Das vom K-Tipp beauftragte Labor fand in allen Produkten aus konventionell angebautem Schweizer Getreide Spuren von Wachstumsregulatoren, Schimmelpilzgiften, Schwermetallen oder Pestiziden. Dies, obwohl Weissmehl und Halbweissmehl fast ausschliesslich aus dem innersten Teil des Getreides bestehen. In der Getreideproduktion wird die Schale vor dem Mahlen entfernt. In der Schale sind die meisten Schadstoffe gespeichert, aber auch Vitamine, Ballast- und Mineralstoffe.
Bio-Mehl ohne Spuren von Spritzmitteln
Der K-Tipp wollte wissen, wie viele Chemikalien aus der Landwirtschaft im fertigen Mehl landen. Das Labor untersuchte 16 Produkte auf mehrere Hundert kritische Stoffe. Ergebnis: Die untersuchten Produkte waren bezüglich Schadstoffgehalt nicht unmittelbar gesundheitsgefährdend. Die gesetzlichen Grenzwerte werden bei allen Produkten klar unterschritten. Aber: Nur in den zwei untersuchten Bio-Mehlen von Coop und Migros konnte das Labor überhaupt keine landwirtschaftlichen Spritzmittel-Rückstände nachweisen. Im Bio-Mehl der Migros war auch das Schwermetall Cadmium nicht zu finden. Das Labor stellte lediglich kleinste Spuren von Blei fest.
Alle anderen Produkte enthielten Blei und Cadmium. In den Boden gelangen die zwei giftigen Metalle über Abgase und Düngemittel wie Klärschlamm. In der Erde reichern sich die Schwermetalle an oder sickern in tiefere Schichten – bis ins Grundwasser. Schon Spuren von Schwermetallen und Spritzmittel-Rückständen sind nicht unproblematisch. Deshalb gab es bei der Benotung Abzüge. Bei häufig konsumierten Lebensmitteln wie Mehl ist unklar, wie sich die anhaltende Belastung durch die verschiedenen Schadstoffe letztlich auf die Gesundheit auswirkt.
Fast alle Produkte mit Wachstumsreglern
Dass Schweizer Landwirte mehr Spritzmittel einsetzen als ihre Kollegen im Ausland, ist seit langem bekannt («Saldo» 17/2011). Der flächendeckende Einsatz von Chemie ist auch im Weissmehl nachweisbar: Der Wachstumsregulator Chlormequat fand sich in 13 Mehlen aus konventionell angebautem Weizen. Dieser Stoff sorgt für kürzere und dickere Getreide-Halme. So wird der Weizen widerstandsfähiger gegen Wind und Regen. Zudem verstärkt die Chemikalie die Wirkung anderer Spritzmittel.
Chlormequat wirkt in Tierversuchen nervenschädigend. Es besteht auch der Verdacht, dass der Stoff die Fruchtbarkeit von Tieren beeinträchtigt. Die Wirkung auf den Menschen ist wissenschaftlich kaum dokumentiert. Problematisch könnte auch die Wechselwirkung mit anderen Pestizid-Rückständen sein.
Glyphosat in Globus-Mehl
Bei den in acht Mehlen festgestellten Pestizid-Rückständen handelt es sich unter anderem um Piperonylbutoxid. Dieser Stoff dient als Wirkungsverstärker und wird deshalb anderen Insektenvernichtungsmitteln beigemischt. In Tierversuchen hat sich gezeigt, dass diese Chemikalie Leber und Nieren schädigen kann.
Das Labor wies ausserdem in vier Fällen Pirimiphos-methyl nach – ein Insektenschutzmittel für eingelagertes Saatgut. Diese Chemikalie schädigt auch Wasserlebewesen. Das Weissmehl «Gusto» von Globus enthielt zudem Glyphosat. Die Weltgesundheitsorganisation WHO stufte dieses Unkrautvernichtungsmittel als wahrscheinlich krebserregend ein.
Bio-Weizen wird mehrheitlich importiert
Die meisten Hersteller äussern sich nicht zu den Testergebnissen. Coop, Lidl und Spar weisen darauf hin, dass die gemessenen Rückstandsmengen alle unterhalb der gesetzlichen Toleranz- und Grenzwerte lägen.
Der K-Tipp-Test zeigt: Die Schweizer Bauern tun sich mit der Umstellung auf die Bio-Landwirtschaft immer noch schwer. Die zwei Bio-Mehle im Test von Coop und Migros wurden grösstenteils mit Weizen aus der EU und aus Kanada hergestellt, wie ein Blick auf die Verpackung zeigt.
Und dabei ist die Nachfrage nach Bio-Weizen in der Schweiz gross. Zurzeit stammt nur rund ein Drittel des landesweit verkauften Bio-Weizens aus der Schweiz. Das meiste importierte Bio-Getreide stammt laut dem Verband Biosuisse aus Österreich und Ungarn.
Tipps rund ums Mehl
Mehl ist nicht gleich Mehl: Je nach Getreidebestandteilen, aus denen das Mehl gemahlen wird, ist es heller oder dunkler. Auch im Mahlgrad unterscheiden sich die Produkte.
Weissmehl: Es besteht nur aus dem innersten Teil des Weizenkorns, dem Mehlkörper. Dieser enthält hauptsächlich Stärke und etwa 10 Prozent Eiweiss. l Halbweissmehl: Es enthält einen kleinen Teil der Randschicht.
Ruchmehl: Darin ist deutlich mehr Schale des Getreides vermahlen.
Vollkornmehl: Hier ist ein Grossteil des ganzen Korns enthalten.
Die wichtigsten Tipps im Umgang mit Mehl:
Richtig lagern: Wird helles Mehl gut verschlossen kühl, trocken und dunkel aufbewahrt, ist es viele Monate über das Mindesthaltbarkeitsdatum hinaus haltbar. Dunkles Mehl wird schneller ranzig, da es mehr Fett enthält. Grundsätzlich sollte man Mehl nicht in der Nähe von Kaffee und Gewürzen lagern, da es Fremdgerüche annehmen kann. Mit zunehmendem Alter nehmen die Backeigenschaften aller Mehle ab.
Ohne Gluten: Wer unter einer Unverträglichkeit des Klebereiweisses Gluten leidet, kann etwa auf Buchweizen-Mehl zurückgreifen. Dieses hat aber einen deutlichen Eigengeschmack. Alternativen sind Mais- oder Reismehl.
Mehr Vitamine: Vollkornmehl enthält am meisten gesunde Ballaststoffe, Vitamine und Mineralien. Je höher der Anteil des ganzen Korns, desto grösser der Anteil an wertvollen Stoffen. Dies gilt aber uneingeschränkt nur für Bio-Mehle. Bei anderen Vollkornmehlen kann auch der Schadstoffanteil grösser sein als im Weissmehl.