelle potenziell gefährliche Mängel bei den Details auf. Beim Simpel-Velo «Nunu 20» und beim «Speedy X20» von Tour de Suisse weist zum Beispiel das Schutzblech vorne scharfe Kanten auf. Bei Letzterem bemängelten die Experten zudem scharfkantig abgeschnittene Kabelbinder. Fünf der zehn getesteten Velos erhielten deswegen einen Notenabzug. Denn Kinder können leicht mit den Kleidern hängenbleiben. Oder es setzt Kratzer auf der Haut ab. Der K-Tipp war streng und hat für jede scharfkantige Stelle eine halbe Note abgezogen – denn an Kindervelos haben gefährliche Teile nichts zu suchen, auch wenn es sich um Details handelt.
Bei sechs Velos war der verwendetete Gummi an den Griffen schon zerschlissen, bevor das Velo im Umkipptest zehnmal auf jede Seite umgekippt worden war. Gibts an den seitlichen Abdeckungen der Griffe Risse, so sammelt sich im Lenker Dreck an.
Einen Abzug von einer halben Note gab es auch, wenn das Gesamtgewicht des Velos über dem Durchschnitt aller Testvelos von 13 Kilogramm lag. Bei Kindern ab sechs Jahren macht sich wegen der noch fehlenden Muskelmasse jedes zusätzliche Kilo bemerkbar. Das «Starlite» von California (Jumbo) ist mit 14,8 Kilo am schwersten. Es weist somit mehr Gewicht auf als viele Bikes für Erwachsene. Die teuren vier Modelle von Puky, Simpel, Mustang und Tour de Suisse wiegen jeweils nur um die 12 Kilogramm.
Note «ungenügend» für zwei Kindervelos
Beim Jumbo-Velo platzte der Lack schnell ab. Zudem nutzten sich im Dauertest die Reifen rascher ab als bei anderen Modellen. Auch brach die Frontlichthalterung. Das gab unter dem Strich eine ungenügende Note. Beim Interbike-Velo «Browser» von Toys’R’Us ergaben die Schwächen in der Summe ebenfalls die Note «ungenügend»: ein gebrochener Gepäckträger im Dauertest, scharfkantige Kabelbinder und die schwächsten Bremsen aller getesteten Velos führten zu diesem Ergebnis.
Laut Jumbo ist man sich bewusst, dass das «Starlite» mit fast 15 Kilo «eher im oberen Bereich» liegt. Das Gewicht spiegle aber die hohe Qualität der technischen Komponenten, etwa der Federgabel vorne. Jumbo will ab der nächsten Produktion zusätzliche Kontrollen einführen, um gefährliche Stellen am Velo zu verhindern. Toys’R’Us schreibt, man nehme die Testergebnisse ernst und wolle die Kindervelos verbessern. Laut Coop wird das bemängelte scharfkantige Schutzblech des «Fun Cat»-Velos von Leopard seit neun Jahren eingesetzt. Es habe bisher keine Beanstandungen gegeben. Bei SportXX ärgert man sich über die scharfkantigen Kabelbinder, die ein gutes Gesamtergebnis verhinderten: «Scharfe, abgeknipste Kabelbinder sind auch uns ein Dorn im Auge. Wir halten unsere Lieferanten immer wieder an, die Kanten nach innen zu drehen.»
Kaum Kritik gab es bei den Bremsen: Die Bremshebel aller Velos sind kindergerecht verstellbar. Die Bremskraft ist stets ausreichend. Dennoch gibts Unterschiede. Das «Speedy X20» verfügt über die stärksten Bremsen, selbst bei wenig Krafteinsatz. Beim «Brow-ser» sind die Bremsen fast viermal schwächer als beim Velo von Tour de Suisse. Immerhin: Das «Browser»-Velo verfügt auch über eine wirksame Rücktrittbremse.
So wurde getestet
Das spezialisierte Labor Velotech.de in Schweinfurt (D) prüfte nach den geltenden europäischen Normen. Vor Testbeginn wurden alle Kindervelos von Mechanikern kontrolliert. Testkriterien:
- Gefährliche Stellen: Experten prüften hervorstehende Kanten bei allen Veloteilen, die mit Händen oder Beinen in Berührung kommen können.
- Robustheit: Die Kindervelos wurden auf einem Rollenprüfstand eingespannt und mit Gewichten an verschiedenen Stellen so belastet, als ob ein 30 kg schweres Kind im Sattel sässe. Anschliessend simulierte man bei Geschwindigkeiten von 8 bis 15 km/h eine mehrjährige starke Benutzung. Beim Belastungstest wurde jedes Velo 500 000 Stössen ausgesetzt. Dann brachten die Experten jedes Velo aus dem Stand je zehnmal nach links und rechts zum Umkippen. Für jeden irreparablen Schaden gab es 1 Note Abzug, für jeden reparierbaren Schaden 0,5. Lacktest: Anhand von Gitterschnitten auf dem Lack konnte man sehen, welche Schutzschicht am stärksten abplatzt.
- Bremsen: Mit unterschiedlichem Kraftaufwand wurden auf einem Prüfstand Bremshebel und Rücktrittbremsen betätigt. So wurde ermittelt, für wie viel Gewicht die Bremsen geeignet sind. Die Prüfgeschwindigkeit betrug konstant 12,5 km/h. Gemessen wurde auf trockener und nasser Fahrbahn.
Tipps: Velokauf - Auf die Details achten!
Für ein Kindervelo gilt grundsätzlich: Je leichter, desto besser. Darauf sollten Eltern beim Kauf achten:
- Rahmen: Tiefe Einstiege sind für Mädchen und Buben ratsam, damit sie beim plötzlichen Bremsen oder bei Gefahr schnell und einfach vom Sattel steigen können.
- Gangschaltung: Drei Gänge genügen völlig, auch wenn der Händler etwas anderes erzählt. Mehr Gänge lohnen sich höchstens, wenn häufig hügelige Strecken befahren werden.
- Lenker: Schwenkt man den Lenker um 90 Grad, sollte der Abstand zwischen Griff und Sattel 5 bis 10 cm betragen. Griffe mit dickem Prallschutz an den Enden sind zwar nicht Vorschrift, aber empfehlenswert.
- Einstellungen: Sattel nicht zu hoch einstellen. Kinder sollten mit beiden Füssen bequem den Boden erreichen. Den Lenker stellt man höher ein als den Sattel. So ist eine fast aufrechte und entspannte Sitzposition möglich. Kinder haben so eine bessere Übersicht, manövrieren sicherer und ermüden weniger.
- Licht: Ein seitlich montierter Dynamo ist leicht und günstig, läuft bei Nässe aber weniger zuverlässig als ein Nabendynamo und ist schneller defekt. Nabendynamos sind leichter und einfacher einzuschalten. Aus Sicherheitsgründen sollte das Licht auch im Stillstand leuchten.