Das Resultat ist alarmierend: Ein Labortest der Zeitschrift «Gesundheitstipp» hat in 20 von 40 Urinproben das Pestizid Glyphosat nachgewiesen. Für die Stichprobe wurden Frauen und Männer aus Schweizer Städten, Agglomerationen und ländlichen Gebieten rekrutiert.
Seit Jahren warnen Fachleute, Glyphosat könne bei Kindern Missbildungen, bei Erwachsenen Krebs und Fehlgeburten auslösen. Vor kurzem hat auch die Weltgesundheitsorganisation WHO Glyphosat als «wahrscheinlich krebserregend» eingestuft. Bereits vor zwei Jahren untersuchte eine Studie europäischer Umweltorganisationen auch zwölf Urinproben aus der Schweiz. Damals fand das Labor das Gift nur in jeder sechsten Probe.
Wie kann man mit Glyphosat in Berührung kommen? Zum Beispiel im Privatgarten: Das Pestizid steckt in vielen Unkrautvertilgern (siehe unten). Zudem wird es weltweit beim Anbau von Nahrungsmitteln eingesetzt. In Lateinamerika wird es teils mit Flugzeugen grossflächig auf Felder mit Mais, Raps oder genmanipuliertem Soja gesprüht. Dies belastet einerseits die lokale Bevölkerung, andererseits die Getreide. In EU-Grossmastbetrieben wird zudem oft genmanipuliertes Soja verfüttert. Deshalb kann Glyphosat auch im Fleisch vorkommen.
Punkto Giften sind auch Schweizer Bauern nicht zimperlich: Im Vergleich zu den Berufskollegen in Deutschland und Österreich setzen sie doppelt so viel Pestizide ein («Saldo» 17/2011). Laut dem Bundesamt für Landwirtschaft wurden 2013 in der Schweiz rund 300 Tonnen Glyphosat verkauft – insgesamt über 2000 Tonnen Pflanzenschutzmittel.
Unkraut wächst trotz Gifteinsatz
Für die Agrochemiekonzerne ist das Geschäft eine Goldgrube: Die Schweizer Firma Syngenta ist weltweit die grösste Herstellerin von Pflanzenschutzmitteln. Sie machte 2014 mit Pestiziden einen Umsatz von 11,4 Milliarden Dollar. Nun will sich US-Konkurrent Monsanto Syngenta unter den Nagel reissen – und bietet dafür satte 45 Milliarden Dollar.
Mittlerweile gibt es Zweifel an der Wirksamkeit von Glyphosat. Agroscope, das landwirtschaftliche Forschungsinstitut des Bundes, bestätigte letztes Jahr erstmals in der Schweiz eine Resistenz gegen Glyphosat. Das heisst: Das Unkraut wächst trotz Gifteinsatz. Die resistenten Pflanzen wachsen in einem Waadtländer Rebberg, der während rund 15 Jahren mit dem Monsanto-Produkt «Roundup» behandelt wurde. «Es ist davon auszugehen, dass sich Resistenzen auf Nachbarschaftsflächen ergeben», sagt Frédéric Tschuy von Agroscope dem K-Tipp. Die ersten Fälle in Europa gab es in Obstplantagen und Weinbergen der Mittelmeerländer. Aus Spanien wurde bereits 2006 eine Resistenz gemeldet.
Gesundheitsgefährdend und gleichzeitig unwirksam: Der Druck auf Hersteller und Bauern, Glyphosat nicht mehr zu verkaufen und anzuwenden, wächst. «Die Behörden müssen Spritzmitteln mit Glyphosat vorsorglich die Zulassung entziehen», fordert Marcel Liner von der Umweltorganisation Pro Natura. Auch Martin Forter vom Verein Ärztinnen und Ärzte für Umweltschutz will, dass das Gift «schnell und ohne Wenn und Aber» vom Markt genommen wird. Unterstützung erhalten die Fachleute von der Grünen Partei. Diese verlangt mit mehreren Vorstössen im Nationalrat den sofortigen Verkaufsstopp und umfassende Abklärungen zu den Langzeitrisiken für Mensch und Tier.
So reduzieren Sie die Giftbelastung
Glyphosat dürfte weltweit das am meisten eingesetzte Unkrautgift sein. Der geschätzte jährliche Verbrauch: 1 Million Tonnen. Glyphosat ist in Breitbandherbiziden enthalten. Es steckt auch in vielen Unkrautvertilgern für den Privatgebrauch – z. B. in «Roundup». Die Migros hat bei der Eigenmarke Mioplant den Stoff ersetzt: «Wir haben nun noch zwei Mittel mit Glyphosat, die bis Ende Jahr ersetzt werden», so Sprecherin Martina Bosshard. Bei Coop prüft man Massnahmen und verfolgt «das Thema Glyphosat sehr eng».
Tipps, wie man die Belastung reduzieren kann:
- Möglichst Bio-Lebensmittel essen.
- Linsen aus Kanada und den USA meiden.
- Im Garten auf Unkrautvertilger verzichten.
- Tipps für giftfreies Gärtnern: Giftzwerg.ch