Mit Diabetesmitteln hat Marlis Derungs ihre Erfahrungen gemacht: Bei den einen wurde es ihr schlecht, andere verursachten Durchfall und mit den dritten brachte sie ihren Blutzucker nicht ins Lot.
Die Diagnose Diabetes Typ 2 bekam die 65-Jährige aus Chur GR vor rund 25 Jahren. Der Arzt verschrieb ihr zuerst Diamicron und Glucophage. «Damit ging es ein paar Jahre lang gut», erinnert sie sich. Doch dann wechselte sie auf Generika. «Wegen einem davon sah ich plötzlich Doppelbilder.» Ein anderes nützte zu wenig. Erst als Marlis Derungs von den Tabletten auf Insulinspritzen wechselte, bekam sie den Zucker ohne Probleme unter Kontrolle.
Die meisten Patienten mit Diabetes Typ 2 bekommen Pillen verschrieben. Heute gibt es ein ganzes Arsenal an Medikamenten, die den Blutzucker senken sollen (siehe Tabelle). Rund zwanzig verschiedene Wirkstoffe sind in der Schweiz zugelassen. Zwei Medikamente sind jetzt hinzugekommen: Forxiga und Jardiance. Sie gehören zu einer neuen Gruppe von Diabetespillen, den sogenannten Gliflozinen, die das Ausscheiden von Zucker über Nieren und Urin fördern.
Doch Fachleute raten von diesen teuren Pillen ab. Das deutsche Fachblatt «Arznei-Telegramm» kam kürzlich zum Schluss, dass ein zusätzlicher Nutzen im Vergleich zu den bewährten Mitteln nicht zu erkennen sei. Auch Etzel Gysling, Arzt und Herausgeber der Fachzeitschrift «Pharma-Kritik», hält die Wirksamkeit der neuen Medikamente für «bescheiden». Zwar würden sie den Blutzuckerwert besser senken als Placebo-Pillen ohne Wirkstoff. Wirksamer als andere Diabetesmittel sind sie aber nicht. Besonders wichtig wäre, dass Jardiance und Forxiga auch vor den langfristigen Folgen von Diabetes schützen – zum Beispiel vor Herzinfarkt, Krankheiten der Blutgefässe oder Augenschäden. Doch dafür gibt es keinerlei Nachweis.
Patienten müssen zudem mit unangenehmen Nebenwirkungen rechnen. Dazu gehören Pilzkrankheiten im Intimbereich, Blasenentzündungen und Schwindel. Längerfristig könnten die Medikamente sogar noch schlimmere Folgen haben: In Studien erlitten die Patienten häufiger Knochenbrüche und erkrankten an Tumoren. Arzt Etzel Gysling: «Es ist noch nicht genügend geklärt, ob Patienten die Medikamente langfristig gut vertragen.»
Das beste Medikament bei Diabetes ist für die meisten Patienten immer noch Metformin. Die Fachleute der deutschen Zeitschrift «Gute Pillen – schlechte Pillen» bezeichneten es kürzlich als «gute alte Pille». Denn Metformin ist gut erprobt und hat grosse Vorteile: Es macht nicht dick und löst selten Unterzucker aus. Zudem ist ein-deutig nachgewiesen, dass der Wirkstoff nicht nur den Blutzuckerwert, sondern auch das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall senkt. «Für kein einziges der neueren Diabetesmedikamente konnte man dies bisher zeigen», so die Autoren.
Betroffene sollten nicht nur Pillen schlucken, sondern auch einen gesunden Lebensstil pflegen. Dazu gehören Bewegung, Übergewicht verringern und gesundes Essen (siehe Kasten «Tipps»). Auch Patientin Marlis Derungs achtet darauf, dass viel Gesundes auf den Teller kommt: «Ich esse sehr viel Gemüse und Salat sowie wenig Fleisch.» Bei den Beilagen und Süssigkeiten hält sie sich hingegen zurück. In den Kaffee gibt es Süssstoff statt Zucker, auch allzu viel Fettiges meidet sie. «So kann ich mein Gewicht zumindest halten», sagt Marlis Derungs.
Die Hersteller der neuen Diabetesmedikamente verweisen darauf, dass die Mittel nicht nur den Blutzucker, sondern auch das Körpergewicht, den Blutdruck oder bestimmte Blutfette senken könnten. Zudem würden sie keinen Unterzucker auslösen. Zwar würden vermehrt Infekte auftreten, sie seien aber meist gut behandelbar und nicht schwer. Laut Herstellerin Boehringer Ingelheim ist die Wirksamkeit von Jardiance an über 15 000 Patienten gezeigt worden. Hinweise auf Tumoren habe es nicht gegeben. Astra Zeneca verweist auf Studien, welche die Wirksamkeit und Verträglichkeit von Forxiga belegt hätten. Gliflozine wie Forxiga würden auch in internationalen Richtlinien zur Therapie von Diabetes empfohlen.
Tipps: Das hilft bei Diabetes Typ 2:
- Nehmen Sie ab.
- Bewegen Sie sich täglich 30 Minuten so, dass Sie leicht ins Schwitzen kommen.
- Essen Sie viel Salat, Gemüse und Früchte sowie täglich ein paar Nüsse.
- Essen Sie einmal pro Woche Fisch.
- Verwenden Sie Vollkornprodukte wie Vollreis und Müesli.
- Seien Sie sparsam mit Fett, Fleisch und Zucker.
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