Am 19. März 2018 ist es so weit. Melchnau BE verliert seine Poststelle. Gemeindepräsident Ulrich Jäggi und Gemeindeschreiber Martin Heiniger ziehen nüchtern Bilanz: «Der Gemeinderat ist enttäuscht, dass die Poststelle Melchnau nun geschlossen und durch eine Postagentur ersetzt werden soll.»
Von den Plänen der Post erfuhr der Melchnauer Gemeinderat schon vergangenes Jahr. Für ihn war klar: Die Poststelle muss bleiben. Sie sei nicht nur für Gewerbe und Bevölkerung sehr wichtig, sondern auch für die umliegenden, bereits «poststellenlosen» Gemeinden Busswil, Reisiswil, Obersteckholz (alle BE), Altbüron und Grossdietwil (beide LU).
Die angekündigte Agenturlösung im lokalen Volg-Laden überzeugte den Gemeinderat nicht. Man müsse mit Leistungsabbau rechnen. Eine Stichprobe des K-Tipp zeigt, dass Angebot und Service in Postagenturen tatsächlich mager sind (K-Tipp 18/2017).
Melchnau und die Post fanden in Gesprächen keine einvernehmliche Lösung. Darum gelangte der Gemeinderat mit Unterstützung des K-Tipp an die Aufsichtsbehörde Postcom und forderte sie auf, die Aufhebung der Poststelle zu verhindern. Mit dem gleichen Ziel übergab er der Post eine Petition mit 881 Unterschriften. Ohne Erfolg. Das Unternehmen habe nur ihren Eingang bestätigt, sagt Martin Heiniger.
Auch bei der Postcom hatte Melchnau keinen Erfolg. Die Behörde segnete die Pläne der Post vor kurzem ab. Und sprach zwei Empfehlungen aus: Zum einen solle die Post nahe der Agentur eine Postfachanlage mit Zustellgarantie bis neun Uhr erstellen – und mit Gewerbetreibenden, die auf eine frühere Zustellung angewiesen seien, «angemessene Lösungen» suchen.
Zum anderen seien die Wartezeiten auf der künftig nächstgelegenen Poststelle Langenthal 1 «im Auge zu behalten und gegebenenfalls Massnahmen zu treffen». Die Post sagt gegenüber dem K-Tipp, sie werde sich an die Empfehlungen halten.
Oft grünes Licht für Post-Pläne
Melchnau ist kein Einzelfall. Seit ihrer Gründung vor fünf Jahren behandelte die Postcom total 62 Vorstösse von Gemeinden, die sich gegen die Schliessung ihrer Poststellen wehrten. In 50 Fällen stimmte sie den Plänen der Post zu, davon 20 Mal mit gewissen Auflagen. 7 Mal musste der gelbe Riese wegen Verfahrensmängeln nochmals über die Bücher. Nur in fünf Fällen sprach sich die Postcom dafür aus, von der geplanten Schliessung zumindest vorläufig abzusehen.
Aus Sicht der Gemeinden ist die Postcom also ein eher zahnloser Tiger. Sprecher Andreas Herren relativiert: Dank ihren Juristen kenne die Post das geltende Recht und sei bestrebt, dieses einzuhalten. «Insofern erstaunt es nicht, dass die Beurteilung der Post in den meisten Fällen nach den geltenden rechtlichen Vorgaben nicht zu beanstanden ist.»
Das macht die Aufsichtsbehörde Postcom
Die Postcom besteht aus sieben vom Bundesrat gewählten Mitgliedern. Sie soll unter anderem dafür sorgen, dass die postalische «Grundversorgung in hoher Qualität» erfolgt.
Gesetz und Verordnung schreiben der Postcom exakt vor, was sie bei der geplanten Schliessung einer Poststelle zu überprüfen hat. Das sind drei Punkte:
- ob die Post mit der Gemeinde eine einvernehmliche Lösung suchte
- ob die gesetzlichen Erreichbarkeitsvorgaben für Poststellen oder Agenturen eingehalten werden
- ob die Post beim Schliessungsentscheid die «regionalen Gegebenheiten» berücksichtigte.
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