Pro Jahr sterben in der Schweiz 2000 bis 3000 Menschen wegen medizinischer Fehler. Zum Vergleich: Diese Zahl ist doppelt so hoch wie jene der Verkehrsopfer, Aids- und Grippetodesfälle zusammen. Dies geht aus Zahlen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) hervor.
Im Durchschnitt erleidet jeder zehnte Spitalpatient einen «schädigenden medizinischen Zwischenfall». Rund die Hälfte dieser Fälle wären vermeidbar, schreibt das Bundesamt im letztjährigen Bericht zur Qualitätsverbesserung der Gesundheitsversorgung. Das heisst: Auch mindestens 1000 Todesfälle nach medizinischen Behandlungsfehlern wären vermeidbar.
Das Problem ist so gross, dass BAG-Vizedirektor Oliver Peters im Dezember im «Tages-Anzeiger» zu einem drastischen Vergleich griff: «In einem Verpackungszentrum des Fleischfabrikanten Bell ist die Durchsetzung von Hygienemassnahmen rigoroser als in den Operationszentren der Schweizer Universitätsspitäler.»
Abhilfe schaffen Daten über die Qualität der Behandlung. Im Dezember 2014 veröffentlichte der Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern und Kliniken (ANQ) erstmals die Daten von 118 Spitälern. Via Internet können nun Interessierte erfahren, welches Spital welche Infektionsrate nach Operationen aufweist. Basis sind die Daten von 39 153 Patienten zwischen Oktober 2010 und September 2012 (www.anq.ch/messergebnisse/ergebnisse-akutsomatik/WundinfektmessungSwissnoso/2012). Im Juni werden die Daten des Jahres 2013 aufgeschaltet.
Das Bundesamt bezeichnet den Vergleich der Wundinfektionsraten pro Eingriff als «wertvolle Informationen», die Patienten bei der Spitalwahl berücksichtigen sollten. Spitalinfektionen beruhen laut BAG hauptsächlich auf Qualitätsproblemen. Infekte entstehen etwa durch inkonsequentes Befolgen von Handhygiene-richtlinien, durch fehlende oder verspätete Antibiotikaprophylaxe oder durch falschen Antibiotikaeinsatz.
Ausgewertet wurden unter anderem Infektionsraten nach Dickdarmoperationen und Erstimplantationen von Hüftgelenksprothesen. Ebenfalls erfasst wurden die Infektionsraten nach Kaiserschnitten, Gallenblasenentfernungen, Leistenbrüchen und Erstimplantationen von Kniegelenksprothesen.
Bei der Konsultation der ANQ-Plattform gilt es Folgendes zu beachten: Die Datenbank enthält erst 118 von insgesamt 172 Akutspitälern. Dickdarmoperationen zum Beispiel führen 106 Spitäler durch, in der Datenbank sind nur 95 Spitäler. Bei Erstimplantationen von Hüftprothesen lieferten nur 75 von 162 Spitalstandorten Daten. Die Spitäler dürfen selbst auswählen, bei welchen drei Eingriffen sie die Wundinfektionen messen. ANQ rechtfertigt dies mit Kostengründen.
Tipps für die Spitalwahl
- Informieren Sie sich beim Hausarzt über die bestmögliche Spitalwahl. Holen Sie bei Unsicherheit eine Zweitmeinung ein.
- Fragen Sie den behandelnden Arzt nach seinen Erfahrungen: Wie viele der entsprechenden Eingriffe macht er pro Jahr? Kann er dazu eine Statistik zeigen? «Solche Fragen haben nichts mit fehlendem Vertrauen zu tun», sagt Margrit Leuthold, Geschäftsführerin Patientensicherheit Schweiz. Denn führt ein Spital einen Eingriff nur selten durch, ist die Behandlungsqualität aufgrund der fehlenden Übung tendenziell geringer. Das zeigen auch Daten des Bundesamts für Gesundheit: Je weniger Operationen in einem Spital durchgeführt werden, desto höher ist die Sterberate der Patienten.
Forum
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